Freiberg, auf der Landkarte ganz klein
und unscheinbar. Es fällt in der Mitte der Magistrale zwischen
Chemnitz und Dresden kaum auf. In der Gunst liegt man deutlich
hinten. Was hat Freiberg zu bieten, wenn „nebenan“ die
Frauenkirche, der Zwinger oder das Elbufer auf mich warten?! Das
ehemalige Weltkulturerbe! Warum ausgerechnet diese kleine Stadt
Freiberg? Was macht es in der provinziellen Umgebung interessant? Ich
werde es euch zeigen.
Freiberg hat eine beachtliche Geschichte hinter sich. Wer sie kennt, verbindet es sofort mit der erzgebirgischen Bergbautradition. Sie setzte sich noch bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhundert fort.Ursprünglich lag die Region um Freiberg in einem riesigen Urwald, der das Erzgebirge durchgängig bedeckte. Platz musste erst geschaffen werden, Markgraf Otto der Reiche ließ roden. Erste Waldhufendörfer entstanden im Eiltempo. Freiberg ließ nicht lange auf sich warten. Mit der Entdeckung der vorkommenden Bleierze ging die Ausbreitung in Raketengeschwindigkeit voran. Die Errichtung einer Burg durch den Markgrafen und die verschiedenen Pfarrkirchen, wie die Nikolaikirche, zeugen von den frühen Anfängen. Die Stadt entwickelte sich mehr und mehr, schuf stabile Strukturen mit dem Erhalt des Stadtrechts und der Aufstellung der Ratsverfassung. Kloster der verschiedenen christlichen Glaubensrichtungen siedelten sich an. Dominikaner, Franziskaner, Magdalenerinnen. Höhepunkt des stetigen Aufstieges war die Anerkennung des Bergrechts. Das Leben blühte. Man war der Mittelpunkt d er Markgrafschaft Meißen. Mit den zahlreichen Stadtbränden und den damit verbundenen Zerstörungen verlor Freiberg an wirtschaftlicher Kraft und somit an Bedeutung. Erst im 16. Jahrhundert kam der Silberbergbau langsam wieder in Schwung. Somit auch die Wirtschaft. Neue Gruben, Anlagen und Hüttenwerke wurden gebaut. Dem zwischenzeitlichen Tief durch den Dreißigjährigen Krieg trotzte man. 1785 wurde die Bergakademie für Montanwissenschaft gegründet. Ein große Ehre und Auszeichnung. Der Hinweis auf den Fokus des Bergbaus wurde damit deutlich gelegt. In den 1950er Jahren wurde die Hochschule mit dem jetzigen Campus zur Technischen Universität ausgebaut. Heute ist sie die älteste, noch existierende Einrichtung ihrer Art der Welt. Das architektonische Aushängeschild ist der Karl-Kegel-Bau. Ein verdienstvoller Bergbauprofessor, der an diesem Institut unterrichtete. 20 Jahre lang. Dabei verfasste er Lehrbücher zum Braunkohleabbau, Bergwirtschaftslehre oder Tiefbohrkunde.
Ein repräsentatives Gebäude, dessen
Wirken Kegels gerecht wird. Der rundliche Vorbau ist charakteristisch
für das Bauwerk, in dem die Fakultät für Maschinenbau und
Verfahrenstechnik untergebracht ist.
Zuallererst wird eine Unterkunft gesucht. Hotel oder Pension. Etwas nettes. Wir folgen den ausgeschilderten Hotelrouten. Eines ist in der Nähe des Hauptbahnhofes. Sein Name weiß ich gar nicht mehr. Der Preis haut uns um, 90 Euro für ein Doppelzimmer. 4 Sterne. Unserer Meinung nach übertrieben und nicht unserem Budget entsprechend. Die freundliche Rezeptionistin gibt uns zwei Tipps für Pensionen in angenehmen Preis-Leistungsverhältnis. Fünf Straßen weiter stehen wir vor der Tür einer der empfohlenen Unterkünfte. Wir klingeln. Ein älterer Herr öffnet uns, bittet uns herein. 50 Euro kostet bei ihm die Nacht, inklusive Frühstück wohlgemerkt. Das ist in Ordnung. Nach Erledigung der Formalitäten, das Büro gleicht einem kaufmännischen Chaos – da stehen mir die Haare zu Berge - beziehen wir unser Reich. Der Abend ist bereits angebrochen. Kurz noch unter die Dusche gesprungen, dann meldet sich der Magen bereits. Etwas passendes werden wir in der City finden. Die ist nur 15 Gehminuten entfernt.
Der Himmel zieht sich allmählich zu.
Die Wolken werden dunkler. Keine Spur mehr vom hellen Blau am
Horizont. Der Wind nimmt zu. Meist ein Zeichen von aufkommenden Regen
und Gewitter. Kaum gesagt, tröpfelt es von oben herunter, dass sich
in einen wahren Guss verwandelt. Das Wasser fließt durch die Rinnen
in die Kanalisation. Wir müssen uns unterstellen. Selbst mit
Regenschirm wird man komplett durchnässt. Nach fünf bis zehn
Minuten beruhigt es sich glücklicherweise wieder. Es kann weiter
gehen. Der Himmel bleibt dunkel und von wasserhaltigen Wolken
verhangen. Über den riesigen Obermarkt geht es in Richtung Schloss
Freudenstein, der Heimat der weltweit größten
Mineralienausstellung. Von dort am Dom vorbei zum Untermarkt. Vorab
ein kleiner Überblick für unsere morgige Stadtbesichtigung.
