Der zweite Tag ist angebrochen. Nach dem Frühstück geht es wieder raus, an die Luft. In die Welt. Nein, das ist zu melancholisch. Vorweg, das Wetter ist ähnlich wie gestern. Vielleicht einen Tick freundlicher. Aber eigentlich nebensächlich. Heute ist der südlichere Teil des Spessarts und das Mainland dran, bis zur Landesgrenze zu Württemberg und der zum Naturpark Odenwald. Hauptsächlich folgen wir dem Main.
Auf
den Spuren der Römer
Römerstadt Obernburg |
Die Römerstadt Obernburg ist unsere erste
Station. Wenige Kilometer von Leidersbach entfernt. Die Brücke über den gefühlt
kilometerbreiten Strom bringt uns in die klitzekleine Altstadt. Sie ist auf
einem römischen Kastell gebaut. Dieses wurde bereits um 80 n.Chr. an einer
Kreuzung alter Handelsstraßen angelegt. Große monumentale Bauten gibt es nicht
zu sehen. Reste der mittelalterlichen Stadtmauer, das Obere Tor oder der
Almosenturm sind die Highlights, wenn man es so nennen will. Vielmehr die
liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser, die vielen kleinen Winkel in den
Seitenstraßen geben einen verschlafenen, verträumten Eindruck wieder. Die
Vöglein zwitschern. Es ist Sonntagfrüh. Einige der 8600 Einwohner sind schon
unterwegs, holen ihre frischen Brötchen vom Bäcker. Das Römermuseum, etwas
unscheinbar von außen, hat geschlossen. Winterpause, im März. Bisschen
fragwürdig. Wäre sicherlich interessant gewesen.
Wörth am Main: Schiffswerft |
Irgendwann
ist immer das erste Mal
Entlang des Mains, auf einer vierköpfigen
Schnellstraße, düsen wir nach Wörth. Ja man wird es nicht glauben. Wörth am
Main, die Betonung liegt auf dem Wörtchen Main, heißt das kleine Nest. Ok, es
ist eine Stadt mit 4700 Einwohnern. Kommt einem aber gar nicht so vor,
besonders in der Altstadt. Dort, wo alles einem sehr dörflich erscheint. Das
Gras wächst teilweise aus den Fugen der gewaltigen Pflastersteine. Die Häuser
sind mit Pflanzen um seinem Fachwerk verziert. Das Auto wird am Ufer des Mains
geparkt. Gegenüber ist die Schiffsreederei. Ein Frachtkahn ist sogar aus dem Wasser
gezogen und wird derzeit instandgesetzt. Links nebenan ist eine Spedition für
die Schifffahrt. Überhaupt ist der Ort mit seiner Geschichte stark von der
Mainschifffahrt geprägt. Das gerodete Holz aus Odenwald und Spessart wurde hier
ab dem 16. Jahrhundert auf dem Wasser transportiert. Es gibt auch ein Museum,
logischerweise ein Schifffahrtsmuseum. Hat natürlich geschlossen. Mal wieder
typisch. Dafür jetzt ein Highlight anderer Art. Für mich und für alle, die mir
zusehen. Meine ersten Versuche auf Inline Skates. Noch nie gemacht. Irgendwann
ist immer das erste Mal. Frisch 4 Tage vorher gekauft, erleben sie jetzt ihre
Sternstunde. Der Asphalt an der Mainpromenade, zugleich Teil des
Maintalradweges, ist prädestiniert. Mit Blick auf die mit Weinreben gesäumten
Berge geht es los. Das Anziehen wird schon zur Qual. Wacklig stehe ich auf den
Rollen, versuche langsam zu skaten. Es geht besser als ich gedacht habe, so
schlecht mache ich es nicht. Zwar etwas steif, aber immerhin. Kleine Wackler
bringen mich öfters aus dem Gleichgewicht, mit überschwänglichen Armrudern kann
ich mich aber retten. Dauert auch nicht lang, bis es mich das erste Mal auf den
Boden der Tatsachen zurückführt. Wie ein nasser Sack falle ich um. Zum Glück
kann ich mich mit Geschick in die Wiese abfangen. Die Hose ist dreckig. Genau
an einer unangenehmeren Stelle. Man könnte denken , ich hätte in die Hosen
gemacht. Nach 20 Minuten ist das Debüt vorbei. Fürs Erste reicht es,
anstrengend. Nach einiger Zeit fallen mir die hohen Stahlwände und das Stahltor
etwa 20m entfernt vom Main auf. Hochwasserschutz mein erster Gedanke. Stimmt
auch. Habe ich mich schon immer gefragt. Wie gehen die Menschen mit dieser
ständigen Gefahr um?! Sicher nicht einfach zu wissen, dass es immer möglich
ist. Die Kraft zum Neuaufbau nach einer Katastrophe, die es nicht zu wenig in
der Vergangenheit gab, zu haben. Hier ist es dieser Schutz. Sogar kleine Luken
sind als Guckfenster in die Wände eingebaut. Steigt das Wasser, schließt man
das Stahlrolltor.
