Sanfte Hügel, saftige Wiesen. Bad Brambach. Erholung und
Entspannung. Abgelegene Dörfer. Vulkanberge. Staatsbäder. Freundliche Menschen.
Bad Elster. Scheinbar unentdeckte Natur. Schlagwörter, die eine Region
charakterisieren. Ein deutsches Mittelgebirge. Die Wenigsten kennen es. Grund
genug, es vorzustellen.
Das Elstergebirge ist ein kleines Mittelgebirge an der
Grenze zu unserem Nachbar, der Tschechischen Republik. Der Kernteil liegt im
deutschen Land, im südöstlichen Teil des sächsischen Vogtlandes. Damit wäre die
Frage nach dem Bundesland geklärt, Sachsen natürlich. Die räumliche Zuordnung dieses entdeckungsreichen Naturraums ist leicht
definiert. Das Egerbecken im Süden, das
Westerzgebirge im Osten, die Orte Erlbach und Adorf im Norden. Sie
bilden die natürlichen Grenzen dieses Gebirges. Genug der geographischen
Einordnung. Google hilft zum Nachschauen sicherlich.
Wir beginnen unsere Entdeckungstour im südlichen Teil. Auf
der gut ausgebauten Landstraße durch das tschechische Egerbecken kann man den
Kapellenberg schon von Weiten sehen. Er thront über allem. Autos mit deutschen
Kennzeichen kommen uns entgegen. Billig einkaufen ist im Nachbarland nach wie
vor möglich. Das nutzen wir auch, zum Tanken natürlich. Im Örtchen Haslov
bietet sich dafür die ideale Möglichkeit. 10km von der Staatsgrenze entfernt
ist der Liter Benzin noch einmal um einige Cent billiger. Eine Packung
Karlsbader Obladen nehmen wir bei der Gelegenheit gleich mit, als Verpflegung
für unterwegs. Mit Haselnussgeschmack. Lecker, lecker. Schnell treffen wir auf
die Staatsgrenze. Früher ein frequentierter Grenzübergang. Durch das Schengener
Abkommen und dem EU-Betritt Tschechiens
problemlos passierbar, keine Grenzkontrollen mehr. Die verwaisten Gebäude sind
noch Zeugnis einer anderen Zeit, heute
ohne Aufgabe und warten auf ihre Bestimmung.
Ein Ort und sein Berg
Der Kapellenberg erhebt sich direkt vor uns. An seinen
unteren Hängen der kleine Ort Schönberg. Idyllisch, das Egerbecken kann man
frei überblicken. Wir können bis zum Kaiserwald schauen. Das Schloss in der
Ortsmitte, neben der Kirche, war über Jahrhunderte in Privatbesitz der
Herrschaften von Reitzenstein. 1994 wurde es durch eine aufwändige Sanierung
gerettet. Sieht man. Sehr gepflegt, sehr schmuckvoll. Wer Lust auf einen Kaffee
und ein Stück Kuchen hat, ist im Schlosscafe an der richtigen Adresse. Trotzdem
steht der südlichste Ort im Zeichen der natürlichen Umgebung. Sie bestimmt den
Charakter des Ortes. Auch durch den Kapellenberg. Seine Spitze erreichen wir
nach 2km. Besser gesagt den Parkplatz am Straßenrand. Die restlichen 500m zum
Aussichtsturm gehen wir zu Fuß, durch den dichten Wald, vorbei an
Sumpfgewässer. Ein Dutzend Leute sind unterwegs. Man hört tschechische und
deutsche Gesprächsfetzen. Ein beliebtes Ausflugsziel. Kein Wunder, von
nirgendwoanders hat man so einen fantastischen Blick auf die Umgebung. Nicht
nur auf das Egerbecken und den Kaiserwald, das Fichtelgebirge mit dem
Schneeberg und den Ochsenkopf, auch das Erzgebirge mit dem Fichtelberg sind
deutlich sichtbar. Einzig nach Norden verhindern die hochaufragenden Bäume die
Sicht. 2 Euro Eintritt finde ich da
angemessen und lohnenswert. Eine freundliche und nette Frau mittleren Alters
kassiert unseren Eintritt, kaufen bei ihr noch ein Softgetränk und die
obligatorische Postkarten. Schon irgendwie Luxus, extra eine “Aufpasserin“ für
den Turm abstellen zu können.
