18 November 2014

Bergbau, Universität, Mineralienausstellung und eine besondere Leckerei

Asien, der nächste Kontinent. Jeder dieser Erdteile steht unter einem bestimmten Motto. In Amerika war es „die Reise ins Licht“. Im asiatischen Raum ist es „Gullivers Reisen“. Die Welt rund um den Aufbau eines solchen Minerals. Die Struktur wird anschaulich nachempfunden. Eigens ist ein Fluorit im zig-fachen Maßstab nachgebaut. Zentral im Raum. Die starre Verbindung der Kristalle wird dadurch besonders deutlich. Man kann sogar in das Innere krabbeln. Schuhe aus, wenige Sekunden später sind wir durch die Öffnung mitten im Gestein, um uns die Moleküle, die die Struktur bilden anzusehen. Fast so fühlt man sich als kleines Kind, das bei MC Donalds im Kinderspieleland herumtollt. Kindheitserinnerungen werden wach. Der asiatische Bereich ist generell von anschaulichen und interaktiven Erkundungsexperimenten und -spielchen. Kleine rote Boxen zum Beispiel. Alltägliche Fragen werden dem Besucher gestellt. Auswahlmöglichkeiten erleichtern die Beantwortung. Öffnet man sie, erfährt man des Rätsels Lösung.


Danach geht es über das Treppenhaus ins Erdgeschoss wieder hinunter. Afrika steht an. Der nächste Raum. Die Entwicklung in der Verwendung solcher Mineralien wird nebenbei genauer thematisiert. Die Exponate stehen aber im Vordergrund. Endlos. Mit ihren Bezeichnungen oder Namen können wir nichts anfangen. Rhodochrosit. Kaktus-Amothyst. Malachit. Aussprechen kann man sie kaum, wahre Zungenbrecher. Merken erst recht nicht. Die Farbenspiele und die ungewöhnlichen Strukturen und Formen sind viel interessanter.

Der „Last One“ ist der europäische Kontinent, inklusive Russland. Funde aus Deutschland sind zu sehen. Aus Freiberg, aus Schneeberg im Erzgebirge oder aus Bad Ems. Die Europäischen natürlich auch. Stätten in Rumänien, auf Sizilien, aus Frankreich und zu guter Letzt jenen aus Russland, die eine sehr große Anzahl beinhaltet. Calcite, Fluoride oder Quarze sind darunter. Wieder diese Vielfalt. Der Kreis der Ausstellung schließt sich. Die überdimensionale Weltkarte ist wieder zu sehen. Über uns, unser Start. Dort begannen wir vor knapp 90 Minuten. Zum Schluss können wir die Mineralien selbst erforschen. Mikroskope stehen bereit. Verschiedene Proben ebenfalls. Die Plätze sind frei. Also ran an den Spaß. Die Rädchen des Mikroskops sind schnell justiert. In zig-facher Vergrößerung können wir die Kristalle der Mineralien erkennen. Einige sind wirklich bombastisch und spektakulär, andere fallen eher in die Kategorie „langweilig“. Trotzdem ist ihre Struktur und ihr Aussehen unter den Linsen sehr interessant. Einige Minuten forschen wir hier.


Die Schatzkammer ist das Highlight. Das Beste zum Schluss. Edelsteine werden vorwiegend in belichteten Gasvitrinen gezeigt. Die kostbarsten. Gesteine, die einmal durch Meteoriten oder kosmischer Entwicklung entstanden sind.






Eine unglaubliche Ausstellung neigt sich dem Ende zu. Langsam sind wir kaputt. Wer meint, dass eine Mineraliensammlung langweilig ist, der irrt. Man fühlt sich von den Steinen in den Bann gezogen. Der Besucher wird durch interaktive Dinge zum Erkunden animiert. Die spektakuläre, oftmals auch verrückt anmutende Form und Struktur der Mineralien sowie die breite Farbpalette beeindrucken jeden. Mittels geschickter indirekter Beleuchtung und Effekten wird das nochmals unterstützt. Ein modernes Ambiente. Man selbst taucht hinab in die Welt der Gesteine und staunt über die unglaubliche Vielfältigkeit. Sehr lohnenswert.

Im Museumsshop kommt man am Shoppen fast nicht vorbei. Bücher, Tassen, Anhänger gibt es alles zu kaufen. Große Auswahl. Der Renner sind natürlich die Steine und Ketten. Wir können nicht widerstehen. Schnell rinnt der Schein durch die Finger. Gut investiert.

5 Minuten später sind wir wieder draußen. Auf dem großen Gebäude. Vor dem Schloss.






Streifzug durch die Altstadt
 
Die Altstadt ist bestens erhalten. Fast schon geleckt präsentiert sie sich uns. Einige Fetzen der alten Stadtmauer umgeben sie heute noch. Sonst prägen annähernd hunderte denkmalgeschützte Bauwerke das Bild. Sie sind von kunstgeschichtlicher und technischem Rang. Freiberg hatte einen Vorteil. Der historische Stadtkern wurde nie gänzlich zerstört oder zerbombt. Selbst im Grauen des Zweiten Weltkriegs überlebte er es ohne große Schäden.