Mit dreckiger Hose geht’s in Richtung
Miltenberg. Was kommt als nächstes? Erstmal Klingenberg mit seiner aus dem 12.
Jahrhundert stammenden Höhenburg Clingenburg. Wichtig, wird mit „C“
geschrieben. Auf der Burgruine finden Festspiele statt. Wir überzeugen uns
nicht davon, sie ist auch von unten hübsch anzuschauen. Übersehen kann man sie
nämlich auf dem Weinberg nicht. Wieder bestimmt das Fachwerk die historische
Altstadt mit Stadtschloss, Stadttor oder Altem Rathaus. Man gewöhnt sich fast
schon daran.
Hinauf zum Michael
Kreuztreppen mit 612 Stufen |
Schnell sind wir in Großheubach. Von Weiten
sehen wir schon das Kloster Engelberg. Die Stadt unten ist nicht besonders
sehenswert. Etwas Fachwerk. Sonst alles sehr normal. Viele Eigenheime, viele
Mehrfamilienhäuser, bisschen Industrie- und Gewerbegebiete. Das wars dann
schon. Hinauf auf den Berg. Zum Kloster und der Wallfahrtskirche. Man könnte
laufen, immerhin exakt 612 Treppenstufen, tun auch manche, wir fahren, war ja
klar. Oben ist ganz schön was los. Kein Wunder, es ist Sonntagmittag.
Vernünftiges Wetter. Der Ausblick über das Maintal ist grandios. Zeit zu
genießen. Weg vom Trubel unten. In der urigen Klosterschänke kann der Hunger
und Durst gestillt werden. Machen wir nicht. Sie hat für uns zu sehr
Kantinencharakter. Die Franziskaner siedelten sich, Jahrhunderte nach der
Gründung 1828 an. Die erste Kapelle wurde 1300 errichtet und dem Erzengel
Michael gewidmet. In der Wallfahrtskirche befinden sich die Gräber des
Fürstengeschlechts Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Nach paar Minuten reicht es
mir dann auch. Ich schaue mir gerne religiöse Gotteshäuser an, um auch deren
Denk- und Sichtweise zu verstehen. Trotzdem muss ich es nicht übertreiben. Im
kleinen Klosterladen kann man Produkte des Klosters oder der Region erwerben.
Natürlich werden Postkarten gekauft. Was auch sonst.
Wenig später kommt das Highlight des Tages.
Schon viel gehört und gelesen über die Perle am Main. Miltenberg. Musste
erstmal nachlesen, ob mit Buchstabe „t“ oder „d“, hart oder weich. Es ist, über
weite Grenzen, für sein brillant erhaltenes Fachwerk in der Altstadt bekannt.
Links des Mains. Die Mainbrücke mit dem Brückentor bildet den Eingang. Der
Ausblick gibt einen Vorgeschmack, was einem drinnen erwartet. Ich kann es gar
nicht erwarten. Schnell parken. Kostenlos sogar. Vorher hatten wir Hoffnung,
möglicherweise eine Mainschifffahrt mitmachen zu können. Da haben wir Pech,
sind nicht in der richtige Jahreszeit hier. Dementsprechend fällt sie ins
Wasser. Nur über die stark befahrene Verkehrsader und wir sind schon
mittendrin. Zwischen Fachwerk und Kopfsteinpflaster. An ihnen sieht man die
Geschichte dieser Stadt. Alt und bedeutend. Immerhin geht die Entstehung bis
ins 3. Jahrhundert zurück, durch die Erbauung römischer Kastelle in der
Umgebung. Nicht umsonst liegt es auf der 700km langen Ferienstraße „Deutsche
Limesstraße“, auf der wir uns seit Obernburg befanden. Die Stadt an sich
entwickelte sich erst im 13. Jahrhundert, im Schutz der Mildenburg. Leicht zu
verwechseln, finde ich. Wir schlendern durch die Gassen. Staunend über so viel
Liebe zum Detail und zur Restauration. Man kann sich vorstellen was hier los
ist, wenn die Touris in den warmen Monaten sich hier hindurch quetschen. Halli
Galli. Die Mildenburg kommt näher. Kraxeln ist angesagt. Zum Glück nicht lang,
reicht aber schon, damit der Puls an der Halsschlagader hämmert. Wieder ein
herrlicher Ausblick. Luftig, deswegen halten wir hier oben nicht lange aus.