Eine kleine Ausstellung
kann man sich im Erdgeschoss anschauen. Bad Brambach und seine Ortsteile
wie Bärendorf, Reuth und Schönberg werden vorgestellt. Auch die Geschichte des
Turms wird dargestellt. Schon 1865 wurde hier ein Standgerüst als
Aussichtspunkt für Wanderer errichtet. Aber nicht nur deswegen, das hatte auch
noch einen anderen Grund. Dieses besagte Gerüst wurde um eine Vermessungssäule
errichtet. Welche heute noch im Inneren
des Turms zu sehen ist. Auf den ersten Blick nimmt man sie gar nicht wahr, weil
man nur mit dem Treppensteigen beschäftigt ist. Seit 1931 gibt es hier einen
begehbaren Turm. 1968 übernahm die Politik das Kommando auf dem Kapellenberg.
Eine sowjetische Radarstation, die Spionage lässt grüßen, wurde installiert.
Ein Klassiker, den Menschen wurde auch dieser Berg weggenommen. Nach einer
zwischenzeitlichen Sprengung ist der heutige Aussichtsturm 1993 wiedererrichtet
worden. Symbolhafte Geschichte am Beispiel eines kleinen Turms. Danach geht es
weiter im Plan. Bärendorf ist nur einen Steinwurf entfernt. Die Häuser im Ober-
und Unterdorf sind an einer Hand abzuzählen. Umgeben von Wald fühlt man sich hier
abgelegen. Jenseits von Gut und Böse. Handynetz ist nicht verfügbar, unweit der
tschechischen Grenze. Das motorisierte Vehikel stellen wir ab. Die Quelle der
Weißen Elster entspringt ganz in der Nähe. Laut Ausschilderung 2,5km Fußweg.
Etwas weniger als eine Stunde werden wir schätzungsweise brauchen.
Nach einigen hundert Metern geht es in den dicht bewachsenen
Wald hinein. Der Wanderweg ist sehr gut begehbar. Ab und an sollte man nur die
Augen auf den Boden richten. Die Gefahr über die Baumwurzeln zu stolpern ist
teilweise gegeben. Wir nähern uns der Staatsgrenze. Hinweisschilder weisen auf
das tschechische Staatsgebiet. Die Schneisen des ehemaligen Maschendrahtzauns
sind deutlich zu erkennen. Alle 50 Meter sind weiße Grenzsteine gesetzt,
versehen mit den jeweiligen Buchstaben „D“ für Deutschland und „C“ für
Tschechien. Einige hundert Meter bewegen wir uns genau der der Marginallinie,
springen aus Jucks und Tollerei von Deutschland nach Tschechien, von Tschechien
nach Deutschland, von einem zum anderen Land und wieder zurück. Es gab Zeiten,
da konnte man nicht einmal annähernd in diesen Bereich vordringen, der Eiserne
Vorhang lässt grüßen. Dann biegen wir links ab, folgen den Hinweisschildern,
noch 1km bis zur Quelle. Ab sofort befinden wir uns endgültig auf Terrain
unseres Nachbarlandes. Es zieht sich mittlerweile, Geduld zählt nicht gerade zu
meinen Stärken. Zu allem Übel verlaufen wir uns noch. Typisch. Statt rechts abzubiegen laufen wir gerade
aus, die Schilder mit der Aufschrift „ Bily Halstrov“ (Tschechisch: Weiße
Elster) weisen uns wieder in die Richtung, aus der wir gerade her kommen. Wir
laufen querfeldein. Erst auf einem Waldweg, der das Gehen durch umgestürzte
Bäume und abgefallene Äste einem nicht leichter macht, ehe wir uns noch quer
durch Gestrüpp und Bäume kämpfen müssen. Immer der Nase nach. 10 Minuten später
erreichen wir wieder den Weg, kommen sogar nahe der Elsterquelle auf den
richtigen Weg. Wir hören von Weiten schon eine Wandergruppe, die scheinbar
großen Spaß haben. Gute 100m noch, dann sind wir da. Ein 50m langer Holzsteg
führt uns zu dem Granit-Denkmal. 1896 wurde dieser Punkt durch den Verband der
Vogtländischen Gebirgsvereine zum „offiziellen“ Ursprung dieses Flusses
ernannt. Der, der die nächsten 245km, bis zur Mündung in die Saale, das Leben
tausender Menschen bestimmt. Auch in negativer Hinsicht. Erst im Juni 2013
sorgte sie durch extreme Regenfälle für
eine wahre Hochwasserflut, bei der es Städte wie Greiz, Gera oder Zeitz
besonders schlimm erwischte. Wir setzen uns. Die Bank vor der Quelle bietet
dafür den besten Platz. Eine Wandergruppe hat sich bereits eingefunden, nehmen
eine deftige Brotzeit zu sich. Da darf der hochprozentige Obstler nicht fehlen.