 
Der Ober- und Untermarkt bildet jeweils die beiden Marginalpunkte der Altstadt. Direkt miteinander verbunden sind sie nicht. Die breite Flaniermeile, die Burgstraße, verbindet den Obermarkt mit Schloss Freudenstein. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Untermarkt und damit zum Dom. Fußgängerzone mit Einzelhandelsgeschäften aller Art. Mode, Parfümerie, Drogerie, Wein und Buchhandlung, Cafes und Restaurants. Alles was die Bürger und Gäste Freibergs brauchen. Flächenmäßig ist der Obermarkt riesig. Ein rechteckiger Platz.110m mal 72m. In der Mitte ein Brunnen mit Wasserspielen. Otto der Reiche, der Stadtgründer Freibergs, wird mit einer Statue geehrt, um sie vier Löwen. Das weiße Rathaus, ab 1410 erbaut, erstreckt sich an der unteren Seite fast über die gesamte Länge des Obermarkts. Der Turm des auffälligen Bauwerks im Renaissence-Stil besitzt eine Uhr, die nach allen vier Seiten zeigt. Wer eine Attraktion sehen will, sollte um 11:15 und 16:15 Uhr auf dem Platz stehen. Dann setzt das Glockenspiel ein und das Steigerlied der Bergmänner in Tradition als Bergstadt setzt ein. „Glück, Glück auf, der Steiger kommt“ ertönt es.

Der Ratskeller schräg gegenüber war ein ehemaliges Kaufhaus. Unten der Bäcker, der Fleischer. Darüber die Tuchmacher, Schuster und ein großer Ballsaal. Das Restaurant und die Stadtbibliothek übernehmen die heutige Funktion dieser Räumlichkeiten. Es reiht sie in das durchgehende Ensemble der Bürgerhäuser mit den hohen Satteldächern und reicher Verzierung durch Portale, Reliefs oder Rundbögen rund um den Obermarkt. Viele von ihnen stammen aus dem 16. Jahrhundert. Dahinter ragt der Glockenturm der Petrikirche heraus. Sie befindet sich zusätzlich auf dem höchsten Punkt der Freiberger Innenstadt. Um 1200 wurde sie erbaut. Der fast quadratische Turm aus Mauerwerk besitzt eine Höhe von über 50m. Beachtlich für eine Stadtkirche. Eine Silbermann-Orgel ist das Highlight im Inneren.
Untermarkt mit Dom St. Marien und Stadtmuseum
Hinter dem Dom

Der Untermarkt steht ganz im Zeichen des Dom St. Marien. Er dominiert das Bild, trotz der unzähligen Autos. Der Untermarkt ist gleich Parkplatz. Das verschandelt und nimmt das eigentlich charmante Flair. Die erste Basilika, die im 12. Jahrhundert an dieser Stelle der damals noch sehr jungen Stadt erbaut wurde, brannte 1484 vollständig nieder. Ein neues Gotteshaus wurde errichtet, eine dreischiffige Hallenkirche. Zwei Nummern größer wie der Vorgänger. Die Silbermann-Orgel ist über weite Grenzen hinaus bekannt. Es ist die größte und besterhaltenste Orgel im gesamten Schaffenswerk des Erbauers Gottfried Silbermann, der die barocke Musikkultur nachhaltig prägte. Umsonst ist die ganze Geschichte nicht, der Eintritt kostet. Der Zugang zur Orgel noch einmal extra. Das spürt man in der Statistik und im Geldbeutel der Stadt. Die Anzahl der Besucher im Dom verringerte sich in den letzten Jahren.

Gegenüber kann man im Stadtmuseum Freibergs Geschichte entdecken. Eingangs wurde sie bereits näher beleuchtet. Der Bergbau bekam die entscheidende Rolle. Eine kursächsische Postdistanzsäule bildet die Grenze der Altstadt, unterhalb des Untermarktes in der Meißner Gasse.
 



Der Buttermarkt ist auch so ein kleiner Eckpunkt der Altstadt. Der vierte nach Obermarkt, Untermarkt und Schlossplatz. Das Theater rühmt sich als ältestes in seiner ursprünglichen Form erhaltenes Stadttheater der Welt. Ein durchaus repräsentatives Gebäude in sanftem Grauton, wie es sich für ein Kulturgut gehört. „Die Kunst gehört dem Volke“, heißt es unübersehbar an der Außenfassade. 1790 wurde es bereits gegründet. Opern und Theaterstücke wurden dort aufgeführt. 1800 fand eine Uraufführung blutjungen Carl Maria von Weber statt. Zarte 14 Jahre alt war er. Ein Genie. Noch heute herrscht reger Betrieb im Theater. Ein Mammutaufgabe. Ohne stattliche Zuschüsse in Millionenhöhe wäre das nicht zu stemmen. Schauspiel, Philharmonie und Musiktheater umfasst dessen drei Sparten, dessen Stücke im gesamten mittelsächsischen Raum beliebt sind. Unmittelbar gegenüber reckt sich die Nikolaikirche gen Himmel empor. Ein Gotteshaus, das heute als solches nicht mehr genutzt wird. 1975 entweihte man sie. Die Landeskirche verkaufte sie. Orgel, Taufbecken, Glocken wurden verkauft. Viel von seiner ursprünglichem romanischen Baustil ist nicht mehr zu sehen. Die beiden Türme sind aus dem 12. Jahrhundert erhalten geblieben. Nach einer Sanierung findet sie ihren sinnvollen Zweck als Veranstaltungs- bzw. Konzerthalle.

