12 Oktober 2014

3000 Jahre Zadar (Teil 13)

 
 

Die Region um Zadar ist wohl eine der beliebtesten Urlaubsziele Kroatiens. Das Gefühl, dass jedes zweite Auto ein deutsches Kennzeichen besitzt, täuscht nicht. Mit dem nördlichen Istrien bietet es sich jährlich einen Wettbewerb um die Touristen.
Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts begann die Entwicklung der Hafenstadt zum Fremdenverkehrsort an der Adria. Heute ist Zadar ein Zentrum dieser Art in Kroatien.
Die Stadt im norddalmatischen Raum umfasst heute immerhin 75000 Einwohner. Der Tourismus bietet Ihnen ausreichend Arbeitsplätze. Die Menschen sind von diesem Wirtschaftszweig natürlich abhängig, das alte Thema. Trotzdem bringt es ihnen einen gesunden Lebensstandard und Wohlstand. Das ist das Wichtigste.
Der Check-In über das Internet gebuchte Hotelzimmer ist etwas konfus. Nicht das Einchecken, auch nicht das Hotel, das war sehr schick, sogar mit Pool. Das Zimmer war sehr komfortabel, wir bekamen mit stolzer Ankündigung ein Zimmer mit Balkon. Nur war der Preis eher das Problem, es herrschte keine Einigkeit darüber. Die Mitarbeiterin wollte uns 20 Euro mehr, als im Internet über booking.com angeboten und gebucht, abknöpfen. Es dauerte bis sie die Buchungsmail im System fand. Erst stürzte der Computer ab, dann funktionierte das WLAN nicht, welches so oder so nicht bei uns ging. Man zweifelt ja fast schon an sich selbst, obwohl wir uns hundertprozentig sicher waren. Doch irgendwann fand sie die Bestätigung. Wir hatten Recht. Eine Entschuldigung für die kleine Unannehmlichkeit erhielten wir, schob es aber weiter auf die Angestellte. Naja, seis drum. Kurz duschen, frisch machen und ab in die Stadt. Die ist circa 3 bis 4km Fußweg entfernt, also eine Dreiviertelstunde. Das Auto ist das geeignetere Hilfsmittel zu angebrochener später Stunde.

Zadars Altstadt ragt auf einer Halbinsel ins Meer hinein. Die breite und wuchtige Stadtmauer fällt von außen sofort ins Auge. Durch mehrere Tore wird sie durchbrochen und man gelangt so in die venezianisch geprägte Altstadt. Wir gehen über die lange Fußgängerbrücke, beleuchtet mit grellem Licht aus großen Leuchtröhren. Wenig venezianischer und historischer Charme. Das ändert sich auf der anderen Seite mit dem Einritt in den historischen Stadtkern . Das Straßenbild ändert sich schlagartig. Historisch, voller Charme, attraktiv und sehenswert sind die spontan treffenden Attribute.
Außen findet das einfache Leben dort statt. Mehrparteienhäuser, Geschäftsgebäude bestimmen die Szenerie unmittelbar am Festlandufer. Auch das ändert sich. Schnucklige Einfamilienhäuser haben die Überhand. Von Plattenbauten ist nicht übermäßig viel zu sehen. Fast schon Vorstadtcharakter. In den Balkons und Vorgärten hängt die Wäsche zum Trocknen. Die Motorroller knattern durch die Straßen. Die Bewohner gehen ihrer Arbeit nach, kommen von ihr nach Hause, lassen den Tag gemütlich ausklingen. Das südländische Flair macht sich auch in Zadar bemerkbar.
Innen, im Stadtkern, ist es fast umgekehrt. Es ist ganz schön Trubel. Die Touristen schlängeln sich durch die engen Gassen. Körper an Körper. Wahre Krebse sind unter ihnen. Durch das ganztägige Sonne und das nachlässige Eincremen mancher ziehen sie ihre Haut in Mitleidenschaft. Hautkrebs ole. Ich mache es aber nicht anders.