Dementsprechend ist die freudige Laune mit einer lockeren Zunge. Lustig sind sie,
ja. Das Wasser kann man trinken, wir probieren es natürlich. Sehr erfrischend,
sehr naturell, ohne Salzgeschmack. Das kleine Rinnsal fließt nun ins Tal hinab,
bis es zu einem stattlichen Fluss wird. Ein kleiner Auenwald hat sich rund um
die Quelle naturiert. Zahlreiche sprudelnde Rinnsale speisen die noch winzige
Weiße Elster. Da fragt man sich, warum ausgerechnet dieses Rinnsal die Quelle
ist. Ich tippe auf Losverfahren. Natürlich nur ein kleiner Scherz am Rande,
wenn auch ein schlechter. Zum Schluss tragen wir uns noch in das Buch ein, in
dem sich alle Besucher der Elsterquelle eintragen können. Nur den Briefkasten
am Baum öffnen, das Buch und den Bleistift in die Hand nehmen und seine
Gedanken und seinen Namen verewigen. Mit
warmen Worten hinterlassen wir unsere Botschaft und Gruß. 20 Minuten Pause gönnen wir uns, genießen die
Natur, süffeln zwischendurch vom Wasser. Dann brechen wir wieder auf, diesmal
den richtigen Fußweg zurück. Schnell sind wir beim Auto, das ging irgendwie
schneller als hinwärts. Etwas über 2 Stunden waren wir unterwegs.
Der nächste Ort ist Hohenberg, wieder bestehend aus Ober-
und Unterdorf. Im Unterdorf halten wir kurzentschlossen an. Das Dorfcafe hat
uns so schön angelacht, da konnten wir nicht anders. Die Sonne strahlt, die Temperatur
bei 16 Grad, wir setzen uns raus. Eine Eierschecke und ein Milchkaffee. Das
Leben kann schön sein.
Das vogtländische Freilichtmuseum ist unser nächstes Ziel.
Dafür müssen wir nach Landwüst. Bad Brambach lassen wir erstmal links liegen,
das kommt später. Es geht hoch und runter auf der kurvenreichen
Landstraße, der alten Poststraße, die
früher Plauen und Eger miteinander verband. Sie führt uns durch eine tolle
Landschaft und eine grüne Natur, ehe wir
die Abzweigung hinauf zu einem kleinen Dorf nehmen.
Detail im Original – das Vogtländische Freilichtmuseum
Landwüst, eine kleines Dorf. Mit 300 Einwohnern hat es nicht
viele Menschen hierher verschlagen. Obwohl es sich mit seiner idyllischen Lage
nicht verstecken muss. So hat man am Hang des Wirtberges in einer Höhe von 570
bis 640 m einen fantastischen Blick auf das Elstergebirge. So auch vom
Vogtländischen Freilichtmuseum. Als
Bauernmuseum 1968 gegründet, ist es heute ein Besuchermagnet im südlichsten
Zipfel des Freistaates Sachsen. Durch die Leidenschaft eines Mannes, dem
Landwüster Walter Wunderlich, vom Beruf Bauer seinerzeit, ist diese Idee zu
entstanden. Er stieß durch Recherchen für Ortschroniken auf Objekte, Belege
oder Sachhinweise auf das bäuerliche Leben aus den vorangegangen Jahrhunderten.
Seine Leidenschaft, seine Sammelwut war es, dass er begann Dinge und
Gegenstände aus dem Raum Vogtland zusammenzutragen. Egal ob wertvoll oder
nicht. Typisch für das Leben der Vogtländer sollte es sein. Das hat er auch
geschafft. Anfang der 70er wurde es dann zum Freilichtmuseum ausgebaut. Häuser
aus den umliegenden Dörfern wurden dazu erworben, teilweise umgesetzt.
