Die kleine Reise beginnt. Exakt drei Uhr früh. Es ist dunkel, der
Organismus mag noch nicht so recht in Schwung kommen. Wen wundert es.
Die Lunchpakete sind schon am Vorabend vorbereitet worden. Die
Taschen und Koffer bereits im Auto verstaut. Den Zielort ins
Navigationssystem noch schnell eingegeben.Und los gehts.
Wir wollen nach Slowenien, nach Bled, an den Rand der Julischen
Alpen mit dem Triglav-Nationalpark, im nordwestlichen Teil des
Landes. Der Weg dorthin führt uns über das Inntaldreieck an
Salzburg vorbei, über die Hohen-Tauern-Autobahn, ja die liebe Maut
von elf Euro zusätzlich zur Vignette wird hier fällig, zum
Karawankentunnel, dem Eintrittstor nach Slowenien sozusagen.
Kostenlos ist das natürlich nicht. Sieben Euro Mautgebühr zum
Durchfahren werden verlangt. Dazu noch eine Vignette für sieben Tage
zum Preis von fünfzehn Euro für slowenische Autobahnen. Der
Geldbeutel wird schon leichter, bevor man überhaupt angekommen ist.
Vom acht kilometerlangen Karawankentunnel bis nach Bled ist es nicht
mehr weit, nicht einmal eine Stunde. 680 Kilometer in sechseinhalb
Stunden.
Bevor wir uns die kleine Stadt anschauen, bekommen wir einen
Vorgeschmack auf den Triglav-Nationalpark. In der Vintgar-Klamm, vier
Kilometer nördlich von Bled im Dörfchen Podhom fließt die Radovna
in einem wilden Wasserlauf, geschuldet durch umgestürzte Bäume und
herabgefallene Gesteinsbrocken. Der Eintritt von 3,00 Euro ist
gerechtfertigt. Noch hat der Fluss, der in den Julischen Alpen
entspringt, einen ruhige und idyllische Strömung. Ein Fliegenfischer
versucht sein Glück. Man bekommt unglaubliche Natur geboten. Ein
Holzsteg führt entlang der steilaufragenden Felsformationen,
teilweise mittels Brücken über die Radovna. Nicht immer fühlt man
sich trittsicher, das Holz gibt hier und da nach. Deutschen Standard
entspricht es denke ich nicht. Trotzdem muss man sich keine Sorgen um
seine Gesundheit machen. Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde
die Klamm durch Jakob Zumer touristisch erschlossen. Eine Gedenktafel
zu seinen Ehren ist auf halben Wege angebracht. Unter uns immer die
Radovna, die mit einer sehr klaren Wasserqualität besticht. Ihre
türkise Farbe in Verbindung mit den einfallenden Sonnenstrahlen
sorgt für ein zusätzliches Farbspektakel. Auf 1600 Meter Länge
erstrecken sich tiefe Schluchten, an deren Ende ein 13 Meter hoher
Wasserfall auf den Besucher wartet. Ein Highlight, diese
Vintgar-Klamm.
Oh du wunderschönes Bled
Danach wartet zu aller erst die Unterkunft auf uns. In dem zu Bled
gehörenden Dorf namens Bohinskja Bela haben wir uns vorher über das
Internet ein Zimmer gebucht. Der Ort besticht durch seine Einfachheit
und Gemütlichkeit. Häuser der Einwohner sind mit bunten Blumen und
Pflanzen geschmackvoll dekoriert und verziert. Die ockerfarbene
Kirche passt da so recht ins Bild. Eine breite Felswand erstreckt
sich hinter jenem Örtchen, die gerne Kletterer zur sportlichen
Betätigung nutzen. Einen „Fuffi“ für eine Nacht kostet uns das.
Das Zimmer, mit Bad und Küche, ist ein Mix aus alten Ostblockcharme
und Moderne. Man fühlt sich wohl. Die Inhaberin, sehr gut Englisch
sprechend, gibt uns noch einige Tipps für Sehenswürdigkeiten,
Restaurants und Lokalitäten.
Nach kurzem Einchecken machen wir uns wieder auf, auf ins nahe
Bled. Wenn ich den Name dieses 6000-Einwohner-Kurort höre, dann
gerate ich schon ins Schwärmen. Beim Anblick eines solchen Panorama
ist das kein Wunder. Die Burg thront auf einem Felsen hoch über der
Stadt, mit Blick auf den See. Wieder das türkisfarbene Wasser. In
dessen Mitte befindet sich ein Eiland mit der Marienkirche. Wir
wollen dorthin. Mittels einem traditionellen Holzboot, eine Art
Gondel, gelangen wir zu ihr. Nicht motorbetrieben, nein, mit
Muskelkraft wird es bewegt. Der dicklige Bootsführer hat an seinen
Rudern einiges zu tun. Nach zwanzig Minuten haben wir es dann aber
geschafft. Ging eigentlich relativ flott, hätte ich nicht gedacht.
Zeit zum Aufenthalt haben wir nochmal 20 Minuten, dann geht es wieder
zurück zum Festland. Völlig ausreichend. Die Insel besteht
sozusagen nur aus der Kirche, in der der Liebesgöttin Zuva gehuldigt
wird. Für einen sehr üppigen Eintritt von sechs Euro kann man
Schätze aus der gotischen Zeit betrachten. Wir verweigern uns der
Abzocke, eine Frechheit. Lieber die Sonne mit dem Panorama auf die
Burg, der in unschuldigen Weiß glänzenden Kirche und die Stadt
genießen. Die Villa Bled ist auch sichtbar. Die Villa Bled? Ein
repräsentativer Prunkbau, heute ist es ein exklusives Hotel. Von
1950 bis 1980 empfing der Machthaber des Vielvölkerstaates Josip
Tito seiner berühmten Staatsgäste wie Willy Brandt, den japanischen
Kaiser oder Kubas Fidel Castro in seiner Sommerresidenz. Nach einer
Stunde und 15 Minuten sind wir zurück in dem Städtchen, kraxeln zur
Burg, direkt am nördlichen Seeufer gelegen, hinauf.
Selbstverständlich wird Eintritt verlangt. Neun Euro, da haut es
mich fast von den Socken. Gut, den Blick zahlt man mit, klar, aber
ich weiß nicht, ob das gerechtfertigt ist. Vielleicht bin ich auch
zu geizig. Nach zögerlichen Überlegen entscheiden wir uns dagegen,
klettern auf die Mauer und genießen von dort kurz dieses
Postkartenmotiv.
Unten im Kurort wird das Bild direkt am See von Hotels und
Pensionen geprägt. Man lebt vom Tourismus. Die geschützte Lage
durch die umliegenden hohen Berge der Alpen verhilft zu einem
ganzjährig milden Klima. Ein gewisser Arnold Rikkli, ein
schweizerischer Naturheilkundler, erkannte die günstige Lage und
stellte mit den geschaffenen Badeanstalten und den verordneten
Therapien gegen Erkrankungen für Rheuma, Migräne oder
Schlafstörungen die Weichen als Luftkurort. Schon der habsburgische
Hochadel soll im 19. Jahrhundert die Attraktivität von Veldes, dem
deutschen Namen von Bled, für sich entdeckt haben. Dekadent. Heute
überzeugt der Ort immer noch durch seine Angebote im Sport- und
Gesundheitsbereich, unter anderen mit Mountainbiking, Kanu- und
Kajaktouren oder Wanderungen. Zum Abschluss setzen wir uns auf eine
der vielen weißen Bänkeblicken hinaus auf den See und schwärmen
von diesem wunderschönen Ort.