Über 260 Autobahnkilometer liegen
hinter uns. Es geht nun von Tag zu Tag nördlicher. Die Tage unseres
Urlaubs werden weniger. 20 km nördlich von Split ist Trogir unsere
nächste Station auf unserem Trip durch Kroatien. Die schmucke
Hafenstadt im mitteldalmatischen Raum zählt 130000 Einwohner. Erneut
haben wir am Vortag ein Appartement gebucht. Mitten in der
geschützten Altstadt, UNESCO-geschützt. Ein Mann in den
Mitfünfzigern gewährt uns Einlass, erklärt uns mit äußerst gutem
Englisch wiederholend sämtliche Details zur Unterkunft, sei es mit
den Schlüsseln, mit den zu verschließenden Türen oder der eigens
zur Verfügung stehenden Parkkarte. Fast übervorsichtig. Trotzdem
sehr sympathisch. Wenn er seine krabbelnde Enkelin auf dem Boden
kriechen sieht, erfasst ein breites Lächeln sein Gesicht. Die Augen
sind nur noch auf das süße Mädchen gerichtet. Die Liebe und der
Stolz in ihm hat enorme Strahlkraft.
Das Zimmer ist nett eingerichtet. Das
Bad sehr sauber, das Bett bequem, das WLAN funktioniert sogar. Lange
werden wir uns nicht aufhalten. Die Stadt ruft.
Streifzug durch geschütztes Gebiet
Der Stadtkern ist nicht allzu groß,
flächenmäßig eher klein. Dennoch brilliert er mit einem
bemerkenswerten Charme. Es gibt keine herausragenden Bauwerke, kein
spektakuläres Monument, welches hervorsticht. Die Gesamtheit des
Ensembles ist der Star, das macht die Schönheit dieser Hafenstadt
aus. Darum zählt sie seit 1997 zum Weltkulturerbe der UNESCO, als
besonderes Beispiel romanisch-gotischer Kultur. Nicht nur das ist von
erwähnenswerter Besonderheit. Der Altstadtkomplex liegt auf einer
Insel. Mittels einer eher schmalen Steinbrücke, sodass zwei Autos
gerade so nebeneinander passen, ist sie im Norden mit dem Festland
verbunden.
Wir gehen durch enge verwinkelte
Gassen. Wer denkt, man muss kilometerweit zu Fuß laufen, um die
Altstadt zu erschließen, der irrt sich. Schnell stößt man links
und rechts auf Wasser. Kurze Wege kennzeichnen sie. Die kleinen
Häuser sind allesamt sehr gut erhalten. Mit ihren verschiedenen
Stile der Renaissance, Gotik, Romanik und des Barocks versprühen sie
wunderbar diesen historischen Charme. Der Hauptplatz im östlichen
Teil des Stadtkerns ist sozusagen das Herz. Die monumentale St.