Insgesamt stehen etwa 20 Gebäude auf einem Areal von 2,5 Hektar zur Entdeckung
für die Besucher bereit. Der Eingangsbereich ist in einem Hofensemble
beheimatet, ein kleiner uriger Raum, nebenan eine kleine Gaststätte. Die
Mitarbeiterin empfängt uns sehr freundlich, Prospektmaterial mit einem
Übersichtsplan bekommen wir für unseren Rundgang mit auf den Weg. Bestens
ausgestattet sozusagen. Wir gehen raus aus dem Innenhof, ins Freigelände. Der
Ausblick auf das südliche Elstergebirge, ein Wahnsinn. Den Kapellenberg mit
seinen herauslugenden Aussichtsturm kann man über die sanften, dicht bewaldeten
Hügel hinweg deutlich erblicken. Wir gehen zur Scheune direkt vor uns, die
„kultur.tenne“ aus dem 1937. Post-, Heuwagen, Fuhr - und Leichenkutschen sind
ausgestellt, nebenan die verschiedenen Entwicklungsmodelle der Kinderwägen
vergangener Jahrzehnte. Immer wieder bieten Tafeln detailreich Hinweise und
Informationen. Auf der Etage darüber
befindet sich ein Raum für feierliche
oder kulturelle Anlässe in rustikalem Ambiente.
Wir gehen weiter, durch den Kräuter und Bauerngarten. Die
verschiedenen wertvollen Kräuter unserer Natur blühen und gedeihen. Ein sehr
geruchsintensiver Bereich. Die Zitronenmelisse, der Bärlauch, der Lavendel und
der Rosmarin sind nur einige Beispiele der Heil- und Gewürzkräuter.
Dementsprechend rochen die Hände, nachdem man diverse Arten berührt hatte. Die
Geruchsnerven unseres Sinnesorgans wurden da strapaziert. Durch den Garten,
vorbei an Blumen und Nutzpflanzen gelangen wir zu den Wohnstall- und
Fronhäusern aus dem18. Jahrhundert. Alle aus umliegenden Dörfern wie
Tirpersdorf oder Obersohl in das Museumsgelände versetzt. Räume wurden durch
Möbel und Dinge aus dem damaligen täglichen Leben in einen Originalzustand
gebracht. Man glaubt teilweise, dass die Zeitmaschine angeworfen wurde. Unten der Stall für das
Vieh, es riecht nach Tier, daneben die
Küche. Im Obergeschoss die Wohn- und Schlafgemächer der Familie. Leben auf
engstem Raum, ohne Schnickschnack.
finden
immer neue Details. Draußen, neben dem nachgebauten Backhaus, stoßen wir auf den „Streichelzoo“. Schafe mit
kleinen putzigen Lämmern. Das große Füttern beginnt. Die Blätter des Löwenzahns
sind heiß begehrt. Ihre Nachbarn sind die Ziegen. Der Futterneid und der
darauffolgende Kampf bleibt nicht aus. Wir bleiben allerdings gerecht, jeder
bekommt von uns und das nicht zu wenig. Eine halbe Stunde sind wir locker mit
den Tieren beschäftigt, wir finden schon gar keine Löwenzahnblätter mehr. Sie
haben es aber auch ohne uns gut. Der Weg zu den Gebäuden, drei an der Zahl,
ebenfalls Wohnstallhäuser , ist wahrlich nicht weit. Jetzt wissen wir auch,
dass die Ställe noch ihre Verwendung finden. Die Ziegen und Schafe sind dort
untergebracht. Daneben der Kaninchenstall. Ja der Kaninchenstall, wieder
Fütterungszeit, wie bei kleinen Kindern. Die Blätter des Löwenzahns werden von
der Wiese gepflückt. Die kleinen Tierchen reißen sich um uns, naja eher um
unser Futter. Jedes bekommt eine reichliche Portion serviert. Nimmt man die
Treppen nach oben, sind in diesen Räumen wieder die Blockstube und der
Schlafraum zusehen. Die Einrichtung entspricht dem Stand der 1920er Jahre. Wir
hören schon die Hühner gaggern, der Hahn mit seinem prachtvollen Gefieder kräht
sich die Lunge aus dem Hals. Sobald weibliche Personen am Zaun stehen, wird er
wild, gehen die Hormone mit ihm durch. Oberhalb des Hühnerquartiers wartet, in ihrem kleinen Gehege mit einem
Unterschlupf, ein Schaf auf ein besonderes Ereignis. Auf die Geburt ihres
Lämmchen. Die ist trächtig. Man sieht das Kleine im Mutterleib sich bewegen. Es
will raus. Wir füttern sie, wie die anderen. Das Tierherz in mir schlägt höher.