3000 Jahre History
Wir erreichen geradewegs den Volksplatz, zugleich einer der Mittelpunkte des öffentlichen Lebens.
Das Rathaus und das Renaissancegebäude der Stadtwache sind an jenem, insgesamt kleinen Platz beheimatet. An der Südseite des Platzes vervollständigt eine Loggia das stimmige Bild. Da kann man es sich getrost auf den Stühlen des ansässigen Restaurants bequem machen und sein Abendessen in charmanter Atmosphäre dort genießen. Tun auch einige.
Unser Magen hat sich auch schon zu Wort gemeldet. Das Letzte haben wir am späten Mittag gegessen. Jetzt ist es 21 Uhr. Daher ist es an der Zeit das Problem aus der Welt zu schaffen. In einem kleinen Innenhof in einer der verwinkelten Gassen werden wir fündig. Ruhig, abseits vom Trubel, stilvoll eingerichtet und kroatisch. Bei einer Grillplatte lassen es wir uns gut gehen.
Zurück in die Touristentraube auf die Flaniermeile namens Kalelega. Alle Gebäude wurden während des 2. Weltkrieges zerstört. Das merkt an. Zwar hat man versucht, die Ursprünglichkeit aus alten Tagen wiederherzustellen, gelungen ist das nur teilweise. Der Charme eines südländischen und kroatischen Küsten- und Touristenort geht nicht verloren. Links und rechts haben sich Modegeschäfte angesiedelt. Darunter die typischen Ketten, jedoch auch kleine und individuelle Boutiquen. Blickt man nach vorn, sticht einem das offizielle Wahrzeichen des Altstadtkomplexes ins Auge, die St. Donatius-Rundkirche. Benannt nach dem dem gleichnamigen Bischof aus dem 15. Jahrhundert, der für ihren Bau verantwortlich war. Ihr 27m hoher Glockenturm ragt in den Himmel und ist daher gar nicht zu übersehen. Keine Kathedrale, kein Dom, keine Basilika. Eine Kirche, trotzdem ist sie ein sehr repräsentatives Gotteshaus, wie üblich bei den Katholiken. Heute ist sie durch ihre klangvolle Akkustik ein beliebter Veranstaltungsort für Sommerkonzerte. Die Kirche wurde auf den Fundamenten eines alten römischen Tempels gebaut. Davon sind noch einige Mauerreste und Säulenfragmente neben der altkroatischen Kirche zum Anfassen zu sehen. Wir befinden uns am zentralen Hauptplatz Zadars. Forum heißt dieser. Der Name orientiert sich dabei an der römischen Bezeichnung für die wichtigsten Bereiche, auf denen sich das öffentliche Leben abspielte. Ein Indiz für die lange Geschichte Zadars. 3000 Jahre kann nicht jeder vorweisen. Die erste Siedlung entstand im 4. Jahrhundert, im Zeitalter des Stammes der Liburnen. Die Römerzeit ist heute noch sichtbar, das macht das Forum ganz deutlich und man war kein kleiner Fisch. Das symmetrische Straßennetz, Befestigungsanlagen, Tempel und Thermen wurden allesamt gebaut. Man erhielt den Status einer Kolonie römischer Bürger zu sein. Vom 10. bis zum 14. Jahrhundert wechselten sich die Besitzer ab. Mal die Kroaten, mal die Ungarn und dann mal wieder die Venezianer. Jeder durfte sich austoben. Endgültig kauften die Venezianer Dalmatien Anfang des 15. Jahrhundert. Zadar wurde zur Festung ausgebaut und damit zu einem Handels- und Verwaltungszentrum erhoben. Unter österreichischer Herrschaft war Zadar Hauptstadt des Königreiches Dalmatien. 3000 Jahre Geschichte voller Bedeutung. Gewaltig. Das spürt man sofort auf dem Platz.
