28 April 2014

Weißenstadt - Eine aufstrebende Kurmacht ?!



Bad Weißenstadt. Noch ist es nicht so weit, noch lange nicht. Das ist das Ziel. Der Wunschtraum. Im Moment braucht man ganz viel Vorstellungsvermögen, dass hier ein Heilbad entstehen soll. Gut, ein Kurzentrum hat es schon. Mal sehen, was es noch weiter zu bieten hat. Die „aufstrebende Kurmacht“ Weißenstadt.


Marktplatz mit heimatlichen Flair
Stadt mit dörflichem Charme

Die Stadt liegt zwischen dem Waldsteingebirge und dem Fichtelgebirge im Tal  der Eger, immerhin 630m ü. N.N., vielleicht passt die Bezeichnung Hochebene besser. Ist auch nicht vordergründig. Die landschaftliche Kulisse verdient keine Minuspunkte. Der Schneekopf mit seinen 1051 Metern ragt aus dem Bergmassiv des Fichtelgebirges heraus und somit über der Kleinstadt. Sein Nachbar, der Ochsenkopf, steht ihm in Nichts nach. So idyllisch wie die Umgehung, so der Ort.  Trotz der  3200 Einwohner hat er sich sein dörfliches Flair erhalten. Stellvertretend dafür: der Marktplatz mit seinem Ensemble. Die Stadtpfarrkirche sticht da natürlich mit ihrer Größe hervor. Links nebenan das kleine Rathaus mit seiner rötlichen Außenfarbe. Nimmt man auf den ersten Blick gar nicht wahr. Der Ton macht eben die Musik. In diesem Fall der Farbton. Sonst sind die Häuser ziemlich unspektakulär, verleihen einen verschlafenen, möglicherweise einen in der Zeit stehengebliebenen Eindruck. Das holprige Kopfsteinplaster auf Straße und Bürgersteig fügt sich nahtlos ein. Da ist noch der Brunnen, im Zentrum des Platzes. Normal nicht der Rede wert. Ein Brunnen mit kleinem Wasserspiel. Nur, es ist Osterzeit. Wie es das Brauchtum will, werden sie reich und farbenfroh verziert und geschmückt. Nennt man  Osterbrunnen. Ein Hingucker.  Sonst ist hier immer Verkehr. Verkehr an Autos, die über das Kopfsteinpflaster brettern. Quer über den Marktplatz. Parken kann man hier ausreichend, man wird immer ein Plätzchen für sein “Herzallerliebst“ finden. Das stört, dieser  Straßenverkehr. Trübt die Idylle. Menschen tummeln sich, kommen vom oder wollen zum See, der nur 200 Schritte entfernt ist. Liegt auch direkt am Markt gelegenen Eiscafe. Bei sonnigen Frühlingstemperaturen von 16 Grad ist der Appetit auf Eis natürlich groß. Daher der Verkehr an Menschen. Wenig moderne Gebäude sind im Ortskern zusehen, wenig Prunkvolles. Das würde auch nicht in die Stadt passen. Allein von seiner Geschichte aus betrachtet schon. Man lebte von der Natur, genauer gesagt vom Gestein. Der Zinnebergbau im 14. Jahrhundert macht die Stadt über weite Grenzen berühmt, der ab dem 16. Jahrhundert von der Förderung der Bergkristalle abgelöst wurde, welche zum Beispiel in der Bayreuther Eremitage verwendet wurde. Der Abbau von Gestein hat heutzutage noch eine gehörige Gewichtung im Industriewesen der Stadt und setzt damit die Tradition fort. Die Granitwerke sind nicht zu übersehen.

