25 Mai 2014

Vom Kapellenberg bis zum Staatsbad - Unterwegs im Elstergebirge



Sanfte Hügel, saftige Wiesen. Bad Brambach. Erholung und Entspannung. Abgelegene Dörfer. Vulkanberge. Staatsbäder. Freundliche Menschen. Bad Elster. Scheinbar unentdeckte Natur. Schlagwörter, die eine Region charakterisieren. Ein deutsches Mittelgebirge. Die Wenigsten kennen es. Grund genug, es vorzustellen.

Das Elstergebirge ist ein kleines Mittelgebirge an der Grenze zu unserem Nachbar, der Tschechischen Republik. Der Kernteil liegt im deutschen Land, im südöstlichen Teil des sächsischen Vogtlandes. Damit wäre die Frage nach dem Bundesland geklärt, Sachsen natürlich.  Die räumliche Zuordnung dieses  entdeckungsreichen Naturraums ist leicht definiert. Das Egerbecken im Süden, das  Westerzgebirge im Osten, die Orte Erlbach und Adorf im Norden. Sie bilden die natürlichen Grenzen dieses Gebirges. Genug der geographischen Einordnung. Google hilft zum Nachschauen sicherlich.
Wir beginnen unsere Entdeckungstour im südlichen Teil. Auf der gut ausgebauten Landstraße durch das tschechische Egerbecken kann man den Kapellenberg schon von Weiten sehen. Er thront über allem. Autos mit deutschen Kennzeichen kommen uns entgegen. Billig einkaufen ist im Nachbarland nach wie vor möglich. Das nutzen wir auch, zum Tanken natürlich. Im Örtchen Haslov bietet sich dafür die ideale Möglichkeit. 10km von der Staatsgrenze entfernt ist der Liter Benzin noch einmal um einige Cent billiger. Eine Packung Karlsbader Obladen nehmen wir bei der Gelegenheit gleich mit, als Verpflegung für unterwegs. Mit Haselnussgeschmack. Lecker, lecker. Schnell treffen wir auf die Staatsgrenze. Früher ein frequentierter Grenzübergang. Durch das Schengener Abkommen und  dem EU-Betritt Tschechiens problemlos passierbar, keine Grenzkontrollen mehr. Die verwaisten Gebäude sind noch Zeugnis  einer anderen Zeit, heute ohne Aufgabe und warten auf ihre Bestimmung.

