Irgendwie geht der Name hinunter wie Öl. Spindlermühle, tschechisch Spindleruv Mlyn. Es hat einen Hauch von Glanz und Schönheit. Von Prestige.
Es ist das Zentrum des Riesengebirges.
Der beliebteste Ort. Wer das Riesengebirge meint, nennt im gleichen
Atemzug den Ort, den wir nun besuchen. Für zwei Nächte.
Hotels, Pensionen und Unterkünfte gibt
es en masse. Klar, ein Touristenort mit 1000 Einwohner. An den
Berghängen und im Zentrum tummeln sie sich. Die exklusivste Lage ist
sicherlich in der Stadtmitte oder am Berghang mit freien Blick über
dem Tal. Dementsprechend höher der Zimmerpreis pro Nacht. Durchaus
mondän.
Apropos Tal: Am Ende eines solchen liegt besagtes Spindlermühle. Umgeben von den Bergen des Riesengebirges, in einer Höhe von 700m. In die nächsten Stadt Vrchlabi sind es über 15km. Verbindung zur „Außenwelt“. Dort ist auch der nächste Supermarkt zu finden. Dafür gibt es Restaurants. Nicht wenige stehen zur Auswahl. Für eines haben wir uns entschieden. Die perfekte Wahl. Das Backhuus-Steakhouse ist wirklich vortrefflich. Die Tomatensuppe ein Traum, cremig und mild. Das Rumpsteak mit gebackenen Kartoffeln noch besser. Die Liebe zum Detail und die Leidenschaft zum Kochen spiegelt sich im Geschmack wider. Mehr als nur ein Geheimtipp.
Das kleine Zentrum. Direkt an der Elbe.
Zentrum ist zu viel gesagt, Ortsmitte trifft es eher. Hotels und
Restaurants bestimmen es entlang der Elbe. Einige sind verlassen,
haben geschlossen. Ganze Appartements, Unterkünfte für Touristen
und Angestellte der Gewerbe sind dunkel. Keine Menschenseele, kein
Licht brennt, kein Auto davor. Es ist eben keine Saison.
Eine kleine Miniparkanlage, eher ein
mittelgroße Wiese, sorgt für ein gepflegtes Grün. Ein
Holzmännchen, als Bergmann dargestellt, schiebt symbolisch einen
Karren vor sich hin. Ein Indiz für die Erzförderung im 18.
Jahrhundert.
Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte
sich der Tourismus mehr und mehr. Vorrangig im Gesundheitssektor.
Franz Kafka, der geniale Schriftsteller des Expressionismus, kam zur
Kur in das kleine Spindlermühle. Januar 1922 war das. Hier begann er
an einem seiner berühmten Werke, „Das Schloss“. Heute spielt der
Tourismus allgemein die wichtigste Rolle für die Einwohner. Sommer
wie Winter. Aktive Erholung in der Natur steht für die Urlauber im
Vordergrund. Wandern oder Mountainbiking in den warmen Monaten,
Skifahren für die kalte Jahreszeit. Die Talstation liegt bequem
unmittelbar im Stadtgebiet, nahe dem Zentrum. Deren Abfahrtspisten,
vermutlich die besten im Riesengebirge, sind leider noch nicht in
Betrieb. Der Schnee fehlt. Kunstschnee kann bei Plusgraden von bis zu
6 Grad ebenfalls nicht produziert werden. Schade. Auf den ersten
Blick sind die Hänge zwar kurz, aber durchaus anspruchsvoll. Nicht
vergleichbar mit den Pistenkilometern der Hochgebirge, für ein
Kurzurlaub sicherlich ausreichend.
Die Elbe, hier im tschechischen Gebiet
heißt sie Labe, fließt mitten durch den Ort. Ein kleines, quirliges
Flüsschen. Kaum vorstellbar, wenn man bedenkt, welch riesiger und
bedeutender Strom sie im weiteren Verlauf von hunderten Kilometern
wird. Am Eingang von Spindlermühle staut sie die Elbtalsperre.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sie zum Hochwasserschutz
eingeweiht. Dringend notwendig, bei den Wassermengen die zur
Schmelzzeit von den Bergen herunterfließt. Heute fasst sie eine
überschaubare Menge. Die Quelle der Elbe liegt auf dem
Gemeindegebiet Spindlermühle.10km entfernt. Keine Straße führt
dorthin, nur Wege, Wanderwege. Ein Ziel, das wir im Auge haben, für
den nächsten Tag.
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