Eines Kurparks nicht würdig

Im nahegelegenen Kurpark, nur gute 100m vom Stadtzentrum entfernt, wird diese Tradition thematisiert. Die Ruinen der Steinschleiferei Erhard Ackermann haben die Jahrzehnte überstanden. Wer war jetzt Erhard Ackermann?! Der schlaue Mann gilt als Erfinder des industriellen Schleifens und Polierens von Granit. Dabei elektrifizierte er das Verfahren und sorgte zusätzlich mit dem Bau der Gelenkarmschleifmaschinen für das entscheidende Detail, womit der industrielle Prozess seine Durchsetzung fand. An den Überbleibsel dieser Ruinen ist eine Art Granitpfad angelegt. Durch die vielen Informationen über Art, Herkunft, Verwendung und Bearbeitung dieses Gesteins kann man sogar noch etwas lernen. Sonst präsentiert sich der Park in einem erbärmlichen Zustand. Ich würde es gar  nicht Park nennen. Vielleicht  liegts auch daran das kleine Erdarbeiten durchgeführt werden, lasse dieses Argument aber nicht gelten. Rabatten und Beete sind nicht gepflegt, wenige Blumen sind zu sehen. Nicht einladend, nicht ansprechend, einfach keine Frische, außer dem Rasen, welcher noch grün ist.  Auch wenn dieser Park nicht die voluminöse Größe hat, ist auch nicht entscheidend, kann er  herausgeputzt werden. Getreu nach dem Motto: Klein, aber fein. Er wird gar nicht als Park wahrgenommen, würde nicht eine Tafel an einer der Wände der Ruinen darauf hinweisen. Ach, etwas Positives aus dem Kurpark habe ich noch. Die historischen Scheunen, typisch für das Fichtelgebirge, strahlen diesen traditionellen, heimatlichen Glanz aus dem Stadtzentrum auf. In einer dieser Scheunen ist eine kleine Infostelle des Naturparks Fichtelgebirge eingerichtet. Sie hat ganztägig geöffnet. Ich gehe hinein. Ein relativ kleiner Raum mit einer kleinen Ausstellung. Thema ist die Eger.  Über den Fluss und das Biotop kann man sehr viel Interessantes erfahren. Passt damit perfekt zusammen, dass die Eger direkt vorbeifließt. Quasi durch den Kurpark.  Die Eger führt uns zum See. Muss er eigentlich gar nicht. Die 50 Meter sind gerade so noch ohne Navigationssystem zu bewältigen.

See, See, See- überall See


Weißenstadt lebt von seinem See. Das Highlight, wenn man so will. Der Stausee wird von dem eben genannten kleinen Flüsschen, der Eger, gespeist. In seiner jetzigen Form wurde er 1976 fertiggestellt. Er erfüllt sogar mehrere Zwecke. Nicht nur die touristische Nutzung als Freizeitsee. Als natürlicher Hochwasserrückhaltebecken, als Wasserschutzgebiet für Trinkwasser und als Naturschutzgebiet zusätzlich. Ein wahrlich nützlicher See.  Hier ist wirklich die Hölle los. Spaziergänger, Fahrradfahrer und Inline Skater kreuzen sich ihre Wege. Fast schon überlaufen. Kein Wunder bei dem sonnigen Wetter. Der 4km lange, asphaltierte Rundweg bietet für jedermann ideale Bedingungen. Im südlichen Bereich sind die sogenannten Sport- und Badezonen eingerichtet. Hier ist Action angesagt. Nicht weil es irgendetwas Spektakuläres zu sehen gibt. Die Menschen sind auf Trab. Es herrscht reges Treiben. Spielplätze, Beachvolley- und Basketballplätze, sowie  Liegeflächen für Groß und Klein sind genügend vorhanden. Das Restaurant am See lädt zum Verweilen mit “Meerblick“  ein. Auch die die beiden anderen kulinarischen Verkaufsbuden erfüllen ihren Zweck ausreichend. Hinsetzen kann man sich dort überall und die Sonne genießen. Momente der Entspannung. Zeit, um einmal nichts zu denken. Jeder kennt dieses Gefühl. Umso schwieriger ist es, sich dann wieder aufzuraffen. Selbstverständlich versuche ich mich auf Inlinern, meine Fähigkeiten und mein Geschick zu verbessern. Mittlerweile habe ich sie mir “rangeschnürt“. Vielleicht schaffe ich es ja zum Eisschnellläufer auf Rollen. Nein, natürlich nicht, kleiner Spaß am Rande. Wobei ich da schon den Ehrgeiz habe, das ordentlich zu können. Segeln oder Surfen sehen wir noch keinen. Dafür scheint es zu früh im Jahr zu  sein. Die Boote sind noch gar nicht startklar, nach ihrem Winterschlaf. Das Surfen kann man auf dem See erlernen. Ob der Wind dafür gut genug ist, kann ich nicht beurteilen. Es wird sich lohnen, wenn es extra eine Surfschule gibt. Überlegenswert. Habe es noch nie ausprobiert.
Im nördlichen Bereich ist die Schutz- und Kurzone. Hier werden Vogelarten und Pflanzengemeinschaften geschützt. Ein Rückzugsgebiet für Tiere, welches für den Mensch nicht zugänglich ist. Es wird versucht, diesen Teil in seiner Natur so zu belassen, wie es nur an einem touristisch genutzten See möglich ist. Als Auenlandschaft im kleinsten Sinne kann man das vielleicht bezeichnen. Pflanzen wachsen wild aus dem Wasser. Verschiedene Gräser sind verwurzelt. Die Vögel können ungehindert zwitschern. Ein krasser Gegensatz zum touristischen Bereich, aber ein schöner mit deutlich mehr Ruhe. Das  Ufer gegenüber ist nur beim Blick durch die Bäume, Sträucher und Gräser zu sehen ist.
Die Skatingrunde um den See geht weiter, zwischendurch wird immer wieder angehalten. Nicht aus Erschöpfung, eher Interesse an dem Wahrzunehmenden. Die Hälfte der Runde, gegen den Uhrzeigersinn, ist fast geschafft. Die Steinsäulen, die in gewissen Abständen stehen, fallen immer mehr ins Auge. Sie tragen schwarze Letter. Texte, lyrische Texte. 14 sogenannte Stellen sind es insgesamt, mit Texten aus dem Stundenbuch des weltbekannten Eugen Gomringer. Die Säulen sind aus verschiedenen Gesteinen aus dem nahen Fichtelgebirge angefertigt. Anregung zum Nachdenken, zur Meditation vereint mit Bezug  zur umgebenden Natur.  Dieser Teil des Rundweges ist neu asphaltiert, jetzt etwas rauer, darum etwas anstrengender. Mittlerweile sind wir im nördlichen Kurbereich. Einen schönen Blick zur Stadt hat man von hier.  Das Kurzentrum, welches eigentlich nur aus dem Kurhotel  besteht, rückt näher. Bei Therapie- und Wellnessanwendungen jeglicher Art kann man sich im 4-Sterne-Komfort verwöhnen lassen. Dabei spielt das Radon, das heilende Edelgas, im Gesundheitsspektrum eine wichtige Rolle. Eine entscheidende auf dem Weg zum Kurbad.

