Bad Weißenstadt. Noch ist es nicht so weit, noch lange
nicht. Das ist das Ziel. Der Wunschtraum. Im Moment braucht man ganz viel
Vorstellungsvermögen, dass hier ein Heilbad entstehen soll. Gut, ein Kurzentrum
hat es schon. Mal sehen, was es noch weiter zu bieten hat. Die „aufstrebende
Kurmacht“ Weißenstadt.
Marktplatz mit heimatlichen Flair |
Stadt mit dörflichem Charme
Die Stadt liegt zwischen dem Waldsteingebirge und dem
Fichtelgebirge im Tal der Eger, immerhin
630m ü. N.N., vielleicht passt die Bezeichnung Hochebene besser. Ist auch nicht
vordergründig. Die landschaftliche Kulisse verdient keine Minuspunkte. Der Schneekopf
mit seinen 1051 Metern ragt aus dem Bergmassiv des Fichtelgebirges heraus und
somit über der Kleinstadt. Sein Nachbar, der Ochsenkopf, steht ihm in Nichts
nach. So idyllisch wie die Umgehung, so der Ort. Trotz der
3200 Einwohner hat er sich sein dörfliches Flair erhalten. Stellvertretend
dafür: der Marktplatz mit seinem Ensemble. Die Stadtpfarrkirche sticht da
natürlich mit ihrer Größe hervor. Links nebenan das kleine Rathaus mit seiner
rötlichen Außenfarbe. Nimmt man auf den ersten Blick gar nicht wahr. Der Ton
macht eben die Musik. In diesem Fall der Farbton. Sonst sind die Häuser
ziemlich unspektakulär, verleihen einen verschlafenen, möglicherweise einen in
der Zeit stehengebliebenen Eindruck. Das holprige Kopfsteinplaster auf Straße
und Bürgersteig fügt sich nahtlos ein. Da ist noch der Brunnen, im Zentrum des
Platzes. Normal nicht der Rede wert. Ein Brunnen mit kleinem Wasserspiel. Nur,
es ist Osterzeit. Wie es das Brauchtum will, werden sie reich und farbenfroh
verziert und geschmückt. Nennt man Osterbrunnen.
Ein Hingucker. Sonst ist hier immer
Verkehr. Verkehr an Autos, die über das Kopfsteinpflaster brettern. Quer über
den Marktplatz. Parken kann man hier ausreichend, man wird immer ein Plätzchen
für sein “Herzallerliebst“ finden. Das stört, dieser Straßenverkehr. Trübt die Idylle. Menschen
tummeln sich, kommen vom oder wollen zum See, der nur 200 Schritte entfernt
ist. Liegt auch direkt am Markt gelegenen Eiscafe. Bei sonnigen
Frühlingstemperaturen von 16 Grad ist der Appetit auf Eis natürlich groß. Daher
der Verkehr an Menschen. Wenig moderne Gebäude sind im Ortskern zusehen, wenig
Prunkvolles. Das würde auch nicht in die Stadt passen. Allein von seiner
Geschichte aus betrachtet schon. Man lebte von der Natur, genauer gesagt vom
Gestein. Der Zinnebergbau im 14. Jahrhundert macht die Stadt über weite Grenzen
berühmt, der ab dem 16. Jahrhundert von der Förderung der Bergkristalle
abgelöst wurde, welche zum Beispiel in der Bayreuther Eremitage verwendet
wurde. Der Abbau von Gestein hat heutzutage noch eine gehörige Gewichtung im
Industriewesen der Stadt und setzt damit die Tradition fort. Die Granitwerke
sind nicht zu übersehen.
Eines Kurparks nicht würdig
Im nahegelegenen Kurpark, nur gute 100m vom Stadtzentrum
entfernt, wird diese Tradition thematisiert. Die Ruinen der Steinschleiferei
Erhard Ackermann haben die Jahrzehnte überstanden. Wer war jetzt Erhard
Ackermann?! Der schlaue Mann gilt als Erfinder des industriellen Schleifens und
Polierens von Granit. Dabei elektrifizierte er das Verfahren und sorgte
zusätzlich mit dem Bau der Gelenkarmschleifmaschinen für das entscheidende
Detail, womit der industrielle Prozess seine Durchsetzung fand. An den
Überbleibsel dieser Ruinen ist eine Art Granitpfad angelegt. Durch die vielen
Informationen über Art, Herkunft, Verwendung und Bearbeitung dieses Gesteins
kann man sogar noch etwas lernen. Sonst präsentiert sich der Park in einem
erbärmlichen Zustand. Ich würde es gar
nicht Park nennen. Vielleicht
liegts auch daran das kleine Erdarbeiten durchgeführt werden, lasse
dieses Argument aber nicht gelten. Rabatten und Beete sind nicht gepflegt,
wenige Blumen sind zu sehen. Nicht einladend, nicht ansprechend, einfach keine
Frische, außer dem Rasen, welcher noch grün ist. Auch wenn dieser Park nicht die voluminöse
Größe hat, ist auch nicht entscheidend, kann er
herausgeputzt werden. Getreu nach dem Motto: Klein, aber fein. Er wird
gar nicht als Park wahrgenommen, würde nicht eine Tafel an einer der Wände der
Ruinen darauf hinweisen. Ach, etwas Positives aus dem Kurpark habe ich noch.