Laurentius-Kirche sticht besonders hervor. Mit ihrer Errichtung wurde
bereits im 13. Jahrhundert begonnen, die Fertigstellung zog sich
jedoch über Jahrzehnte hinweg, im 15. Jahrhundert wurde sie
vollendet. Dadurch ist sie durch die verschiedenen Architekturstile
im Laufe der Jahre geprägt. Das Hauptportal soll von besonderer
Bedeutung sein, es wurde nämlich von Radovan aus Stein geschnitzt
und erschaffen. Rechts daneben ist Stadthalle zu finden. Der Palasta
Lucic, der Fürstenpalast, ist ein weiteres Bauwerk mit
beträchtlichem Alter, es entstand im 13. Jahrhundert. Dort ist heute
das Rathaus beheimatet. Gegenüber säumt die Stadtloggia mit dem
Glockenturm aus dem 15. Jahrhundert den Hauptplatz. Der Justizpalast,
das Stadtmuseum sowie der Groß- und Kleinpalast Cipiko runden das
Gesamtbild dieses historisch wertvollen Areals stimmig ab. Wie
bereits teilweise erwähnt, existieren alle Gebäude minimum seit dem
15. Jahrhundert, bemerkenswert und prachtvoll. Zurecht sind sie von
der UNESCO geschützt. Durch das südliche Stadttor erreichen wir die
Uferpromenade. Zahlreiche Sitzmöglichkeiten laden mit Blick auf die
benachbarte Insel Ciovo zum Verweilen ein. Uns noch nicht, später am
Abend ja. Über die Klappbrücke, die ihre Aufgabe nicht mehr
erfüllen muss, gehen wir hinüber. Es ist kein Muss, pure Neugier
treibt uns. Wir schauen uns etwas im vorderen Teil der Insel um, der
vom ganz normalen kroatischen Leben geprägt ist. Keine Hotels, keine
herausgeputzten Häuser, nur einige
Schnellimbisse. Die Bewohner
knattern mit ihren Rollern durch die engen Straßen. Wir folgen einem
ausgeblichenen und nicht mehr lesbaren Schild, der uns zum Strand
weist. Der Abgang ist genauso wie das Schild. Verwaist, verwahrlost. Gras und Unkraut wachsen aus den Fugen heraus, der Weg ist steinig.
Man muss aufpassen, nicht umzuknicken oder zu stolpern. Unten am
Wasser angelangt, wird dies nicht anders. Es scheint einmal ein
Strandbad gewesen zu sein, mit Bootsverleih, Toiletten und
Imbissverkauf. Heute ist alles leer, vollgemüllt und zugewuchert. Um
gute Fotos bei den einfallenden warmen Sonnenstrahlen zu schießen,
reicht es dennoch aus. Fotoshooting. Wundervolle Bilder entstehen.
Eine halbe Stunde später überqueren wir wieder die bereits erwähnte
Klappbrücke, die die beide Inseln, die Altstadtinsel Trogir und die
Insel Ciovo, miteinander verbindet. Man spürt jede Bewegung auf der
Brücke. Sei es wenn ein Auto darüber fährt oder man selbst einen
Luftsprung macht. Das beängstigt manche, uns nicht.
Wir gehen an der Uferpromenade entlang.
Bars und Restaurants sind mit Urlaubern gefüllt. Hauptsächlich
Familien besuchen diesen kleinen und feinen Urlaubsort. Sie sieht man
in Mannschaftsstärke herumschlendern. Die Kids nerven ihre Eltern
mit Sonderwünschen, dürfen natürlich länger als gewohnt wach
bleiben. Werdende Eltern haben die Region um Trogir ebenfalls als
erholsames Reiseziel für sich entdeckt. Auffällig die kugelrunden
Bäuche der schwangeren Frauen. Kein Wunder, wer Halligalli und Party
nonstop erwartet, ist hier mit Sicherheit an der falschen Adresse.
Ruhe, Erholsamkeit, Beschaulichkeit sind die zutreffenden Attribute.
Lang ist sie nicht, die Promenade,
maximal 350m. An deren Ende treffen wir auf die Festung Kammerlengo.
Weniger spektakulär. Ein viereckiger Bau aus dem 15. Jahrhundert,
der wahrscheinlich vorwiegend zur Verteidigung der Stadt diente.
Angeblich war sie schon im 3. Jahrhundert vor Christus bereits
bekannt, unter dem Namen Tragurion. Sie verlor jedoch ihre Bedeutung,
gerade durch die nahe gelegene Stadt Salona, das heutige Solin, nur
15km von Trogir entfernt. Die Kroaten besiedelten ab dem 6.
Jahrhundert die unabhängige Stadt, die mittelalterliche Kultur
begann zu blühen. Die Venezianer prägten die Stadt ab 1420 für
viele viele Jahrzehnte. Um genau zu sein bis 1797, dem Niedergang
Venedigs. Der Fortschritt innerhalb der Stadt wurde radikal
gebrochen, sie wurde von den Venezianer im Laufe der Zeit eher
verwüstet und verwahrlost. Die Österreicher rissen es sich unter
die Nägel, bis zum Ende des Ersten Weltkrieges.