Große Ziele

Seit geraumer Zeit versucht der Ort sich neu zu erfinden. Nein das ist falsch - weiterzuentwickeln. In die Liga der Kurbäder aufsteigen. Für mich fragwürdig. Dafür sind enorme Investitionen nötig. Mit einer Million ist es da nicht getan. Unterkünfte müssen gebaut werden, ein neuer und sehr viel größerer als der jetzige Kurpark muss angelegt werden, eine meist teure Thermen- und Saunalandschaft würde sicherlich entstehen. Die heutigen Anlagen sind dafür nie und nimmer geeignet. Es gehört mehr dazu, als nur diese wunderschöne Natur und diese freundliche Gastlichkeit. Mit Geld, ich tippe auf Steuergeld in diesem Fall, lässt sich viel machen, alles fein herausputzen. Aber lohnt es sich das zu investieren?! Muss man dafür bis zu 300m tief bohren, um eine Quelle zu finden?! Der Markt ist nicht gerade unumkämpft. Im Umkreis von 100km gibt es zig verschiedenen Kurorte. Das reicht von Bad Klosterlausnitz in Thüringen über Bad Elster, das tschechische Bäderdreieck, das nahe Bad Alexandersbad und Bad Berneck bis Bad Staffelstein. Das ist nur eine kleine Auswahl. Möglicherweise täusche ich mich auch, unterschätze das Potential. Aber  mir fehlt diese Tradition, dieses Flair eines Kurortes. Dieser Mix  aus Klassisch-Traditionellem mit einer gediegenen, ruhigen und entspannenden Atmosphäre und modernen Therapie- und Erholungsgebäuden. Generell ist es sehr laut hier für einen Kur- und Erholungsort. Die donnernden Autos von der angrenzenden Bundesstraße erzeugen einen erheblichen Geräuschpegel. Dazu das belebte Menschenaufgebot. Ich mag das, wenn Leben herrscht, kann mir aber auch vorstellen, dass sich viele Kurgäste davon gestört fühlen. Der Weg zum Kurbad ist noch weit, einige Steine sind  aus dem Weg zu räumen. Viele Hürden sind zu überwinden. Es wird nicht von heute auf morgen passieren. Nur werfe ich die Frage auf, ob das alles unbedingt sein muss. Kritische Anmerkungen dürfen ja doch erlaubt sein, ohne die positiven Dinge völlig zu untergraben. Meistens bleibt bei vielen das Negative länger im Kopf.  Das soll es nicht.

Immer eine Entdeckung wert, dieses aufstrebende Weißenstadt in Sachen Kur und Erholung. Durch die umliegende Natur mit dem Fichtelgebirge und dem Waldstein, die Nähe zur kulturellen Wagnerstadt Bayreuth  verfügt  Weißenstadt über eine sehr gute Lage zu diesen sehenswerten Ausflugszielen. Egal ob Kurbad oder nicht!