Die Reiseroute führt uns in die zweitgrößte Stadt Kroatiens. Split. Die inoffizielle Hauptstadt Dalmatiens. Mir war es vor allem durch seinen Fußballclub ein Begriff. Hajduk Split. Bekannt für seine leidenschaftlichen und beinahe fanatischen Anhänger. Sie leben den Verein. Doch die Stadt ist bedeutend mehr als nur das.
Split befindet sich an der dalmatischen Adriaküste im Süden Kroatiens. Eingekesselt von den Gebirgszügen des Peruns, des Kozak und des Mosors liegt sie geschützt auf einer Halbinsel. Regentage sind eher nicht an der Tagesordnung. Die Sonne scheint ganzjährig, somit sind die Temperaturen auch im Winter sehr angenehm. Von weitem, auf der Fahrt in die Stadt, sieht man die Plattenbauten. Aneinandergereiht. Sie sind nicht mit jenen von Rijeka, die wir dort gesehen haben, vergleichbar. In Split sind sie moderner, renoviert und daher versprühen sie nicht diesen strukturarmen osteuropäischen Charme, wo man immer dass Gefühl hat, das man selbst reich ist und die anderen wohlstandslos sind. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil. Immerhin gilt es für ungefähr 220000 Menschen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Einwohnerzahl ist Split die zweitgrößte Stadt Kroatiens. Nur die Hauptstadt Zagreb ist größer. Die Stadtgrenze vermischt sich fast fließend mit denen von Solin, der unmittelbaren Nachbarstadt.
Damit hat die Stadt eine besondere
Bedeutung für die Einwohner, für die Region und für das gesamte
Land.
Verkehrsknotenpunkt.
Wirtschaftsstandort. Kultur- und Bildungszentrum. Split hat alles zu
bieten. Durch die Lage am Meer verfügt der Hafen und seine Industrie
über einen enormen Stellenwert. Er schafft unzählige Arbeitsplätze.
Der Schiffsbau spielt die zentrale Rolle. Reedereien und Werften
kümmern sich um große und kleine Schiffe. Yachthäfen bieten
Andockmöglichkeiten für die Luxusschiffe der Reichen. Der Hafen ist
ein wichtige Knotenpunkt des kroatischen Raums auf dem Wasser. Nicht
nur die mitteldalmatischen Inseln werden von damit den verschiedenen
Verbindungen, sie sind teilweise der einzige Kontakt zur
festländischen Außenwelt aus angesteuert, sondern es legen Schiffe
in die Metropolen der Adria ab. Andersherum wird Split als Ziel immer
attraktiver, die Kreuzfahrtdampfer steuern vermehrt an. Der
Fremdenverkehr ist der zweitwichtigste Wirtschaftszweig in der Stadt.
Jeden Tag strömen Touristen und Ausflügler in die Altstadt. Sie
wollen das seit 1979 geschützte Herzstück Splits, der innere
Altstadtkern, besuchen. Wie wir auch. Unseren Stadtrundgang
beginnen wir am Dominikanerkloster. Dort fanden wir problemlos einen
Parkplatz. So problemlos wie die Fahrt ins Zentrum. Entspannter
Verkehr, ohne Drängeln und Hupen. Das hätte ich vorher nicht
erwartet.
Wieder dieses Markttreiben. Wieder
dieses Anpreisen der Ware. Dieses gegenseitige Unterbieten. Wieder
dieses Gemüses, Obst, dieser Fisch, diese Blumen, diese Gewürze.
Wieder diese Qualität, diese Frische. Endlos. Dieser Markt geht eher
in die Formen eines Basars über. Kleidung, Haushaltsutensilien,
Souvenirs . Alles mögliche wird angeboten. Das gleiche Szenario
findet jeden Tag statt. Container, Verkaufsstände und Steinblöcke
zur Präsentation der Waren sind fest installiert, gehören somit zum
festen Bestandteil des täglichen regen Trubels auf dem Handelsplatz.
Wir befinden uns an der östlichen
Seite der Altstadt. Die riesigen Dampfer sind schon im Hafen zu
sehen. Dort wollen wir erstmal aber nicht hin. Es wird uns früher
oder später sowieso ans Wasser ziehen. Die Stadtmauer, die die
historischen Gebäude umgibt, versprüht auf den ersten Blick bereits
historischen Charme. An manchen Stellen steht sie etwas bröckelig,
teilweise sind große Teile des Mauerwerks herausgefallen. Durch das
Silbertor, die Porta Argentea, betreten wir das historische Zentrum
Splits. Wir biegen links ab, bewegen uns unbewusst Richtung
Uferpromenade und damit zum Meer. Nach wenigen Metern sehen wir das
hellblaue Wasser. War ja klar. Wir gehen an der Promenade entlang,
der Blick auf die See gerichtet, vorbei an Souvenirläden,
Schmuckgeschäfte und Boutiquen. Plötzlich bleiben Menschen vor
einem Eingang stehen, treten hinein. Wir tun es ihnen nach. Es ist
der Eingang zum Komplex des Diokletianspalast. Allein er nimmt einen
erheblichen Teil der östlichen Hälfte der Altstadt ein. Es die
Mitte des Zentrums, die Keimzelle der Stadt. In der unterirdischen
Gewölbepassage haben sich Künstler mit ihren Ständen breit
gemacht. Bilder, Gemälde, Skulpturen oder verschiedenste Glaskunst
kann käuflich erworben werden. Natürlich darf man die
Souvenirhändler nicht vergessen. Von der Postkarte bis zu kleinen
Figuren ist die Palette des Angebots sehr vielfältig. Unterhalb des
Palastes existiert noch in der heute ein verzweigtes Tunnelnetz.
