Autofahrten auf den Reisen - Welch nervige Langweile?

Die Landschaft und die Städte rauschen vorbei, die Dörfer fliegen vorbei. Nicht nur das, Wälder, Berge und Flüsse, nicht zu vergessen die Menschen, die man oftmals nur erahnen kann. Kommt immer darauf an, auf was? Auf Geschwindigkeit und auf die Augen, mit denen ich sehe. Es gibt nicht viele, die das mögen. Im Gegenteil, die meisten hassen das. Diese Autofahrten in den Urlaubstagen, in den Reisetagen.
Hauptsache schnell ankommen, klar ist man da am schnellsten über die Autobahn, auch im Ausland, die meist Mautgebühren mit sich bringen. Klasse Strecken gibt es da, keine Frage. Da denke ich an den zweispurigen San Bernadino Pass in der Schweiz, die unglaublich gute Autobahn ab Mailand in Richtung Côte d Azur mit einer Fülle an Brücken und Tunneln oder den altehrwürdigen Brennerpass als wichtige Transitstrecke. All jene sind in ihrer Charakteristik besonders, führen durch sehr reizvolle Landschaften mit tollen und sehenswerten Ausblicken. So dass man sich auf zwei Dinge konzentrieren muss, dem Autofahren und dem Schauen. Als Beifahrer hat man es da natürlich einfacher. Da bewaffne ich mich gern mit einer Landkarte oder dem Straßenatlas, um mit zu verfolgen in welchen Sphären des Landes ich mich bewege. Auch um vielleicht noch etwas Sehenswertes zu entdecken, dass einen Besuch wert ist oder sogar einen kurzfristigen und spontanen Abstecher zu machen. Vorausgesetzt es ist möglich und die Zeit sitzt mir nicht im Nacken. Sonst fahr ich gerne Landstraße. Freilich ist man da länger unterwegs. Aber genau das macht es aus, ein Stück weit lernt man das Land besser kennen, gerade im Ausland. Ich will nicht nur diese herausgeputzten Sightseeing-Städte sehen, klar die auch, aber das reelle Leben findet doch abseits davon statt. Die Wirklichkeit findet immer bei den „einfachen“ Leuten statt, wie sie ihr Leben bestreiten, wie es in den kleinen und großen Ortschaften, die geprägt von der jeweiligen Natur sind, aussieht, auf was sie vielleicht äußerlich Wert legen oder nicht. Da lassen sich Unterschiede feststellen, weil dort eine ganz andere Atmosphäre und Lebensart herrscht. Immer so, bei uns genauso. Ja, viele mögen jetzt das Gegenteil behaupten, dass man da auch nichts mitbekomme, im Auto sitzend. Halte ich jedoch dagegen! Warum? Ganz einfach beantwortet: bei einer Autobahnfahrt bekomme ich am wenigsten mit. Dort, wo es mir gefällt, halte ich an. Dort, wo mir irgendetwas aufgefallen ist, wo etwa ins Auge sticht, halte ich an und schaue es mir an. Oder sei es nur zum Essen. Die Luft ist anders als in den Tourismushochburgen.
Dementsprechend das Leben auch!
Ich erzähle bzw. schreibe das immer aus eigener Erfahrung. Meine Haltung will ich auch an einem eigenen Beispiel veranschaulichen.
Letztes Jahr war ich mit einem guten Freund auf Italienreise, Verona, Florenz, Vicenza. Ein Roadtrip, geschlafen wurde im Auto. Dabei war auch Mailand ein Ziel, 2 Tage waren wir insgesamt dort. Lernten dort das Leben kennen, die modevernarrten Leute, viel Reichtum in der oberen Schicht, die sich hauptsächlich im Zentrum aufhalten. In den Galerien, in den Boutiquen. Danach wollten wir zum Meer, nach Genua. Wir nahmen nicht die einfache und schnellste Variante die Autobahn, sonder die Landstraße, über Dörfer und Städte dieses Landes. In einer anderen Kultur unterwegs. Jetzt sagen viele, dass man das nicht vergleichen könne, schließlich kann man das bei Äpfeln und Birnen auch nicht. Es geht nicht ums vergleichen, sondern um das Kennenlernen des jeweiligen Landes oder der jeweiligen Region. Man entdeckt ungeahnte Seiten. So sind wir 50km vor Genua durch die Nordausläufer der Apeninen. Serpentinenartige Straßen in einem Auf und Ab führte uns über den passo-----. Prachtvolle Landschaft, in der sich Straßen und Eisenbahntrassen durch die Täler, kleinen Dörfer und Städte schlängeln. Das ist eine Bestätigung für unsere Routenwahl. Eine Erfahrung.
Das Argument mit dem Verkehr auf der Landstraße und dem Hinterhertuckern von LKWs oder langsamen Fahrzeugen ist da für mich nicht entscheidend, wenn ich die Zeit habe und mir nehmen kann. Die Gefahr auf der Autobahn im Stau zu stehen ist genauso gegeben.

Klar hat man Zeit zum Nachdenken, viel Zeit zum Nachdenken. Das finde ich gar nicht so extrem. Gar nicht schädlich. Man hat die Zeit zum reflektieren, sich über gewisse Dinge im Allgemeinen und Bereiche, die einen sehr persönlich betreffen, Gedanken zu machen. Zurückzublicken, was positiv war oder negativ. Dabei aber sich nicht darin zu verlieren, alles zu hinterfragen. Nicht zu grübeln. Darum soll es nicht gehen, nur hilft es oftmals eine neue Orientierung für sich zu entdecken, vielleicht sogar zu entscheiden. Auf diese Art sind wir zum Nachdenken gezwungen, können nicht ablenken wie im Alltag, wo ständig etwas neues sich ergibt, von Sekunde zu Sekunde. Häufig ist das, ich nenne es immer reflektieren, bei mir gar nicht der Fall. An gar nichts zu denken, heißt für mich zu entspannen, unsere Rübe da oben einmal komplett auszuschalten. Alles an sich vorbei fliegen zu lassen, die Situation im täglichen Leben für Minuten, für Stunden beiseite zu schieben. Da sind wir wieder zu Beginn beschriebenen Vorbeirauschen und -fliegen. Bei mir macht das den Kopf frei. Natürlich muss man das situationsbedingt einschränken: wenn ich vier Schreihälse im kindlichen oder erwachsenen Alter im Auto sitzen habe, funktioniert das nicht, das ist mir klar. Geht darum, wenn ich allein oder zu zweit unterwegs bin und die Situation positiv gestalte und sehe. Diese schlechte Stimmung, die in mir aufkommen könnte, versuche ich schon im Keim zu ersticken und nicht an mich heranzulassen. Sonst endet an diesem Punkt die Entspannung. Und man verpasst die Chance, Dinge auf dieser etwas anderen Art und Weise zu entdecken oder kennenzulernen. Man muss sich nur darauf einlassen.



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