Ein Ort und sein Berg


Der Kapellenberg erhebt sich direkt vor uns. An seinen unteren Hängen der kleine Ort Schönberg. Idyllisch, das Egerbecken kann man frei überblicken. Wir können bis zum Kaiserwald schauen. Das Schloss in der Ortsmitte, neben der Kirche, war über Jahrhunderte in Privatbesitz der Herrschaften von Reitzenstein. 1994 wurde es durch eine aufwändige Sanierung gerettet. Sieht man. Sehr gepflegt, sehr schmuckvoll. Wer Lust auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen hat, ist im Schlosscafe an der richtigen Adresse. Trotzdem steht der südlichste Ort im Zeichen der natürlichen Umgebung. Sie bestimmt den Charakter des Ortes. Auch durch den Kapellenberg. Seine Spitze erreichen wir nach 2km. Besser gesagt den Parkplatz am Straßenrand. Die restlichen 500m zum Aussichtsturm gehen wir zu Fuß, durch den dichten Wald, vorbei an Sumpfgewässer. Ein Dutzend Leute sind unterwegs. Man hört tschechische und deutsche Gesprächsfetzen. Ein beliebtes Ausflugsziel. Kein Wunder, von nirgendwoanders hat man so einen fantastischen Blick auf die Umgebung. Nicht nur auf das Egerbecken und den Kaiserwald, das Fichtelgebirge mit dem Schneeberg und den Ochsenkopf, auch das Erzgebirge mit dem Fichtelberg sind deutlich sichtbar. Einzig nach Norden verhindern die hochaufragenden Bäume die Sicht.  2 Euro Eintritt finde ich da angemessen und lohnenswert. Eine freundliche und nette Frau mittleren Alters kassiert unseren Eintritt, kaufen bei ihr noch ein Softgetränk und die obligatorische Postkarten. Schon irgendwie Luxus, extra eine “Aufpasserin“ für den Turm abstellen zu können.
Eine kleine Ausstellung  kann man sich im Erdgeschoss anschauen. Bad Brambach und seine Ortsteile wie Bärendorf, Reuth und Schönberg werden vorgestellt. Auch die Geschichte des Turms wird dargestellt. Schon 1865 wurde hier ein Standgerüst als Aussichtspunkt für Wanderer errichtet. Aber nicht nur deswegen, das hatte auch noch einen anderen Grund. Dieses besagte Gerüst wurde um eine Vermessungssäule errichtet.  Welche heute noch im Inneren des Turms zu sehen ist. Auf den ersten Blick nimmt man sie gar nicht wahr, weil man nur mit dem Treppensteigen beschäftigt ist. Seit 1931 gibt es hier einen begehbaren Turm. 1968 übernahm die Politik das Kommando auf dem Kapellenberg. Eine sowjetische Radarstation, die Spionage lässt grüßen, wurde installiert. Ein Klassiker, den Menschen wurde auch dieser Berg weggenommen. Nach einer zwischenzeitlichen Sprengung ist der heutige Aussichtsturm 1993 wiedererrichtet worden. Symbolhafte Geschichte am Beispiel eines kleinen Turms. Danach geht es weiter im Plan. Bärendorf ist nur einen Steinwurf entfernt. Die Häuser im Ober- und Unterdorf sind an einer Hand abzuzählen. Umgeben von Wald fühlt man sich hier abgelegen. Jenseits von Gut und Böse. Handynetz ist nicht verfügbar, unweit der tschechischen Grenze. Das motorisierte Vehikel stellen wir ab. Die Quelle der Weißen Elster entspringt ganz in der Nähe. Laut Ausschilderung 2,5km Fußweg. Etwas weniger als eine Stunde werden wir schätzungsweise brauchen.

Auf zur Quelle!