Natürlich besteht die Möglichkeit, ein Teil davon zu besichtigen.
Kostet aber, die beiden Abkassierer warten schon. Die
Touristengruppen stehen hier drinnen, hören aufmerksam ihren Guides,
die farbige Regenschirme zur Orientierung in die Höhe halten, zu.
Entweder über Kopfhörer oder über Lautsprecher. Ersteres ist immer
von Vorteil, für einen selbst vor allem. Sonst kann es schon mal zu
einem Wirrwar aus unterschiedlichsten Sprachfetzen. Es ist dunkel.
Nur kleine Leuchten geben Licht und Orientierung. Am Ende des Ganges
gibt das grelle Tageslicht den weg vor, wohin es gehen soll.
Allerdings ist das nicht der einzige Ausgang aus der Dunkelheit. Ein
Abzweig geht nach rechts. Wir steigen die Treppenstufen hinauf in
die „erste Etage“ des Palastes. Touristengruppen laufen langsam
vor uns. Die betagten Leute kämpfen mit sich und der Hitze. Die
Wasserflasche immer in der Hand. Nur noch die Raumformen und
Grundrisse sind heute vorhanden. Möglicherweise befanden sich zu
Kaiser Zeiten seine Wohngemächer in diesem teil dieses monumentalen
Bauwerks. Durch die Fensterausschnitte an der Südseite kann man den
Blick auf das Meer genießen, das geschäftige Treiben an der
Uferpromenade inklusive. Die Sonne brennt herunter, in der
Mittagszeit fällt das Thermometer nicht unter dreißig Grad. Wir
gehen wieder zurück, die Treppen hinunter in den Lichtkegel, der uns
vorhin schon angestrahlt hat.
Wir gelangen in den
rechteckigen, offenen Säulenhof, Peristyl ist sein offizieller Name.
Seine Konstruktion mit den an allen Seiten umgebenden durchgehenden
Säulenhallen, ist ein typisches Beispiel für die antike
Architektur der Griechen und Römer. In Fall des Diokletianpalastes
ist es das Römische. Die Touristen sitzen im Schatten auf den
Treppenabsätzen aus Marmor und betrachten das rege Leben, machen
Pause vom Sightseeing.
Richtet man die Augen nach oben gen
Himmel, sieht man den freistehenden Glockenturm der Kathedrale St.
Domenicus. Der Turm ist begehbar, für 10 Kuna pro Person. Wir nehmen
die Anstrengung in Kauf, somit auch die Gefahr zu schwitzen. Es ist
durchaus beschwerlich, die Stufen sind nur unregelmäßig. Eher zu
hoch für uns. Power in den Beinen ist gefragt. Im oberen Teil ist
eine Eisenkonstruktion zur Erklimmung installiert. Für Menschen mit
Höhenangst heißt die Devise, nicht nach unten zu schauen. Lässt
man etwas fallen, schlägt es 40m tiefer auf. Der Weg in die Höhe
lohnt sich trotzdem. Eine unvergessliche Aussicht bekommt man als
Entschädigung geboten. Die Dächer der geschützten Altstadt, die
Plattenbauten, das Meer, das Hinterland. Selbst Trogir ist zu sehen.
Traumhafte Kulisse. Wir machen Bilder über Bilder. Es lässt sich
aushalten, auch dank des wehenden Windhauchs. Auf dem Weg hinunter
gilt besondere Vorsicht, sonst hat man ein Erlebnis der negativen
Art. Fällt man, rutscht man aus, dann landet man hart. In eine der
„Gucknischen“ brütet eine Vogelmama ihre Eier aus. Die sind
bereits geschlüpft und haben das Licht der Welt erblicken.
Auf Meereshöhe wieder angekommen, wollen wir selbstverständlich die Kathedrale besichtigen. Wollten wir. Für den Zugang zur Krypta wird Eintritt verlangt, für den Innenraum der Kathedrale ebenso. Alles in allem macht das über 50 Kuna, pro Person. Da ist uns die Lust vergangen. Der finanzielle Rahmen, jedes kostenpflichtige Bauwerk zu besuchen, fehlt zugegebenermaßen.
Nichtsdestotrotz ist es ein
beeindruckendes Gotteshaus. Die Größe ist gewaltig. Baumeister war
Juraj Dalmatinac, der der die Kathedrale von Sibenik entwarf. Bis ins
6. Jahrhundert diente die Kathedrale als Mausoleum des
allgegenwärtigen Kaiser Diokletian.