Der Weg führt uns wieder hinauf, vorbei an den Gehegen des
Streichelzoos zum Innenhof. Die Besucher sitzen hier auf einer der vielen
Bänke. Das kommt später für uns. Zuerst gehen wir in die Scheune, die mit den
Wohnhäusern verbunden ist. Die Entwicklung der landwirtschaftlichen Geräte
steht im Mittelpunkt. Das Thema Ernte spielte in den noch nicht
industrialisierten Zeiten eine überlebenswichtige Rolle. Eine Menge
verschiedener Geräte, von der Egge bis zum Pflug, werden gezeigt. Das sind
einige Kuriositäten dabei. Das Gebäude ist ein besonderes. Besonders, weil es
unter Einflüssen Egerländer Fachwerks
und dem Giebelumgebinde steht. Es hebt sich von den anderen deutlich ab. Sie
dominieren durch ihre Einfachheit und Notwendigkeit. Im Stall des Wohnhauses
kann man sich im Kühe melken versuchen. Hier steht keine lebende Kuh, nein.
Eine gusseiserne Nachbildung, fast durchgerostet, aber funktionstüchtig. Ich
setze mich auf den winzigen Hocker, Schemel in der Fachsprache der Bauern
genannt, der ist wahrscheinlich für Kleinkinder konzipiert. Die Zitze greife
ich am Euter mit dem Daumen und
Zeigefinger und streife sie nach unten gefühlvoll, aber mit Druck, mit allen
Fingern aus. Anfangs tue ich mir schwer, nach einigen Versuchen jedoch gelingt
es mir schon recht gut, ich könnte Melker sein. Zwar spritzt keine Milch heraus,
sondern nur Wasser, aber es geht um den Effekt. Im Nachbarzimmer befindet sich
die Rußküche. Der dortige Backofen ist noch funktionstüchtig. Im Obergeschoss erneut diese typischen
Wohnräume, in großem Detailreichtum.
Alte Schränke mit reichlicher Verzierung und Bemalung finden ihren
Unterschlupf unter dem Dachboden, werden in verschiedenen Varianten
präsentiert.
Im nächsten und letzten Haus, dem Wohnhaus von Udo
Wunderlich, wird die Imkerei im Erdgeschoss
thematisiert. Zwei Räume werden diesem Handwerk gewidmet. Die Zeidlerei
und die Bogenmacherei, mit ihren nachgebildeten Werkstätten, finden genauso
ihren Platz in diesem Gebäude.
Unser Rundgang neigt sich dem Ende. Über zwei Stunden sind
wir auf dem Gelände schon unterwegs, streifen durch die Häuser. Sind kaputt.
Zum krönenden Abschluss gönne ich mir noch ein Fettbrot auf die Hand. Sehr
herzhaft, sehr lecker. Wir nehmen auf
eine der zahlreichen Bänke in dem
Innenhof Platz, staunen über das Gesehene. Ein Eintrag in das Gästebuch darf
nicht fehlen. Ein hochinteressantes Museum, geprägt von einer riesigen Unmenge
an Ausstellungsstücken, aber trotzdem mit vielen kleinen Details liebevoll und
originalgetreu eingerichtet. Jedes Sachzeugnis hat seinen Platz gefunden. Jedes
Haus ist anders, jeder Raum ist anders. Das Museum lebt von einer großen
Authentizität in seiner Darstellung. Es zeigt die harte Arbeit über das Leben
zu damaligen Zeiten. Das war kein Zuckerschlecken. Man fühlt sich teilweise
zeitversetzt. Immer wieder entdecken wir neues, daher wird es nie langweilig.
Trotzdem bleibt es nicht aus, dass man sich irgendwann erschlagen fühlt. Nicht
mehr aufnahmefähig ist. Einen besseren Überblick über das vogtländische Leben
auf dem Lande im 19.und 20. Jahrhundert kann man nicht bekommen. Das hätte ich
nie gedacht, was man für 3 Euro geboten bekommt. Sehr empfehlenswert.