Nach einigen hundert Metern geht es in den dicht bewachsenen Wald hinein. Der Wanderweg ist sehr gut begehbar. Ab und an sollte man nur die Augen auf den Boden richten. Die Gefahr über die Baumwurzeln zu stolpern ist teilweise gegeben. Wir nähern uns der Staatsgrenze. Hinweisschilder weisen auf das tschechische Staatsgebiet. Die Schneisen des ehemaligen Maschendrahtzauns sind deutlich zu erkennen. Alle 50 Meter sind weiße Grenzsteine gesetzt, versehen mit den jeweiligen Buchstaben „D“ für Deutschland und „C“ für Tschechien. Einige hundert Meter bewegen wir uns genau der der Marginallinie, springen aus Jucks und Tollerei von Deutschland nach Tschechien, von Tschechien nach Deutschland, von einem zum anderen Land und wieder zurück. Es gab Zeiten, da konnte man nicht einmal annähernd in diesen Bereich vordringen, der Eiserne Vorhang lässt grüßen. Dann biegen wir links ab, folgen den Hinweisschildern, noch 1km bis zur Quelle. Ab sofort befinden wir uns endgültig auf Terrain unseres Nachbarlandes. Es zieht sich mittlerweile, Geduld zählt nicht gerade zu meinen Stärken. Zu allem Übel verlaufen wir uns noch. Typisch.  Statt rechts abzubiegen laufen wir gerade aus, die Schilder mit der Aufschrift „ Bily Halstrov“ (Tschechisch: Weiße Elster) weisen uns wieder in die Richtung, aus der wir gerade her kommen. Wir laufen querfeldein. Erst auf einem Waldweg, der das Gehen durch umgestürzte Bäume und abgefallene Äste einem nicht leichter macht, ehe wir uns noch quer durch Gestrüpp und Bäume kämpfen müssen. Immer der Nase nach. 10 Minuten später erreichen wir wieder den Weg, kommen sogar nahe der Elsterquelle auf den richtigen Weg. Wir hören von Weiten schon eine Wandergruppe, die scheinbar großen Spaß haben. Gute 100m noch, dann sind wir da. Ein 50m langer Holzsteg führt uns zu dem Granit-Denkmal. 1896 wurde dieser Punkt durch den Verband der Vogtländischen Gebirgsvereine zum „offiziellen“ Ursprung dieses Flusses ernannt. Der, der die nächsten 245km, bis zur Mündung in die Saale, das Leben tausender Menschen bestimmt. Auch in negativer Hinsicht. Erst im Juni 2013 sorgte sie durch extreme Regenfälle  für eine wahre Hochwasserflut, bei der es Städte wie Greiz, Gera oder Zeitz besonders schlimm erwischte. Wir setzen uns. Die Bank vor der Quelle bietet dafür den besten Platz. Eine Wandergruppe hat sich bereits eingefunden, nehmen eine deftige Brotzeit zu sich. Da darf der hochprozentige Obstler nicht fehlen. Dementsprechend ist die freudige Laune mit einer lockeren Zunge. Lustig sind sie, ja. Das Wasser kann man trinken, wir probieren es natürlich. Sehr erfrischend, sehr naturell, ohne Salzgeschmack. Das kleine Rinnsal fließt nun ins Tal hinab, bis es zu einem stattlichen Fluss wird. Ein kleiner Auenwald hat sich rund um die Quelle naturiert. Zahlreiche sprudelnde Rinnsale speisen die noch winzige Weiße Elster. Da fragt man sich, warum ausgerechnet dieses Rinnsal die Quelle ist. Ich tippe auf Losverfahren. Natürlich nur ein kleiner Scherz am Rande, wenn auch ein schlechter. Zum Schluss tragen wir uns noch in das Buch ein, in dem sich alle Besucher der Elsterquelle eintragen können. Nur den Briefkasten am Baum öffnen, das Buch und den Bleistift in die Hand nehmen und seine Gedanken und seinen Namen  verewigen. Mit warmen Worten hinterlassen wir unsere Botschaft und Gruß.  20 Minuten Pause gönnen wir uns, genießen die Natur, süffeln zwischendurch vom Wasser. Dann brechen wir wieder auf, diesmal den richtigen Fußweg zurück. Schnell sind wir beim Auto, das ging irgendwie schneller als hinwärts. Etwas über 2 Stunden waren wir unterwegs.

