25 Jahre Mauerfall. 25 Jahre
Wiedervereinigung .25 Jahre einheitliches Deutschland. Silberne
Hochzeit feiert ein Land, das tiefe Einschnitte nach dem Zweiten
Weltkrieg erleben musste. Die Teilung in zwei Staaten. 40 Jahre
später ging die DDR nach einer friedlichen Revolution, mit
Demonstrationen von Millionen Menschen, unter. Ein Segen.
Der 9. November 1989 spielt in den
Chroniken eine ganz besondere Rolle. Günter Schabowski, Mitglied des
allmächtigen SED-Politbüros, hält eine Pressekonferenz, auf der er
unglaubliches verkündet. Die Bilder kennt jeder. "Privatreisen
nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen -
Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse - beantragt werden.
Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt.“, liest er von seinem
eigens gezückten Zettel den anwesenden Journalisten vor. „...sofort,
unverzüglich“, galt das. Sicher war er sich nicht, was er da
vorträgt. Die Sendeanstalten in Ost und West strahlen das aus. Ab da
werden die Grenzübergangsstellen, vor allem in Berlin, mit tausenden
Menschen belagert. Sie wollten „rüber“. „Rüber“ in die
Bundesrepublik Deutschland. Die Grenzposten hatten keine Chance auf
Kontrolle. Sie öffneten die Schranken. Damit fiel die Mauer. Die
Grenzen der DDR zur BRD waren geöffnet.
In der Region zwischen dem
vogtländischen Plauen im Freistaat Sachsen und dem oberfränkischen
Hof in Bayern wird dieser Tag mit einer besonderen Aktion gefeiert.
Ein Konvoi mit ostdeutschen Fahrzeugen setzte sich von Plauen nach
Hof in Bewegung. Beide sind Partnerstädte heute, halten sich den
Luxus eines Flughafens. Wartburgs, Trabanten, Schwalben gehörten dem
Konvoi an. Jeder mit fahrtüchtigem Auto durfte, konnte und sollte
teilnehmen. Ausschließlich „Ostalgie“ war gefragt.
120 Fahrzeuge waren so im Vorfeld
gelistet. Allerhand. Es blieb jedoch nicht dabei. Viele
Kurzentschlossene entschieden sich noch kurzfristig für die
Teilnahme an der einzigartigen Nachstellung der Maueröffnung. So
kamen 200 Fahrzeuge jeglicher Art zusammen.
Von Plauen, einem der Hauptorte der
weltbekannten Montagsdemonstrationen, ging es auf der Landstraße
über das kleine sächsische Dorf Großzöbern zum ehemaligen
Grenzübergang Ullitz. Hier stand früher der Schlagbaum. Die
Grenzpolizisten bewachten das Gebiet ohne Rücksicht auf
Menschenleben. Das kleine Dorf Ullitz, auf bayerischer Seite gelegen,
zur Gemeinde Feilitzsch gehörend, erlebt heute einen nie dagewesenen
Ansturm. Tausende von Menschen bevölkern den Marginalpunkt, den
Grenzübergang. Heute erinnert nur noch ein Schild daran. Das
Fernsehen berichtet auch. MDR und BR sind mit Kamerateams vor Ort.
Beidseitig säumen Schaulustige die Straße. Oftmals bis zu drei
Reihen und das über einige hundert Meter. Der Erste, der heute den
ehemaligen Grenzübergang passiert, war auch der erste Besucher an
jenem 9. November vor 25 Jahren. Ein Akt des Symbols mit großer
Emotionalität. „89 war hier aber nicht so viel los“, witzelt er
im unverkennbaren sächsischen Dialekt über die Menschenmassen.
Viele sind gekommen, die die Wiedervereinigung hautnah miterlebt
haben. In manchen Gesichtern spürt man die Emotionalität. Manche
haben Tränen in den Augen. Trotzdem herrscht eine sehr aufgelockerte
und freundliche Atmosphäre. Man feiert. Man feiert den größten
Gewinn für dieses Land. Mit einem großen Teil an Selbstironie.
Bananen und Schokolade wird den Fahrern zugesteckt, Witze werden
gemacht. Die Leute stoßen an, mit Rotkäppchen-Sekt, die berühmte
ostdeutsche Sektmarke. Die Stimmung ist heiter. So zwängt sich Auto
um Auto durch das Spalier an Menschen, die ihnen zu jubeln.
Willkommensschilder und -plakate werden hochgehalten. Streckenposten in originalen Uniformen regeln den Verkehr.
Dabei sieht man die komplette
Bandbreite der Modellpalette an Wartburg, Trabant oder Schwalben. Ob
als Kombi, als Zweisitzer, als Viersitzer mit Anhänger, Zwei- oder
Dreitaktmotoren oder Lastkraftwagen. Feuerwehrauto, Militär- und
Polizeifahrzeug. Viele Utensilien aus vergangenen Tagen verleihen in den Fahrzeugen dieses zusätzliche Ostalgie-Flair. Ausweise, Straßenatlanten, Gepäck. Echte Liebhaberstücke. Die Besitzer
pflegen und hegen ihr Baby. Zurecht, sie sind ein Teil dieser
Geschichte. Auch wenn der Luftgeruch teilweise nicht
atmungsfreundlich ist. Der Gestank eines Trabis ist penetrant. Ohne
Katalysator ist das kein Wunder. Es gehört aber dazu, zu diesem
Stück Ostalgie, das unbedingt bewahrt werden muss.
Ziel des Konvois ist die Freiheitshalle
in Hof. Passend. Die 45000 Einwohner-Stadt war 1989 für die
Botschaftsflüchtlinge von Prag der Ankunftsort. Die erste
Anlaufstelle. Von hier aus ging in de Republik oder man blieb. Nach
dem Mauerfall war sie der erste Anlaufpunkt für die neuen Mitbürger
Deutschlands. Die erste Stadt nach der Grenze war für alle besonders
attraktiv. Eine neue Welt.
Auf dem Parkplatz vor der blau
leuchtenden Freiheitshalle sammeln sich alle Autos des Konvois. Der
THW gibt kostenlos Gulasch aus. Eine fabelhafte Idee, diesen
denkwürdigen Tag so in dieser Art zu feiern. 25 Jahre ist nun die
Wiedervereinigung alt. Sie wird immer selbstverständlicher sein. Die
neuen Generationen werden sie als normal hinnehmen. Immer noch gibt
es aber Menschen, die das nicht begrüßen. Die, die sich „alte“
Verhältnisse zurückwünschen. Nicht nachvollziehbar. Ein Volk ist
vereint, das ist das Wertvollste.
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