Ebenfalls an dem zentralen Stadtplatz ist die Kathedrale der Heiligen Anastasia angesiedelt. Sie ist nach der Schutzheiligen der Stadt geweiht. Es ist die größte ihrer Art in Dalmatien. Ihr heutiges romanisches Aussehen erwarb sie im 12. Jahrhundert. Doch aller guten Dinge sind bekanntlich drei. Ein drittes Gotteshaus gibt es noch. Die Basilika der Heiligen Maria. Es ist nicht so, dass sie nur eine kleine Kirche oder eine Kapelle ist. Nein, nein. Je größer, desto besser. Ein dreischiffiger Kirchenbau im frühromanischen Stil, das im 10. Jahrhundert errichtet wurde. Wieder dieser hohe Glockenturm. Es wird geglotzt, nicht gekleckert. Ich finde es übertrieben. Es ist nicht gegen den Glauben an sich gerichtet, nur gegen den praktizierten Protz. Etwas Demut schadet an manchen Stellen nicht. Meine subjektive Meinung.
Im direkt angrenzenden ehemaligen Benediktinerinnenkloster wird die Dauerausstellung „Gold und Silber von Zadar“ gezeigt. Verschiedene Objekte, extrem wertvoll, der Kirchenkunst stammen teilweise aus dem 8. Jahrhundert. Darunter Kelche, Stickereien, Skulpturen, Wandteppiche, Schriftstücke oder Reliefs als Beweis aus vergangenem Reichtum. All das wurde von den Benediktinerinnen geschützt und aufbewahrt, überstand so die kriegerischen Phasen über die langen Zeiträume. Das ist fast einzigartig in Europa.
Eine Touristenattraktion an diesem historisch bedeutenden Platz ist noch zu erwähnen. Das Archäologische Museum, unmittelbar in Nachbarschaft zu den eben genannten Sehenswürdigkeiten, dokumentiert die Entwicklung der Region um Zadar von der Steinzeit bis zum Mittelalter. Mehr als 80000 Exponate werden ausgestellt. Für das Besucherhirn kaum greifbar. Ist nicht unser Thema. Daher besuchen wir es nicht. Zu spät ist es außerdem.
Das Meer können wir schon sehen. Klar, dass es uns die wenigen Metern dorthin zieht. Die Faszination ist zu groß. Wir könnten stundenlang hinausschauen.
Mittlerweile dämmert es, die Lichter gehen an und beleuchten kunstvoll historische und sehenswerte Bauwerke.
Unser Highlight Zadars
Die Menschen strömen zur Meeresorgel. Für mich stellt sie die Attraktion Zadars dar, trotz der Massen an Leuten ist es ein Ort der Entspannung, speziell in den Abend- und Nachtstunden. Durch Wellenbewegungen des Meereswassers wird Luft in die betonierten Orgelpfeifen gepresst und dadurch entstehen klangvolle Töne, je nach Wellengeschwindigkeit oder Größe der jeweiligen Pfeifen. Ein Architekt namens Nikola Basic hat dieses kunstvolle Instrument erschaffen. Ein genialer Typ. Wir setzen uns auf die zahlreich vorhandenen Stufen, schauen auf das Meer hinaus, sehen in der Ferne die Lichter der gegenüberliegenden Insel und hören die beruhigenden Töne der Meeresorgel zu. Eine entspannende Atmosphäre. Automatisch vergehen die Minuten ohne das man sie registriert. Ideal für Romantiker, für verliebte Pärchen. Aber auch für diejenigen, die das nicht sind. Jedem beschleicht in diesem Moment ein Gefühl der Glückseligkeit.