In einem italienischen Restaurant in
der kleinen Straße unterhalb des Untermarktes stillen wir unseren
Appetit. Die letzten zwei freien Plätze ergattern wir. Einmal Pizza
Prosciuto und einmal Rigatoni mit Pesto. Lecker. Der Nachtisch Panna
Cotta mit Waldbeeren , der einzig verfügbare auf der Speisekarte,
steht dem in nichts nach. Gemütlich lassen wir den Tag ausklingen,
lassen uns beim Essen viel Zeit. Das entspannt.
Der nächste Morgen beginnt mit
Frühstück. Kein Gourmetfrühstück, einfach gehalten. Trotzdem gibt
es alles, was zu einem ausgewogenen Tagesbeginn dazu gehört. Kaffee,
aufgebackene Brötchen, gekochte Eier, Marmelade, Wurst und Käse.
Wir sind sehr zufrieden.
Die Welt der Mineralien
Danach checken wir aus. Mit dem Auto
fahren wir in die Stadt, parken direkt am Schloss Freudenstein. Den
Schlachtplan für den heutigen Tag haben wir uns gestern schon
zurecht gelegt. Die Terra Mineralia steht an erster Stelle. Sie ist
im eben genannten Schloss Freudenstein beheimatet. Eine würdige
Location für die weltweit größte Mineralienausstellung der Welt.
1566 wurde das ursprüngliche Schloss im Stil der Renaissance
errichtet. Die Wirren des Dreißigjährigen und Siebenjährigen
Krieges haben ihre Spuren hinterlassen. Der Umbau zum funktionalen
Speicher und Magazin ist die Folge. Nichts mehr zu sehen von Glanz
und Eleganz. Räume werden umgebaut, Fenster ausgetauscht, das
Interieur ist zerstört worden. Zu DDR-Zeiten änderte sich das nicht
sonderlich. Im Dornröschenschlaf driftete es dahin, verfiel
zunehmend. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausend begann eine neue
Zeitrechnung. Über 80000 Exponate auf über 1500 Quadratmetern
Ausstellungsfläche erwarten uns. Enorm.
Die Technische Berguniversität
Freiberg, der Träger, war lange auf der Suche nach einem geeigneten
Gebäude. Das Schloss schien perfekt zu sein. Allerdings war es der
Zustand nicht. Das nötige Geld für eine Renovierung konnte man
nicht beschaffen. 2004, zwei Jahre nach Entstehung der Idee, konnte
die erste Umbauphase gestartet werden. Nach vier Jahren Bauzeit
konnte die Ausstellung offiziell eröffnet werden. Die Dauerleihgabe,
immerhin 5000 Exemplare, der aus dem Vogtland stammenden
deutsch-schweizerischen Unternehmerin und Sammlerin Dr. Erika
Pöhl-Ströher konnte nun der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Acht Euro kostet die Tageskarte für
Erwachsene. Angemessen. Der Rundgang beginnt eine Etage höher. Mit
dem Fahrstuhl geht’s nach oben. Wir tauchen hinein, in den Kosmos
der Mineralien. Eine Reise um die Welt. Überdimensional kann man
auf der Karte an der Wand die Fundgebiete der verschiedenen Gesteine
finden. Exotische Länder sind darunter. Deutschland ist nur ein
Zwerg unter ihnen. Manche kann man mittels Computer-Maus anklicken
und ein kleiner Film setzt sich auf den Flatscreens in Gang. So kann
man von Kontinent zu Kontinent, von Land zu Land joggen.
Die ersten Exemplare in den schwarzen
Vitrinen erwarten uns. Kunstvoll sind sie mittels kleinsten
LED-Lämpchen beleuchtet. Die Farben der verschiedensten
Gesteinsexponaten glänzen darum noch prächtiger. Sie sind noch
besser in Szene gesetzt. Das wird sich in den kommenden gut zwei
Stunden fortsetzen. Die Terra Mineralia ist in die Erdteile
gegliedert. Sie gilt es Raum für Raum zu erobern.
Amerika. Ein riesiger Raum. Unzählige
Mineralien. Einer schöner und farbenreicher als der andere. Alle
kann man sich im Detail nicht ansehen, zeitlich nicht möglich. Die
Fundstätten reichen vom US-amerikanischen Tennessee, Arizona,
Kalifornien und Colorado bis zu denen in Brasilien, Peru oder Mexiko.
Nacheinander gehen wir die Vitrinen ab, staunen über die
Kuriositäten. Die Vitrinen sind sind geometrisch angeordnet. Sie
sollen die Kristallstruktur eines Kristalls verkörpern. Hmm, ohne
Hintergrundwissen irgendwie nicht greifbar für uns Laien. Ein
separater Raum im Amerika-Teil. Abgedunkelt. Wir setzen uns. Steine
sind vor uns im gleichen Abstand aneinandergereiht. Nichts
spektakuläreres. Noch nicht. Ein Knopf wird betätigt, wenige
Sekunden später setzt eine eindrucksvolle Lichtshow einen. Kunstvoll
werden bedeutende Minerale zum Leuchten gebracht. Ihre chemische
Zusammensetzung wird sich dabei zunutze gemacht. Die Konturen und
Gesteinsmerkmale kommen besonders gut zur Geltung. Ähnlich, wenn
Schwarzlicht im Einsatz ist. Beeindruckend. Zweimal schauen wir uns
das Schauspiel an. Wunderschön.
Der nächste Kontinent....
Der nächste Kontinent....
Um welchen Kontinent es sich
handelt, was die Terra Mineralia noch zu bieten hat, welch
historische Reize Freiberg außerdem besitzt und welche lokale
Spezialität man unbedingt probieren muss, lest ihr morgen im
nächsten Blogpost!
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