Wir fahren wieder hinunter, zur alten Poststraße. Wir wollen
über einen kleinen Abstecher nach Bad Brambach, dem Zwillingsbruder des
Sächsischen Staatsbades Bad Elster. Der Abstecher heißt Raun. Ein abgelegenes
Örtchen, ein sogenanntes Waldhufendorf. Lang gezogen, die einzelnen Grundstücke
haben einen Abstand von 50 bis 100m. Nachbarschaft gibt es da im eigentlichen
Sinne gar nicht, jeder ist für sich. Wieder dieses Gefühl, in einem Teil Deutschlands zu sein,
wo der Zeiger der Uhr einen Tick langsamer schlägt, die Welt seinen eigenen
Rhythmus hat. Einen erheblichen Anteil daran trägt die für diese Region
typische und charakteristische Natur. Einige Fachwerkhäuser, auch im Egerländer
Stil oder als Umgebindehaus, sind noch sehr gut erhalten. Die weiße Dorfkapelle
gehört zu den ältesten in der Kulturregion Vogtland. Leider endet die Straße in einer Sackgasse.
Wir hatten gehofft, über Raun in den Kurort Bad Brambach zu gelangen. Ein
Irrtum. So standen wir, kurz vor der Staatsgrenze, vor dem Ende der Straße, vor
uns nur Wald. Also Kehrtwende und zurück die 4 km, zur Bundesstraße.
Festhalle mit Schwanenteich |
Erholung - Ein Besuch im Staatsbad kann nie schaden!
Das Wettinhaus |
Es ist jetzt circa 17 Uhr, Bad Brambach ist unser letztes
Entdeckungsziel. Tief im Tal versteckt sich die kleine Stadt, rundherum die
Erhebungen des Elstergebirges, bewachsen mit sattem Grün oder mächtigen Bäumen.
Bilderbuch. Bekannt ist der Ort wahrscheinlich
durch die Bad Brambacher Mineralquellen GmbH, die Softgetränke jeglicher
Geschmackssorte produziert. Sie gehören übrigens zur Kulmbacher Brauerei. Das
Firmengebäude befindet sich außerhalb, direkt an der Bundesstraße. Der Kurort
an sich ist unspektakulär. Der Ort ist modern, die vergangenen Reliquien aus
DDR-Zeiten sind auf den ersten Blick beseitigt. Man lebt von der Kur. Bereits
1860 wurde die erste Quelle entdeckt, die Schillerquelle. Genutzt wurde sie zur
Mineralwasserversorgung. 1911 begann der Kurbetrieb mit der Erschließung der
Wettinquelle. Angeblich die stärkste Radiummineralquelle der Welt. 1922 erhielt
man den Beinamen Bad zu Brambach. Nach 1949 dienten die Kureinrichtungen als
Sanatorium für die sowjetische Armee. 1949
gelang es in die Hände der SED-Führung. Nach erster Sanierung verpasste
man die moderne Entwicklung eines Kurorts bis zur politischen Wende 1989.
Fakten. Fakten, Fakten. All das kann man im Kurpark nachlesen. Auf Schautafeln
mit interessanten Zusatzinformationen
und Bildern aus den beschriebenen Zeiten. Damit sind wir schon im
Herzstück des Kurbereichs, dem historischen Kurpark. Sehr großzügig mit einer Fläche von 16 Hektar. Die
Zeit, den Park zu erkunden und zu erlaufen, sollte man sich nehmen. Er spiegelt
die Fauna und Flora, die wohltuende Natur des Elstergebirges wieder. Bis zur
Grenze erstreckt sich die Parklandschaft, die Grenzquellen finden in diesem
Teil ihren Ursprung. Die Festhalle mit dem Schwanenteich bildet das
Schmuckstück dieser Anlage, sie strahlt in ihren Ockerfarben. Ein
Veranstaltungsort für Konzerte und Feierlichkeiten. Sehr repräsentativ. Wir
setzen uns auf eine der zahlreichen Bänken um den Schwanenteich herum.