Rein können wir nicht. Ihr werdet es euch denken können. Ja, geschlossen.
Gewöhnungssache. Runter geht’s wieder. Ins Schwarzviertel, der älteste Teil
dieser Stadt. Das darf man sich jetzt nicht vorstellen wie in Berlin oder
Hamburg, wo die Viertel so groß wie Miltenberg zusammen sind. Nein, hier ist es
nur ein kleiner Teil der Altstadt. Und die ist nicht überdimensional groß.
Allgemein ist die Fachwerkstadt nicht groß, über 9000 Einwohner, die sich auch
rechts des Mains im Laufe der Jahrzehnte angesiedelt haben. Nach ein paar
Schritten sind wir durch, zurück Richtung historischen Marktplatz. Vorbei an
der Brauerei, es riecht und stinkt. Schuld daran ist die Maische. Der Magen
knurrt langsam, die Beine tun etwas weh vom Laufen. Wir suchen uns ein Cafe.
Naja, Cafe kann man es nicht nennen. Weiß auch jetzt gar keine Bezeichnung.
Altstadtmarkt heißt es, etwas unscheinbar. Alles wird angeboten. Von Kaffee
über Kuchen und Torte bis hin zu den Spinatnudeln oder dem Schnitzel mit
Bratkartoffeln. Stilvoll eingerichtet in einer sehr ruhigen Atmosphäre zum
Wohlfühlen und Aushalten.
Wir lassen uns Zeit. Zeit zum Runterkommen.
Eines fällt mir noch auf. Dieser Bundsandstein. Typisch für diese Region. Im
18. Jahrhundert erstmal im Bergbau abgebaut, ist es heute noch ein beliebter
Baustoff. Überall, wo man hinsieht. An nahezu jedem Haus, die Straßen und
Fußgängerzonen in den Städten und Dörfern. Es prägt die Ortsbilder. Sehr
auffallend, gestern und heute, an beiden Tagen. Passend, dass man in Miltenberg
das rote Gestein “nackt“ an den doch relativ steilen Erhebungen besonders sehen
kann. Insgesamt habe ich nie das Gefühl, dass ich im Bundesland Bayern bin.
Durch die Nähe zu Hessen und Baden-Württemberg und deren Einflüssen geschuldet.
Obwohl man hier viele Franken-Fahnen sieht. Hinterher erfahre ich, dass die
Hessen und die Unterfranken sich nicht allzu gut riechen können, ihre
Problemchen miteinander haben. Komisch, begreife ich irgendwie nicht.
Blick von der Freudenburg |
Der
Main, der Main, immer der Main Irgendwann brechen wir wieder auf. Nach kurzem
Blick haben wir die weitere Route abgesteckt. Mittlerweile ist es halb Vier.
Viel machen wir nicht mehr. Burgstadt, danach Freudenberg, immer dem Main
entlang. Mittlerweile sind wir sogar in Baden Württemberg. Erneut fahren wir
auf touristisch erschlossenen deutschen Ferienstraßen, Nibelungenstraße und
Deutsche Fachwerkstraße. Die hoch oben gelegene Freudenburg im Erhohlungsort
ist schon weithin sichtbar. Wir versuchen erst mit dem Auto hochzukommen.
Träge, wie man immer ist. Daraus wird aber nichts. Endstation ist dann der
Waldweg. Wir kehren um, stellen das Auto unten am Rathaus neben der Kirche ab.
Am Straßenrand. Irgendwie üblich hier. In jedem Ort stehen die Fahrzeuge am
Straßenrand, auch an den Hauptstraßen. Abbremsen und Umfahren. Abbremsen und
Umfahren. Schon lästig teilweise. Zurück zur Freudenburg. Hinter der Kirche
besteigen wir den Burgweg, die Treppe hinauf. Bringt jeden außer Atem.