Verschlossene Türen im Schacht

Selbstredend wollen der ewigen Bergbautradition auf den Grund gehen. Dieser so prägende Wirtschaftszweig aus früheren Jahrhunderten. Die Vorkommen waren sehr reich. Silberhaltige Erze, die ab dem 12. Jahrhundert abgebaut wurden. Im 20. Jahrhundert war dann Schluss damit, die Rentabilität war nicht mehr gegeben. 1969 wurde Abbau nach Blei, Zink und Kupfer eingestellt. 800 Jahre Tradition gingen damit zu Ende. Die Bergbaustätten wurden zum Glück erhalten. Über tausend Gänge mit bis zu 700m Tiefe sind im Freiberger Revier, dem Umland, erschlossen. Ein kilometerlanges System. Außerhalb des Stadtgebiets sind sie vor allem zu besichtigen. Die eine davon ist die Schachtanlage St. Elisabeth. Ab 1511 wurde dort unter Tage hart geschuftet. Ab 1830 gehört sie zur größten sächsischen Erzgrube, der „Himmelfahrt-Fundgrube“. 1913 War in der Grube Schluss. Heute obliegt sie der Trägerschaft der Bergakademie Freiberg. Der große Bruder sozusagen, der Schacht Reiche Zeche. Bis 1992 (!) war er in Betrieb, die Ursprünge gehen auf das 12. Jahrhundert zurück. Glaubt man angesichts der fehlenden Wirtschaftlichkeit dieses Zweiges gar nicht. Heute ist es das Lehr- und Forschungsbergwerk der Freiberger Bergakademie und zugleich Schaubergwerk für die Einwohner, Besucher und Gäste der Stadt. Einen sehr guten Überblick über das Bergmannsleben in Freiberg soll man bekommen. Nicht nur unter, sondern auch über Tage. Es gibt nur einen Haken. Einen entscheidenden. Der Schacht, das Schaubergwerk hat geschlossen, aufgrund von Sanierungsarbeiten, bis Anfang 2015. Ein Schlag ins Gesicht. Neben der Terra Mineralia und dem Dom ist es die Hauptsehenswürdigkeit. Das, was die Stadt und die Menschen so stark prägte. Frustriert sind wir. Zu recht. Naja, fällt wohl in die Kategorie Pech gehabt.

Freiberger Eierschecke muss sein

Zum Abschluss unseres Streifzugs durch Freiberg müssen wir noch die lokale Spezialität probieren. Der Konditor mit Cafe an der oberen Ecke des Untermarktes, gegenüber des Doms, scheint perfekt dafür zu sein. Ein traditionelles Ambiente mit viel Gold und Glanz erwartet uns im Inneren. Die Freiberger Eierschecke ist für uns ein Muss. Sie ist bekannt, außerhalb Sachsens bekommt man den dreischichtigen Kuchen überhaupt nicht. Seit 2007 ist sie sogar markenrechtlich geschützt. Wow. Aus drei Schichten besteht der Kuchen, der immer rechteckig geschnitten wird. Unten ist der Rührteig, in der Mitte eine Art Vanille-Quark-Pudding und die oberste Schicht besteht aus cremig gerührtem Eigelb mit Butter und Zucker. Die Freiberger unterscheidet sich noch einmal von den anderen Schecken. Sie ist nicht nur äußerlich flacher, sie wird auch ohne Quark gebacken und dafür Rosinen zugegeben. Eine Legende ihrer Entstehung gibt es auch: Im 13. Jahrhundert war der Quark zum Backen der Eierschecke ausgegangen. Er wurde zur Ausbesserung der Freiberger Stadtmauer genutzt. Der dadurch entstandene Geschmacksverlust wurde, ganz unkompliziert, mehr Eier, Zucker und erstmals Rosinen ausgeglichen. Sie hat nicht gerade wenig Kalorie, das merkt man schon im Mund. Sehr reichhaltig. Danach braucht man nichts mehr.

Das war es mit Freiberg, mit der Terra Mineralia, mit dem Altstadtstreifzug. Sehr aufgeräumt präsentiert man sich. Nichts zu sehen von der sauren Zeit im sozialistischen DDR-Regime. Eine Stadt mit großer Bergbautradition. Die renommierte Universität unterstreicht das. Er prägt dieses Freiberg. Noch immer.

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