Eine lange Geschichte prägt diese Stadt. Kaiser Diokletian bestimmte das Geschehen im 3. Jahrhundert, ließ die bereits erkundeten Monumente bauen. Nach seinem Ableben nutzten die Römer Split als Verwaltungseinheit. Im 10. Jahrhundert gelang das damalige Spalatum in kroatischen Besitz, ehe man sich den Venezianer unterwarf. Immer wieder wechselten die Besitzer. Ab dem 16. Jahrhundert musste man sich osmanischen Eroberungsversuchen erwehren. In unzähligen kämpferischen Auseinandersetzungen blieb man standhaft. Mit dem Ende der Republik Venedig durch Napoleon , bekam die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie das gesamte Dalmatien zugesprochen. Damit auch das heutige Split, dass viele Namensänderungen wie Spalato oder Spalatum über sich ergehen lassen musste.
Unser Rundgang führt uns nördlich weiter, geradeaus zur Porta Aurea, im deutschen Goldenes Tor, einem Stadttor. Dort, außerhalb der Stadtmauern, steht die 10m hohe Statue des kroatischen Bischofs Gregor von Nin. Scheint ein bedeutender Mann für das Land gewesen zu sein. Seine Zehen sind im Laufe der Jahrzehnte blank poliert. Jede Berührung seiner Füße soll Glück bringen. Alte Reste von Grundmauern sind einzelne Fundstücke archäologischer Ausgrabungen. Wieder ein Hinweis auf die antike Bedeutung.
Entlang der Mauer spazierend, treffen
wir auf die kleine Kirche St. Arnir und seinem Glockenturm. Ihnen
gegenüber ist das Kunstmuseum beherbergt. Der Brunnen am Eck gibt ermöglicht uns leichte Abkühlung. Am Glockenturm schwenken
wir wieder hinein,
in die engen Gassen, teilweise sind sie kaum zwei
Meter breit. Restaurants, Boutiquen, Souvenirgeschäfte,
Süßigkeitenläden, kleine Supermärkte reihen sich in den
Geschäftsräumen der alten Gemäuer aneinander. Der Supermarkt kommt
genau zur richtigen Zeit. Wir brauchen etwas zwischen den Kauleisten
und Flüssigkeit. Die Hitze erschöpft uns, den Körper und den
Geist. Wasser und Kekse holen wir uns für den schnellen Verzehr. Tut
gut und war bitternötig.
Am Ende der Gasse kommen wir am
Eisernen Tor heraus, dem vierten Stadtportal des inneren Komplexes.
Der Narodne Trg, der Nationalplatz, liegt bereits außerhalb der
Stadtmauern. Nicht nur er präsentiert sich in einem modernen
Ambiente, der die antike Tradition nicht vergisst. Beides wird
miteinander in Einklang gebracht. Restaurants und Cafes säumen den
Platz, Einheimische und vor allem Touristen belagern ihn. Geht man
durch die Straßen und Gassen, sieht man das moderne Bild einer
kroatischen Großstadt. Läden der großen und bekannten europäischen
Modeketten, aber auch kleinere Boutiquen und Schmuckläden verleiden
zum Shoppen und Bummeln.
Die Markthalle ist nur ein Steinwurf
entfernt. Die Händler sind dabei, ihre sieben Sachen
zusammen zu packen. Restbestände gibt es nur noch. Dafür spottbillig.
Frische Waren werden jeden morgen in und vor der Halle angeboten. Der
Fischgeruch liegt beißend in der Luft. Die ultraheiße Sonne tut ihr
Übriges. Irgendwie unangenehm.
Wie eingangs erwähnt, gibt es für die
Bewohner Splits und deren aus der Umgebung es eine Passion. Eine
Liebe. Die Anhänger dieses Vereins sind europaweit für ihr
feuriges Temperament, für ihr bedingungsloses Mitfiebern und ihre
leidenschaftliche Fankultur bekannt. HNK Hajduk Split. Der Verein
wird heiß geliebt, bei Heimspielen zünden sie Pyrotechnik, sorgen
für einmalige Stimmung. Diese Liebesbekundungen sieht man an manchen
Straßenecken. Der Name des Vereins ist grafitigesprayt häufig zu
lesen.
Wer Lust auf einen Museumsbesuch
verspürt, kann sich die früher kroatische Geschichte im Museum
Kroatischer Archäologiedenkmäler ansehen. Einfach die Promenade
entlang laufen, dann kann man es gar nicht verfehlen. Auch die
Galerie des in Split wirkenden Bildhauers Ivan Mestovic interessiert
vielleicht manchen. Beides nicht unser Ding.
So chillen wir lieber an der Uferpromenade. Die Bank im Schatten ist ideal dafür. Ideal für den Blick hinaus auf das strahlend blaue Meer. Hinter uns liegt eine Großstadt Kroatiens. Eine fantastische Großstadt mit Zeugnissen einer Jahrtausende alten Geschichte. Sie geben Split noch heute diesen antiken Charme. Aber es nicht nur das. Split verkörpert eine hohe Lebensqualität. Es verbreitet Lust und Spaß hier zu leben. Die Menschen leben das. Das spürt man auch als Tourist nach wenigen Stunden.
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