Zakopane. Irgendwie übte dieser Ort
vor meiner Reise eine gewisse Faszination auf mich aus. Die Goralen
prägten mit ihrer Kultur nicht nur Zakopane. Ein Pendant zu den
Hochgebirgsmekkas der Alpen. Über 500km von der deutsch-polnischen
Grenze entfernt.
Zakopane, die höchstgelegene Stadt
Polens. Eine der südlichsten Polens. Am Fuße der Zweitausender der
Hohen Tatra, dem kleinsten Hochgebirge der Welt. Viele Superlativen
auf dem papier. Kein Wunder, warum der Ort ein gewisses Charisma
ausstrahlt. Doch nicht alles ist Gold, was glänzt.
Polens bekanntester und beliebtester
Wintersportort liegt eingebettet in einem weiten Talkessel. Die
Umgebung ist traumhaft. Die schneebedeckten Gipfel der Hohen Tatra,
das bergige Hinterland im Norden. Zwischen dem leichten Nebel kämpft
sich die Sonne mit ihren intensiven Strahlen hervor und hüllt das
Panorama in ein glanzvolles Licht.
Nur ist der Blick und die Luft getrübt.
Mehr Smog als Nebel. Es riecht beträchtlich. Der Grund ist
eindeutig. Die Schornsteine der Häuser qualmen dunklen Rauch nach
außen. Feinstaub liegt in der Atmosphäre. Die Bewohner heizen ein,
wollen es kuschelig warm. Scheinbar mit allem, was sie in die Finger
bekommen. Darum der Gestank. Umweltfreundlich ist das nicht. Gut für
die Gesundheit ebenso wenig.
Hinein in die Stadt. Holzhäuser
bestimmen das Ortsbild. Holz, der charakteristische Baustoff
Zakopanes. Zu verdanken ist das den Goralen. Sie legten den
Grundstein mit einer Hirtensiedlung. Deren Kultur haben deutliche
Spuren im Leben Zakopanes hinterlassen. Wenn auch heute hauptsächlich
für kommerzielle und touristische Zwecke. Doch wer waren die
Goralen? Ein ureigenes Volk innerhalb Polens und der Slowakei.
Genauer gesagt, sind sie das Volk der Hohen Tatra, sprechen einen
eigenen westslawischen Dialekt, haben ihre eigenen Sitten und
Bräuche.
Zakopane war so ein beschauliches Dorf
der Goralen. Einfache Holzhäuser waren ihre Wohnräume. Holz war
genug vorhanden. In der Mitte des 19. Jahrhundert ließen sie
erstmals Fremde in ihren Häusern nächtigen. Der Anfang des
Tourismus. Dass ein Warschauer Arzt mit dem schwierigen Namen Tytus
Chalubinski den Ort für sich und sein Sanatorim für
Tuberkuloseerkrankten entdeckte, ist nur ein kleiner Meilenstein in
dieser Entwicklung. Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden
folgerichtig die ersten Hotels. Zakopane wurde beleibter und
beliebter, die Menschen kommen mittlerweile mit der Eisenbahn aus
Krakau. In dieser Zeit entstand der sogenannte „Zakopane-Stil“.
Die vorherrschende Architektur der Holzhäuser wurde beibehalten,
jedoch wurden sie mit Elementen des Jugendstils vereint. Einige
Villen sind Zeitzeuge davon. Vorreiter war ein gewisser Stanislaw
Witkiewicz, Architekt von Beruf. Naja, wer es mag. Diese ganz eigene
Ursprünglichkeit war damit futsch. Das hat sich bis heute so
beibehalten. Immer noch sieht man Holzhäuser an jeder Ecke. Sie
bestimmen die Straßenzüge, haben ein nicht abstreitbaren Charme.
Nur sind sie heute nicht mehr von ihrer Einfachheit und
Ursprünglichkeit geprägt. Der Kommerz und der Tourismus steht nun
einmal an erster Steller. Nicht verwerflich. Die vielen
Reklametafeln, die oftmals noch grell leuchten, zieren jene
Häuserfronten.
Parken in der Innenstadt kostet immer
und überall. Die Kassierer für die Gebühr warten schon,
Parkautomaten sind somit überflüssig.
Wir schlendern über die Flaniermeile
Krupowki. Hauptanziehungspunkt der Stadt. Ganz charmant.
Ausgangspunkt für unseren Streifzug ist die Kirche Johannes Paul II.
Eine Kirche, wie wir sie kennen. Kein Holz, recht einfach gehalten.
Obligatorisch die Statue des verstorbenen Papst.
Die Einheimischen und die Touristen
strömen über den Pflasterstein. Geschäfte säumen sie. Kleidung,
Sportartikel, Juweliere, Optiker findet man hier in häufiger Anzahl.
Die Restaurants reihen sich natürlich in diese Balance nahtlos ein.
Das nicht zu wenig. Aneinander reihen sie sich fast. Deftig, typisch
polnische Küche eben. Der offene Grill ist Standard. Italienisch
gibt es aber auch. Abwechslung für einen Abend. Viele Polen und
Russen verschlägt es in die Restaurants. Die Tische sind reichlich
gefüllt. Die Bedienungen, darunter auffallend viele Männer, sind
beschäftigt.