Der nächste Ort ist Hohenberg, wieder bestehend aus Ober- und Unterdorf. Im Unterdorf halten wir kurzentschlossen an. Das Dorfcafe hat uns so schön angelacht, da konnten wir nicht anders. Die Sonne strahlt, die Temperatur bei 16 Grad, wir setzen uns raus. Eine Eierschecke und ein Milchkaffee. Das Leben kann schön sein.




Das vogtländische Freilichtmuseum ist unser nächstes Ziel. Dafür müssen wir nach Landwüst. Bad Brambach lassen wir erstmal links liegen, das kommt später. Es geht hoch und runter auf der kurvenreichen Landstraße,  der alten Poststraße, die früher Plauen und Eger miteinander verband. Sie führt uns durch eine tolle Landschaft  und eine grüne Natur, ehe wir die Abzweigung hinauf zu einem kleinen Dorf nehmen.

Detail im Original – das Vogtländische Freilichtmuseum

Landwüst, eine kleines Dorf. Mit 300 Einwohnern hat es nicht viele Menschen hierher verschlagen. Obwohl es sich mit seiner idyllischen Lage nicht verstecken muss. So hat man am Hang des Wirtberges in einer Höhe von 570 bis 640 m einen fantastischen Blick auf das Elstergebirge. So auch vom Vogtländischen Freilichtmuseum.  Als Bauernmuseum 1968 gegründet, ist es heute ein Besuchermagnet im südlichsten Zipfel des Freistaates Sachsen. Durch die Leidenschaft eines Mannes, dem Landwüster Walter Wunderlich, vom Beruf Bauer seinerzeit, ist diese Idee zu entstanden. Er stieß durch Recherchen für Ortschroniken auf Objekte, Belege oder Sachhinweise auf das bäuerliche Leben aus den vorangegangen Jahrhunderten. Seine Leidenschaft, seine Sammelwut war es, dass er begann Dinge und Gegenstände aus dem Raum Vogtland zusammenzutragen. Egal ob wertvoll oder nicht. Typisch für das Leben der Vogtländer sollte es sein. Das hat er auch geschafft. Anfang der 70er wurde es dann zum Freilichtmuseum ausgebaut. Häuser aus den umliegenden Dörfern wurden dazu erworben, teilweise umgesetzt. Insgesamt stehen etwa 20 Gebäude auf einem Areal von 2,5 Hektar zur Entdeckung für die Besucher bereit. Der Eingangsbereich ist in einem Hofensemble beheimatet, ein kleiner uriger Raum, nebenan eine kleine Gaststätte. Die Mitarbeiterin empfängt uns sehr freundlich, Prospektmaterial mit einem Übersichtsplan bekommen wir für unseren Rundgang mit auf den Weg. Bestens ausgestattet sozusagen. Wir gehen raus aus dem Innenhof, ins Freigelände. Der Ausblick auf das südliche Elstergebirge, ein Wahnsinn. Den Kapellenberg mit seinen herauslugenden Aussichtsturm kann man über die sanften, dicht bewaldeten Hügel hinweg deutlich erblicken. Wir gehen zur Scheune direkt vor uns, die „kultur.tenne“ aus dem 1937. Post-, Heuwagen, Fuhr - und Leichenkutschen sind ausgestellt, nebenan die verschiedenen Entwicklungsmodelle der Kinderwägen vergangener Jahrzehnte. Immer wieder bieten Tafeln detailreich Hinweise und Informationen.  Auf der Etage darüber befindet  sich ein Raum für feierliche oder kulturelle Anlässe in rustikalem Ambiente.
Wir gehen weiter, durch den Kräuter und Bauerngarten. Die verschiedenen wertvollen Kräuter unserer Natur blühen und gedeihen. Ein sehr geruchsintensiver Bereich. Die Zitronenmelisse, der Bärlauch, der Lavendel und der Rosmarin sind nur einige Beispiele der Heil- und Gewürzkräuter. Dementsprechend rochen die Hände, nachdem man diverse Arten berührt hatte. Die Geruchsnerven unseres Sinnesorgans wurden da strapaziert. Durch den Garten, vorbei an Blumen und Nutzpflanzen gelangen wir zu den Wohnstall- und Fronhäusern aus dem18. Jahrhundert. Alle aus umliegenden Dörfern wie Tirpersdorf oder Obersohl in das Museumsgelände versetzt. Räume wurden durch Möbel und Dinge aus dem damaligen täglichen Leben in einen Originalzustand gebracht. Man glaubt teilweise, dass die Zeitmaschine  angeworfen wurde. Unten der Stall für das Vieh, es riecht nach Tier, daneben die Küche. Im Obergeschoss die Wohn- und Schlafgemächer der Familie. Leben auf engstem Raum, ohne Schnickschnack.
Wir lassen uns Zeit, schauen uns Haus für Haus an, 