Im Inneren des geschützten
Zentrumkomplexes findet man immer das gleiche Bild vor. Eng,
verwinkelt, gepflegt, renaissancistisch, gotisch. An der
Dominikanerkirche mit dem angrenzenden ehemaligen Kloster gelangen
wir wieder zur Uferpromenade. Sie bestimmt das Leben, nicht der
historische Platz mit Kathedrale und Stadtloggia mit Glockenturm.
Darum setzen wir uns, mal wieder. Mit einer Dose Karlovacko in der
Hand, die wir zuvor noch in einem Mini-Supermarkt kauften. Damit
lassen wir uns es gut gehen. Der Körper schaltet ab, man erholt
sich. Das sind Momente, die man immer haben möchte. Eine gewisse
Zufriedenheit und Glückseligkeit macht sich für ein paar Minuten
breit. In der Zwischenzeit ist es dunkel geworden, die Gebäude
geschmackvoll mittels Beleuchtung inszeniert. Straßenverkäufer
versuchen ihren Klimbim an die Urlauber zu bringen. Neben gesammelten
Muscheln auch leuchtende Propeller, die man in die Luft schießen
kann und wieder fangen kann. Sollen sie nur machen, ist ja in
Touristenorten an der Tagesordnung. Wenn aber Kinder, im Alter von 10
bis 15 Jahre, bis spät in die Nacht diese Sachen verticken, nach
jedem verkauften Teil das Geld beim „Vorgesetzten“ im
jugendlichen Alter abliefern, hört der Spaß auf. Das ist
Kinderarbeit. Sehr fragwürdig, dass das toleriert von kroatischen
Ordnungskräften wird. Aber der Erfolg gibt ihnen recht, die Menschen
kaufen es. Ebenfalls sehr fragwürdig. Da zweifelt man am gesunden
Verstand.
Ein spannender und ereignisreicher Tag
neigt sich dem Ende zu. Der Körper und der Geist mögen heute nicht
mehr so recht. Die Anstrengungen, das Unterwegssein spürt man an
sich am Abend deutlich. Zufrieden gehen wir in die Ferienwohnung,
legen uns nach einem Mitternachtssnack nieder und schlafen rasch ein.
Markttreiben
Der nächste Tag hat uns schnell
wieder. Gegen neun Uhr wachen wir auf. Immer das gleiche Prozedere.
Frisch machen, frühstücken und die Habseligkeiten zusammenpacken.
Durch den Park Fortna gehen wir über
eine Kanalbrücke zum Auto, welches wir gestern nördlich der
Altstadt nahe unserer Unterkunft parkten. Kostenlos dank unseres
Gastgebers. Der Park ist aber nicht wirklich einer. Ich würde es
eher als grünen Flecken bezeichnen. Das Ende bildet der St. Marko
Turm. Die Sonne blecht herunter, sie brennt auf der Haut. Und das
morgens bereits. Ein heißer Tag mit Temperatur jenseits der 30 Grad
steht uns bevor. Fast schon Gewohnheit.
Es herrscht ein reges Treiben auf den
Straßen und Gehwegen. Autos, Roller und Menschen verstopfen sie
beinahe. Sie strömen zum Markt. Händler bieten ihre frischen Waren
an. Obst, Gemüse, Fisch, Blumen und Gewürze. Ihre Gerüche werden
nur von den stinkenden Benzin- und Dieselmotoren der Lkws,
Reisebusse, Autos und Motorroller übertönt. So ist auch Kroatien.
Das gleiche Bild werden wir anderswo auch sehen, mit Sicherheit. Nur
nicht in dieser mitteldamatischen Stadt, die durch ihre Highlights
eine der Perlen der Adriaküste ist, weit vor bekannten und beliebten
Touristenorte Kroatiens.
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