Nebenan sorgt eine weitere Attraktion für Furore. Geniale Lichteffekte geben bei Eintritt des Sonnenuntergangs ein eindrucksvolles Spektakel ab. Lichtelemente setzen in verschiedenen Farben gleichzeitig oder abwechselnd ein. Wirklich futuristisch. Je dunkler es wird, umso greller, umso bestimmender kommen die Farben zur Geltung. Wir stellen uns punktgenau in die Mitte des 22m Durchmesser umfassenden Kreises. Unter uns spielen die Lichtelemente miteinander, die Farben verändern sich blitzschnell. „Gruß an die Sonne“ heißt es. Wie die Meeresorgel von Nikola Basis geschaffen. Es besteht aus dreihundert mehrschichtigen, kreisförmig angeordneten Glasplatten, ist der Form eines Amphitheaters nachempfunden. Rundherum sind auf Steinwürfeln die Planeten unseren Sonnensystems dargestellt. Von Neptun bis zum Pluto. Beides zusammen ist für uns die Sehenswürdigkeit Zadars. Von der nördlichsten Spitze der Altstadthalbinsel laufen wir die Promenade, die Riva, in Richtung Süden, zum prachtvollen Sitz der Universität der Stadt. 2003 wurde sie erst gegründet, ist also noch recht jung.
Wir laufen durch die Straßen und Gassen der Altstadt. Vorbei an kleinen Kirchen. Unzählige gibt es davon. Viele Restaurants und Bars haben geöffnet. Wir sind pappsatt. Der Bauch platzt bald und dann noch dieser Geruch von Essen. Das kann nicht immer verlockend sein. Trinken wollen wir auch nichts, dafür haben wir keinen Trend mehr. Hotels sind eher selten im Stadtkern zu sehen. Einige Apartments sind ausgeschildert, die sind jedoch nur zu Fuß zu erreichen. Die Hotels mit den 3,4 oder 5 Sternen sind im Nachbarviertel.
Der Fünf-Brunnen-Platz ist ein Zeugnis der alten Wasserversorgung aus dem 16. Jahrhundert. Heute ist es ein Park, der erste öffentliche in Dalmatien. Eine große Zisterne mit fünf Brunnen wurde aus Schutz vor Angriffen der Türken errichtet. Man musste das Wasser sichern. Ohne Wasser kein Leben. Das gilt bekanntlich heute noch. Bis ins 19. Jahrhundert wurde so die Versorgung gewährleistet. Das Landtor aus venezianischen Tagen grenzt sozusagen die Altstadt von der „Außenwelt“ ab. Es ist der Haupteingang, früher wie heute. Geht man hindurch, steht man inmitten einer grünen Oase. Der Vladimir-Nazor-Park ist der größte seiner Art in Zadar. Er liegt auf der Oberseite der alten Zitadelle. Man hat einen fantastischen Blick auf das gegenüberliegende Festland. Dort, wo die Menschen Zadars leben.
 
Zadar ist das Zentrum Norddalmatiens, in jeder Hinsicht. Kulturell, wirtschaftlich, administrativ. Infrastrukturell ist es perfekt ausgebaut. Direkte Anbindung zur Autobahn, wie eingangs erwähnt, lebt der Ort von den Touristen. Attraktionen gibt es genügend. Überreste der Jahrtausend alten Historie sind nicht zu übersehen, auch wenn mich die Schönheit und das Flair der Stadt nicht vollständig überzeugt. Sie steht im Ranking hinter Split oder Trogir. Nichtsdestotrotz geht es nicht darum. Nicht ohne Grund strömen Jahr für Jahr die Urlauberin die Stadt und den umliegenden Ortschaften. Zadar hat außergewöhnliche Alleinstehungsmerkmale.
Die Nähe zu den Nationalparks Paklenica, Krka, Nördlicher Velebit, Kornaten und den Plitvicer Seen ist so eines. Ganze fünf sind das.Viele schöne Steinstrände machen Lust und Spaß auf bzw. beim Sonnenbaden und Schwimmen im kristallklaren Wasser des adriatischen Mittelmeeres. Darum ist dieses Seebad auch so beliebt, bei tausenden Urlaubern jährlich.

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