Traumhafte Kulisse, die Enten schnattern über den Teich, der von dem ruhig
fließenden Rothenbach gespeist wird. Eine Idylle. Die Rabatten und Rondelle mit
ihren blühenden Blumen zieren die Gehwege links und rechts, ein wahrlicher
Blütenteppich, besonders im vorderen Teil des Kurparks. Das ein oder andere
Wasserspiel, sei es in Form eines Brunnens oder der kleinen Staustufen des
Bachlaufs runden das äußerst positive Gesamtbild ab. Im Vergleich zu seinem
Zwillingsbruder, dem Kurpark in Bad Elster, ein himmelweiter Unterschied.
Einziges Manko meiner Meinung, man findet eigentlich überhaupt keine Geschäfte,
wo man sich vielleicht etwas Schickes oder etwas typisch Vogtländisches kaufen
kann, das fehlt ein wenig. Das Cafè gegenüber der Festhalle genießt da auch
eine gewisse Monopolstellung. Ein paar Schritte entfernt liegt das Wettinhaus.
Integriert in einer Art Säulenhalle kann man das Wasser der verschiedenen
Quellen trinken. Einfach aus dem goldenen Brunnen das jeweilige Quellwasser
abzapfen, probieren und trinken. Schiller- , Wettin- und die Grenzquellen gibt
es im Angebot. Die Gläser an der Theke stehen
zur kostenlosen Benutzung zur Verfügung. Wir setzen uns in den offenen
„Wintergarten“, durch die Glasfront sehen wir hinaus in den Park, beobachten
die vorbeigehenden Menschen und blicken auf einen Schandfleck. Ein ehemaliges
Kurhotel gammelt förmlich vor sich hin, gezeichnet von Vandalismus mit
eingeschlagenen Fensterscheiben. Das passt nicht zu dem ansonsten sehr natürlichen,
sehr gepflegten Kurpark. Ein Kommen und Gehen in dem modernen und sauberen
Trinkbereich, die Angestellte der Kureinrichtung musste sich sputen, um mit dem
Gläserspülen nachzukommen. Mittlerweile regnet es draußen, der Himmel hat sich
mit den dunklen Wolken verfinstert. Ein Grund mehr, es uns etwas länger
gemütlich zu machen. Da werden aus einem Glas ganz schnell einmal 5 bis 6.
Schließlich muss jedes Wasser gekostet und geschmeckt werden, ausführlich um am
Ende selbstverständlich bewertet zu werden, welches dem eigenen Gaumen am
besten gefällt. Vom Salz- und Eisenhaltigen bis zum Natürlichen ist jede
Geschmackskategorie dabei. Der Wasserbauch und das Melden der Blase mit der
freundlichen Bitte nach dem Gang zur
Toilette lässt nicht lang auf sich warten. Der Blick richtet sich zu dem
Gebäude gegenüber, das mit den nicht gespiegelten Glasfronten. Fünf bis sechs
geschossig. Physiotherapie, Rehabilitation, Kosmetik und Wellnessbereiche sind
darin untergebracht. Im Erdgeschoss befindet sich die Sauna - und
Badelandschaft. Zeit zu relaxen. Wir überlegen, den Saunabereich mit zu buchen,
entscheiden uns aber dagegen. Wir planschen eineinhalb Stunden. 32 Grad warm
ist das Becken innen. Man fröstelt leicht, wenn man von innen nach außen
schwimmt. Logischerweise ist es draußen etwas kälter. Das Becken für Kurgäste
zur Rehabilitation ist da schon deutlich wärmer. Ich liebe warmes Wasser,
Warmduscher oder Warmbader sozusagen. Es soll wohl den Whirlpool ersetzen, den
vermisst man nämlich. Trotzdem verlassen wir das Bad entspannt und erholt.
Verwundert, so einen schönen Flecken noch gar nicht auf dem Radar gehabt zu
haben. Der Kapellenberg, das Vogtländische Freilichtmuseum, der Kurort Bad
Brambach mit seinem historischen Kurpark und diese wunderschöne Landschaft haben
beeindruckt. Dazu diese Ruhe, diese Entspannung abseits von Lärm, zumindest an
diesem Tag, würde für viele ein ideales Urlaubsziel für einige Tage sein. Schade,
dass es nur wenige wissen, dass nur wenige dieses Elstergebirge kennen, eine
Region, in der Entspannung und Erholung ganz groß geschrieben wird.
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