Die historischen Scheunen, typisch für das Fichtelgebirge, strahlen diesen
traditionellen, heimatlichen Glanz aus dem Stadtzentrum auf. In einer dieser
Scheunen ist eine kleine Infostelle des Naturparks Fichtelgebirge eingerichtet.
Sie hat ganztägig geöffnet. Ich gehe hinein. Ein relativ kleiner Raum mit einer
kleinen Ausstellung. Thema ist die Eger. Über den Fluss und das Biotop kann man sehr
viel Interessantes erfahren. Passt damit perfekt zusammen, dass die Eger direkt
vorbeifließt. Quasi durch den Kurpark.
Die Eger führt uns zum See. Muss er eigentlich gar nicht. Die 50 Meter
sind gerade so noch ohne Navigationssystem zu bewältigen.
See, See, See- überall See
Weißenstadt lebt von seinem See. Das Highlight, wenn man so
will. Der Stausee wird von dem eben genannten kleinen Flüsschen, der Eger,
gespeist. In seiner jetzigen Form wurde er 1976 fertiggestellt. Er erfüllt
sogar mehrere Zwecke. Nicht nur die touristische Nutzung als Freizeitsee. Als
natürlicher Hochwasserrückhaltebecken, als Wasserschutzgebiet für Trinkwasser
und als Naturschutzgebiet zusätzlich. Ein wahrlich nützlicher See. Hier ist wirklich die Hölle los.
Spaziergänger, Fahrradfahrer und Inline Skater kreuzen sich ihre Wege. Fast
schon überlaufen. Kein Wunder bei dem sonnigen Wetter. Der 4km lange,
asphaltierte Rundweg bietet für jedermann ideale Bedingungen. Im südlichen
Bereich sind die sogenannten Sport- und Badezonen eingerichtet. Hier ist Action
angesagt. Nicht weil es irgendetwas Spektakuläres zu sehen gibt. Die Menschen
sind auf Trab. Es herrscht reges Treiben. Spielplätze, Beachvolley- und
Basketballplätze, sowie Liegeflächen für
Groß und Klein sind genügend vorhanden. Das Restaurant am See lädt zum
Verweilen mit “Meerblick“ ein. Auch die
die beiden anderen kulinarischen Verkaufsbuden erfüllen ihren Zweck
ausreichend. Hinsetzen kann man sich dort überall und die Sonne genießen.
Momente der Entspannung. Zeit, um einmal nichts zu denken. Jeder kennt dieses
Gefühl. Umso schwieriger ist es, sich dann wieder aufzuraffen.
Selbstverständlich versuche ich mich auf Inlinern, meine Fähigkeiten und mein
Geschick zu verbessern. Mittlerweile habe ich sie mir “rangeschnürt“. Vielleicht
schaffe ich es ja zum Eisschnellläufer auf Rollen. Nein, natürlich nicht,
kleiner Spaß am Rande. Wobei ich da schon den Ehrgeiz habe, das ordentlich zu
können. Segeln oder Surfen sehen wir noch keinen. Dafür scheint es zu früh im
Jahr zu sein. Die Boote sind noch gar
nicht startklar, nach ihrem Winterschlaf. Das Surfen kann man auf dem See
erlernen. Ob der Wind dafür gut genug ist, kann ich nicht beurteilen. Es wird
sich lohnen, wenn es extra eine Surfschule gibt. Überlegenswert. Habe es noch
nie ausprobiert.
Im nördlichen Bereich ist die Schutz- und Kurzone. Hier
werden Vogelarten und Pflanzengemeinschaften geschützt. Ein Rückzugsgebiet für
Tiere, welches für den Mensch nicht zugänglich ist. Es wird versucht, diesen
Teil in seiner Natur so zu belassen, wie es nur an einem touristisch genutzten
See möglich ist. Als Auenlandschaft im kleinsten Sinne kann man das vielleicht
bezeichnen. Pflanzen wachsen wild aus dem Wasser. Verschiedene Gräser sind
verwurzelt. Die Vögel können ungehindert zwitschern. Ein krasser Gegensatz zum
touristischen Bereich, aber ein schöner mit deutlich mehr Ruhe. Das Ufer gegenüber ist nur beim Blick durch die
Bäume, Sträucher und Gräser zu sehen ist.