Das schönste Bauwerk liegt außerhalb
Zakopanes. Das beeindruckendste. In Richtung Lysana Polana liegt die
alte Dorfkirche. Komplett aus Holz errichtet. Zugleich das älteste
Gotteshaus des Ortes. Da ist sie, diese Urigkeit. Ein Original aus
jahrhundertealter Kultur der Goralen.
Wintersport wird groß geschrieben. Ein
kleines Skigebiet bringt den nötigen Spaß für einen Kurzurlaub.
Auf kurzen und steilen Pisten kann man sich genügend austoben. Klar,
mit den kilometerlangen Pisten in den Alpen und Dolomiten kann das
Skigebiet bei weitem nicht mithalten. Im Vergleich dazu, ist es ein
kleiner Rutschhang. Einer endet innerhalb des Stadtgebiets. Beinahe
am Ortsausgang Richtung Cyrhla. Einziger Wermutstropfen, die Lifte
sind nicht im betrieb. Es herrscht Ebbe, der Schnee ist noch nicht
genügend vorhanden.
Zakopane verbindet man aber auch mit
einem: Skispringen. Alljährlich sieht man in den TV-Übertragungen
über 30000 heißblütige Fans ihre Athleten nach vorne schreien,
wenn sie sich die Schanze während eines Weltcupspringens
herunterstürzen. Dann leuchten die bengalischen Fackeln, wehen die
polnischen Fahnen. Die Menschen feiern dieses Event.
Volksfeststimmung in einem wahren Hexenkessel.
Kein Zweifel, Zakopane ist ein
Wintersportort. Hauptstadt der Tatra. Winterhauptstadt Polens.
Höchstgelegene Stadt Polens. Superlative um Superlative, wie
eingangs erwähnt. Das drückt sich in den Besucherzahlen aus.
Millionen von Urlaubern kommen jährlich. Man hat viel dafür getan.
Alles ist darauf ausgelegt. Viele ehrgeizige Imagekampagnen sind
gestartet geworden. Für Sommer und Winter. Weltmeisterschaften
ausgerichtet, sogar für Olympische Spiele beworben. Trotz
Erfolglosigkeit macht es Zakopane in der Welt bekannt. Das ist das
Ziel. Ein Touristenmekka. Die meisten Einheimischen haben ihre Häuser
zu kleinen Pensionen umgebaut. Die sind ausgebucht. Darunter gute und
schlechte, günstig und teuer.
Unsere Unterkunft ist leider nicht der
Hit. Eine kleine Abstellkammer, zwei mal drei Meter groß. Die
Schlafcouch müssen wir erst ausziehen. Auf eine bequeme Matratze
mussten wir verzichten. Das Bad und die Dusche sind separat auf dem
Gang, den saubersten Zustand hat die Dusche auch nicht. Nicht
wohlfühlend. Nicht einladend. Ein kleiner Reinfall. Manchmal ist
günstig eben nicht immer gut. Das ist das Risiko.
Doch wer Zakopane nicht in der kalten
Jahreszeit entdecken will, für den lässt die Zeit vom Frühjahr bis
in den Herbst hinein keine Wünsche offen. Wanderrouten sind
unendlich viele vorhanden, kilometerweit. Fast zu Tode laufen kann
man sich. Auch das Klettern ist ein beliebter Sport für die Aktiven
unter uns. Die Umgebung ist dafür prädestiniert.
Wem das zu anstrengend ist, der nutzt
die Seilbahn für einen Ausflug in die Höhe. Zum Hausberg Zakopanes,
dem Kasparowy Wierch. In 20 Minuten auf 1995m, so hoch ist sein
Gipfel. Von dort kann man über die schneebedeckten Gipfel des
kleinsten Hochgebirges der Welt blicken, in slowakische Landen.
Dorthin, wo der größte Teil des Gebirges liegt.
Eine Menge Spaß gönnen wir uns am Abend im
Aquapark, der sehr zentral gelegen ist.2 Stunden lang. Da kommt das
Kind in einem hoch. Die vier verschiedenen Rutschen sind das
Highlight. Von kurz über mittel bis lang. Ein Heiden Spaß für Groß
und Klein. Entspannung finden wir danach im Whirlpool. Nicht nur die
mehreren Sprudelbecken stehen für die Wasserratten zur Verfügung.
Außenbecken, Strudelströmungsbecken, eins für die Babys und
Kleinstkinder und eins zum normalen Planschen. Bei Wassertemperaturen
von 32 bis 35 Grad ist es kuschelig warm. Wirklich ausreichend.
Gut erholt, neigt sich der Tag dem Ende
entgegen. Zakopane haben wir heute entdeckt. Das Wintersportmekka mit
vielen Vorschusslorbeeren. Die Umgebung hält das, was es verspricht.
Die Hohe Tatra ist echtes Naturidyll. Sie zu entdecken, lohnt sich
wirklich. Zakopane dagegen ist ein wenig überschätzt. Die Spuren
der Goralen und der spätere „Zakopane-Stil“ sind immer noch
sichtbar. Er wird heute nur noch für den kommerziellen Tourismus
„weitergelebt“. Die authentische Urigkeit und die Originalität
sind für mich verloren gegangen. Wenn gleich, die Stadt einen
gewissen Charme versprüht.
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