finden immer neue Details. Draußen, neben dem nachgebauten Backhaus,  stoßen wir auf den „Streichelzoo“. Schafe mit kleinen putzigen Lämmern. Das große Füttern beginnt. Die Blätter des Löwenzahns sind heiß begehrt. Ihre Nachbarn sind die Ziegen. Der Futterneid und der darauffolgende Kampf bleibt nicht aus. Wir bleiben allerdings gerecht, jeder bekommt von uns und das nicht zu wenig. Eine halbe Stunde sind wir locker mit den Tieren beschäftigt, wir finden schon gar keine Löwenzahnblätter mehr. Sie haben es aber auch ohne uns gut. Der Weg zu den Gebäuden, drei an der Zahl, ebenfalls Wohnstallhäuser , ist wahrlich nicht weit. Jetzt wissen wir auch, dass die Ställe noch ihre Verwendung finden. Die Ziegen und Schafe sind dort untergebracht. Daneben der Kaninchenstall. Ja der Kaninchenstall, wieder Fütterungszeit, wie bei kleinen Kindern. Die Blätter des Löwenzahns werden von der Wiese gepflückt. Die kleinen Tierchen reißen sich um uns, naja eher um unser Futter. Jedes bekommt eine reichliche Portion serviert. Nimmt man die Treppen nach oben, sind in diesen Räumen wieder die Blockstube und der Schlafraum zusehen. Die Einrichtung entspricht dem Stand der 1920er Jahre. Wir hören schon die Hühner gaggern, der Hahn mit seinem prachtvollen Gefieder kräht sich die Lunge aus dem Hals. Sobald weibliche Personen am Zaun stehen, wird er wild, gehen die Hormone mit ihm durch. Oberhalb des Hühnerquartiers  wartet, in ihrem kleinen Gehege mit einem Unterschlupf, ein Schaf auf ein besonderes Ereignis. Auf die Geburt ihres Lämmchen. Die ist trächtig. Man sieht das Kleine im Mutterleib sich bewegen. Es will raus. Wir füttern sie, wie die anderen. Das Tierherz in mir schlägt höher.
Der Weg führt uns wieder hinauf, vorbei an den Gehegen des Streichelzoos zum Innenhof. Die Besucher sitzen hier auf einer der vielen Bänke. Das kommt später für uns. Zuerst gehen wir in die Scheune, die mit den Wohnhäusern verbunden ist. Die Entwicklung der landwirtschaftlichen Geräte steht im Mittelpunkt. Das Thema Ernte spielte in den noch nicht industrialisierten Zeiten eine überlebenswichtige Rolle. Eine Menge verschiedener Geräte, von der Egge bis zum Pflug, werden gezeigt. Das sind einige Kuriositäten dabei. Das Gebäude ist ein besonderes. Besonders, weil es unter Einflüssen  Egerländer Fachwerks und dem Giebelumgebinde steht. Es hebt sich von den anderen deutlich ab. Sie dominieren durch ihre Einfachheit und Notwendigkeit. Im Stall des Wohnhauses kann man sich im Kühe melken versuchen. Hier steht keine lebende Kuh, nein. Eine gusseiserne Nachbildung, fast durchgerostet, aber funktionstüchtig. Ich setze mich auf den winzigen Hocker, Schemel in der Fachsprache der Bauern genannt, der ist wahrscheinlich für Kleinkinder konzipiert. Die Zitze greife ich am Euter mit dem  Daumen und Zeigefinger und streife sie nach unten gefühlvoll, aber mit Druck, mit allen Fingern aus. Anfangs tue ich mir schwer, nach einigen Versuchen jedoch gelingt es mir schon recht gut, ich könnte Melker sein. Zwar spritzt keine Milch heraus, sondern nur Wasser, aber es geht um den Effekt. Im Nachbarzimmer befindet sich die Rußküche. Der dortige Backofen ist noch funktionstüchtig.  Im Obergeschoss erneut diese typischen Wohnräume, in großem Detailreichtum.  Alte Schränke mit reichlicher Verzierung und Bemalung finden ihren Unterschlupf unter dem Dachboden, werden in verschiedenen Varianten präsentiert.
Im nächsten und letzten Haus, dem Wohnhaus von Udo Wunderlich, wird die Imkerei im Erdgeschoss  thematisiert. Zwei Räume werden diesem Handwerk gewidmet. Die Zeidlerei und die Bogenmacherei, mit ihren nachgebildeten Werkstätten, finden genauso ihren Platz in diesem Gebäude.
Unser Rundgang neigt sich dem Ende. Über zwei Stunden sind wir auf dem Gelände schon unterwegs, streifen durch die Häuser. Sind kaputt. Zum krönenden Abschluss gönne ich mir noch ein Fettbrot auf die Hand. Sehr herzhaft, sehr lecker. Wir nehmen  auf eine der zahlreichen Bänke  in dem Innenhof Platz, staunen über das Gesehene. Ein Eintrag in das Gästebuch darf nicht fehlen. Ein hochinteressantes Museum, geprägt von einer riesigen Unmenge an Ausstellungsstücken, aber trotzdem mit vielen kleinen Details liebevoll und originalgetreu eingerichtet. Jedes Sachzeugnis hat seinen Platz gefunden. Jedes Haus ist anders, jeder Raum ist anders. Das Museum lebt von einer großen Authentizität in seiner Darstellung. Es zeigt die harte Arbeit über das Leben zu damaligen Zeiten. Das war kein Zuckerschlecken. Man fühlt sich teilweise zeitversetzt. Immer wieder entdecken wir neues, daher wird es nie langweilig. Trotzdem bleibt es nicht aus, dass man sich irgendwann erschlagen fühlt. Nicht mehr aufnahmefähig ist. Einen besseren Überblick über das vogtländische Leben auf dem Lande im 19.und 20. Jahrhundert kann man nicht bekommen. Das hätte ich nie gedacht, was man für 3 Euro geboten bekommt. Sehr empfehlenswert.

Wir fahren wieder hinunter, zur alten Poststraße. Wir wollen über einen kleinen Abstecher nach Bad Brambach, dem Zwillingsbruder des Sächsischen Staatsbades Bad Elster. Der Abstecher heißt Raun. Ein abgelegenes Örtchen, ein sogenanntes Waldhufendorf. Lang gezogen, die einzelnen Grundstücke haben einen Abstand von 50 bis 100m. Nachbarschaft gibt es da im eigentlichen Sinne gar nicht, jeder ist für sich. Wieder dieses  Gefühl, in einem Teil Deutschlands zu sein, wo der Zeiger der Uhr einen Tick langsamer schlägt, die Welt seinen eigenen Rhythmus hat. Einen erheblichen Anteil daran trägt die für diese Region typische und charakteristische Natur. Einige Fachwerkhäuser, auch im Egerländer Stil oder als Umgebindehaus, sind noch sehr gut erhalten. Die weiße Dorfkapelle gehört zu den ältesten in der Kulturregion Vogtland.  Leider endet die Straße in einer Sackgasse. Wir hatten gehofft, über Raun in den Kurort Bad Brambach zu gelangen. Ein Irrtum. So standen wir, kurz vor der Staatsgrenze, vor dem Ende der Straße, vor uns nur Wald. Also Kehrtwende und zurück die 4 km, zur Bundesstraße. 

Festhalle mit Schwanenteich
Erholung - Ein Besuch im Staatsbad kann nie schaden!

Das Wettinhaus
Es ist jetzt circa 17 Uhr, Bad Brambach ist unser letztes Entdeckungsziel. Tief im Tal versteckt sich die kleine Stadt, rundherum die Erhebungen des Elstergebirges, bewachsen mit sattem Grün oder mächtigen Bäumen. Bilderbuch. Bekannt ist der Ort wahrscheinlich  durch die Bad Brambacher Mineralquellen GmbH, die Softgetränke jeglicher Geschmackssorte produziert. Sie gehören übrigens zur Kulmbacher Brauerei. Das Firmengebäude befindet sich außerhalb, direkt an der Bundesstraße. Der Kurort an sich ist unspektakulär. Der Ort ist modern, die vergangenen Reliquien aus DDR-Zeiten sind auf den ersten Blick beseitigt. Man lebt von der Kur. Bereits 1860 wurde die erste Quelle entdeckt, die Schillerquelle. Genutzt wurde sie zur Mineralwasserversorgung. 1911 begann der Kurbetrieb mit der Erschließung der Wettinquelle. Angeblich die stärkste Radiummineralquelle der Welt. 1922 erhielt man den Beinamen Bad zu Brambach. Nach 1949 dienten die Kureinrichtungen als Sanatorium für die sowjetische Armee. 1949  gelang es in die Hände der SED-Führung. Nach erster Sanierung verpasste man die moderne Entwicklung eines Kurorts bis zur politischen Wende 1989. Fakten. Fakten, Fakten. All das kann man im Kurpark nachlesen. Auf Schautafeln mit interessanten Zusatzinformationen  und Bildern aus den beschriebenen Zeiten. Damit sind wir schon im Herzstück des Kurbereichs, dem historischen Kurpark. Sehr  großzügig mit einer Fläche von 16 Hektar. Die Zeit, den Park zu erkunden und zu erlaufen, sollte man sich nehmen. Er spiegelt die Fauna und Flora, die wohltuende Natur des Elstergebirges wieder. Bis zur Grenze erstreckt sich die Parklandschaft, die Grenzquellen finden in diesem Teil ihren Ursprung. Die Festhalle mit dem Schwanenteich bildet das Schmuckstück dieser Anlage, sie strahlt in ihren Ockerfarben. Ein Veranstaltungsort für Konzerte und Feierlichkeiten. Sehr repräsentativ. Wir setzen uns auf eine der zahlreichen Bänken um den Schwanenteich herum. Traumhafte Kulisse, die Enten schnattern über den Teich, der von dem ruhig fließenden Rothenbach gespeist wird. Eine Idylle. Die Rabatten und Rondelle mit ihren blühenden Blumen zieren die Gehwege links und rechts, ein wahrlicher Blütenteppich, besonders im vorderen Teil des Kurparks. Das ein oder andere Wasserspiel, sei es in Form eines Brunnens oder der kleinen Staustufen des Bachlaufs runden das äußerst positive Gesamtbild ab. Im Vergleich zu seinem Zwillingsbruder, dem Kurpark in Bad Elster, ein himmelweiter Unterschied. Einziges Manko meiner Meinung, man findet eigentlich überhaupt keine Geschäfte, wo man sich vielleicht etwas Schickes oder etwas typisch Vogtländisches kaufen kann, das fehlt ein wenig. Das Cafè gegenüber der Festhalle genießt da auch eine gewisse Monopolstellung. Ein paar Schritte entfernt liegt das Wettinhaus. Integriert in einer Art Säulenhalle kann man das Wasser der verschiedenen Quellen trinken. Einfach aus dem goldenen Brunnen das jeweilige Quellwasser abzapfen, probieren und trinken. Schiller- , Wettin- und die Grenzquellen gibt es im Angebot. Die Gläser an der Theke stehen  zur kostenlosen Benutzung zur Verfügung. Wir setzen uns in den offenen „Wintergarten“, durch die Glasfront sehen wir hinaus in den Park, beobachten die vorbeigehenden Menschen und blicken auf einen Schandfleck. Ein ehemaliges Kurhotel gammelt förmlich vor sich hin, gezeichnet von Vandalismus mit eingeschlagenen Fensterscheiben. Das passt nicht zu dem ansonsten sehr natürlichen, sehr gepflegten Kurpark. Ein Kommen und Gehen in dem modernen und sauberen Trinkbereich, die Angestellte der Kureinrichtung musste sich sputen, um mit dem Gläserspülen nachzukommen. Mittlerweile regnet es draußen, der Himmel hat sich mit den dunklen Wolken verfinstert. Ein Grund mehr, es uns etwas länger gemütlich zu machen. Da werden aus einem Glas ganz schnell einmal 5 bis 6. Schließlich muss jedes Wasser gekostet und geschmeckt werden, ausführlich um am Ende selbstverständlich bewertet zu werden, welches dem eigenen Gaumen am besten gefällt. Vom Salz- und Eisenhaltigen bis zum Natürlichen ist jede Geschmackskategorie dabei. Der Wasserbauch und das Melden der Blase mit der freundlichen Bitte nach dem  Gang zur Toilette lässt nicht lang auf sich warten. Der Blick richtet sich zu dem Gebäude gegenüber, das mit den nicht gespiegelten Glasfronten. Fünf bis sechs geschossig. Physiotherapie, Rehabilitation, Kosmetik und Wellnessbereiche sind darin untergebracht. Im Erdgeschoss befindet sich die Sauna - und Badelandschaft. Zeit zu relaxen. Wir überlegen, den Saunabereich mit zu buchen, entscheiden uns aber dagegen. Wir planschen eineinhalb Stunden. 32 Grad warm ist das Becken innen. Man fröstelt leicht, wenn man von innen nach außen schwimmt. Logischerweise ist es draußen etwas kälter. Das Becken für Kurgäste zur Rehabilitation ist da schon deutlich wärmer. Ich liebe warmes Wasser, Warmduscher oder Warmbader sozusagen. Es soll wohl den Whirlpool ersetzen, den vermisst man nämlich. Trotzdem verlassen wir das Bad entspannt und erholt. Verwundert, so einen schönen Flecken noch gar nicht auf dem Radar gehabt zu haben. Der Kapellenberg, das Vogtländische Freilichtmuseum, der Kurort Bad Brambach mit seinem historischen Kurpark und diese wunderschöne Landschaft haben beeindruckt. Dazu diese Ruhe, diese Entspannung abseits von Lärm, zumindest an diesem Tag, würde für viele ein ideales Urlaubsziel für einige Tage sein. Schade, dass es nur wenige wissen, dass nur wenige dieses Elstergebirge kennen, eine Region, in der Entspannung und Erholung ganz groß geschrieben wird.




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