Zwischendurch ab und zu stehen bleiben und den Blick genießen, das Angenehme
mit dem Nützlichen verbinden, Pausen, nur da kommt Freude auf, hinauf zur
Freudenburg. Oben angekommen erwartet jedem Kraxler die Burgruine. Seit 1656
wird sie wohnlich nicht mehr genutzt. Lang, lang ist es her. Trotzdem wird sie
noch genutzt. Im Inneren ist eine Stahlrohrtribühne aufgebaut. Aufführungen für
Festspiele und Theater finden hier statt. Tolles Ambiente. Auf den Mauern, die
Stadtmauer führt von der Burg in die Stadt, kann man sitzen, wie Prinz und
Prinzessin oder wie Hofnarr und Gesindel. Je nachdem, was man sein will. Der
Ausblick überragt einmal mehr. Traumhaft. Ich weiß, ich sag und schreib es
immer wieder. Ich wiederhole mich. Aber wenn es doch wahr ist?! Runterwärts
geht es schneller. Wie immer im Leben. Unten setzen wir uns noch für ein paar
Minuten an den Main. Sinnen über den heutigen Tag. Diskutieren über Eigenarten.
Schlussendlich raffen wir uns auf, wollen ins Hotel. Sind kaputt.
Von Baden Württemberg nach Bayern mit der
Fähre
Blick von der Fähre zum bayer. Ufer |
Unerwartet kommt dann doch noch ein
Highlight. Besonders heutzutage, für mich jedenfalls. Wir mussten auf die
andere Seite des Flusses. Keine Brücke, keine Möglichkeit, nichts. Doch dann
kam sie, nach 10 Kilometern. Durch Zufall. Wir hatten schon die Befürchtung bis
Wertheim gurken zu müssen. In Mondfeld gelangten wir mit der Fähre über den
Fluss. Die pendelt alle Minuten von einem zum anderen Ufer. Schnell mit dem
Auto drauf gefahren, 2,70 hat es gekostet. Geschippert wird sie von einem
Original. Der Kapitän, überspitzt formuliert, mit Latzhose und Hut, bringt uns
gekonnt hinüber nach Stadtprozelten, an das andere Ufer. Von Baden Württemberg
nach Bayern. Der Main bildet hier die Grenze zwischen beiden Bundesländern.
Zwischendurch hat er noch die Muse ein Foto von uns zu machen,
selbstverständlich mit Burg im Hintergrund. Die Henneburg ist das, eine
Burgruine. Generell ist es auffallend, dass es viele Burgen in dieser Region gibt,
speziell am Main. Strategisch gut gelegen, an den Hängen der Berge entlang des
Flusses. Gut zur Verteidigung, gut zum Angriff. Heute vorzeigbare Kulturgüter
dieser Landschaft. Über Altenbuch, dem Markt Eschau und Heimbuchenthal landen
wir wieder im Hotel. Duschen und Chillen.
Italiano
neben der der Kegelbahn
Gegen 7 gehen wir essen, in den Ort. Die
Pizzeria wartet auf uns, neben der Kegelbahn, mitten im Ort. Setzen wollten wir
uns in den Wintergarten. Leider war dort kein Platz mehr, kein Problem. Gut was
los hier. Innen erinnert es mich mehr an den spanischen Stil als an Italiano.
Das Essen war geschmacklich richtig gut, kann man nicht meckern. Wir haben uns
einmal Pizza mit Schinken und Salami sowie eine Grillplatte mit verschiedenen
Fleischsorten (von Pute bis Rind) und dazu Bratkartoffeln. Die Pizza war
reichlich belegt, das Fleisch war auf den Punkt und sehr zart, die
Bratkartoffeln würzig. Für die musste ich dann sage und schreibe einen Euro
mehr zahlen. In der Speisekarte waren sie mit Pommes ausgeschrieben. Die musste
ich nicht schon wieder haben. Nur um mir das mitzuteilen kam die Chefin
höchstpersönlich an unseren Tisch. Für mich unverständlich, hab ich so noch nie
gesehen. Generell fand ich die Chefin, die bediente, sehr unsympathisch. Es muss
nicht sein, dass man seine Bedienung vor Kundschaft zusammenstaucht, auch wenn
sie vielleicht einen Fehler gemacht hat. Schmälert das vorzügliche Essen.
Ändert aber nichts daran, dass wir gut genährt uns ins Bett legen und dem
Abreisetag fast schon entgegentrauern. Wie immer im Urlaub.
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