Die Skatingrunde um den See geht weiter, zwischendurch wird
immer wieder angehalten. Nicht aus Erschöpfung, eher Interesse an dem
Wahrzunehmenden. Die Hälfte der Runde, gegen den Uhrzeigersinn, ist fast geschafft.
Die Steinsäulen, die in gewissen Abständen stehen, fallen immer mehr ins Auge.
Sie tragen schwarze Letter. Texte, lyrische Texte. 14 sogenannte Stellen sind
es insgesamt, mit Texten aus dem Stundenbuch des weltbekannten Eugen Gomringer.
Die Säulen sind aus verschiedenen Gesteinen aus dem nahen Fichtelgebirge
angefertigt. Anregung zum Nachdenken, zur Meditation vereint mit Bezug zur umgebenden Natur. Dieser Teil des Rundweges ist neu asphaltiert,
jetzt etwas rauer, darum etwas anstrengender. Mittlerweile sind wir im
nördlichen Kurbereich. Einen schönen Blick zur Stadt hat man von hier. Das Kurzentrum, welches eigentlich nur aus dem
Kurhotel besteht, rückt näher. Bei Therapie-
und Wellnessanwendungen jeglicher Art kann man sich im 4-Sterne-Komfort
verwöhnen lassen. Dabei spielt das Radon, das heilende Edelgas, im
Gesundheitsspektrum eine wichtige Rolle. Eine entscheidende auf dem Weg zum
Kurbad.
Große Ziele
Seit geraumer Zeit versucht der Ort sich neu zu erfinden.
Nein das ist falsch - weiterzuentwickeln. In die Liga der Kurbäder aufsteigen.
Für mich fragwürdig. Dafür sind enorme Investitionen nötig. Mit einer Million
ist es da nicht getan. Unterkünfte müssen gebaut werden, ein neuer und sehr
viel größerer als der jetzige Kurpark muss angelegt werden, eine meist teure
Thermen- und Saunalandschaft würde sicherlich entstehen. Die heutigen Anlagen
sind dafür nie und nimmer geeignet. Es gehört mehr dazu, als nur diese
wunderschöne Natur und diese freundliche Gastlichkeit. Mit Geld, ich tippe auf
Steuergeld in diesem Fall, lässt sich viel machen, alles fein herausputzen.
Aber lohnt es sich das zu investieren?! Muss man dafür bis zu 300m tief bohren,
um eine Quelle zu finden?! Der Markt ist nicht gerade unumkämpft. Im Umkreis
von 100km gibt es zig verschiedenen Kurorte. Das reicht von Bad Klosterlausnitz
in Thüringen über Bad Elster, das tschechische Bäderdreieck, das nahe Bad
Alexandersbad und Bad Berneck bis Bad Staffelstein. Das ist nur eine kleine
Auswahl. Möglicherweise täusche ich mich auch, unterschätze das Potential. Aber
mir fehlt diese Tradition, dieses Flair
eines Kurortes. Dieser Mix aus Klassisch-Traditionellem
mit einer gediegenen, ruhigen und entspannenden Atmosphäre und modernen
Therapie- und Erholungsgebäuden. Generell ist es sehr laut hier für einen Kur-
und Erholungsort. Die donnernden Autos von der angrenzenden Bundesstraße
erzeugen einen erheblichen Geräuschpegel. Dazu das belebte Menschenaufgebot.
Ich mag das, wenn Leben herrscht, kann mir aber auch vorstellen, dass sich
viele Kurgäste davon gestört fühlen. Der Weg zum Kurbad ist noch weit, einige
Steine sind aus dem Weg zu räumen. Viele
Hürden sind zu überwinden. Es wird nicht von heute auf morgen passieren. Nur
werfe ich die Frage auf, ob das alles unbedingt sein muss. Kritische Anmerkungen
dürfen ja doch erlaubt sein, ohne die positiven Dinge völlig zu untergraben.
Meistens bleibt bei vielen das Negative länger im Kopf. Das soll es nicht.
Immer eine Entdeckung wert, dieses aufstrebende Weißenstadt
in Sachen Kur und Erholung. Durch die umliegende Natur mit dem Fichtelgebirge
und dem Waldstein, die Nähe zur kulturellen Wagnerstadt Bayreuth verfügt Weißenstadt über eine sehr gute Lage zu diesen
sehenswerten Ausflugszielen. Egal ob Kurbad oder nicht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen