03 September 2014

Positives Lebensgefühl inklusive – das Sambafestival in Coburg

Brasilianisches Fieber. Rhythmische Klänge und Bewegungen. Leidenschaftliche Musik. Sonne. Tropische Temperaturen. Das Sambagefühl liegt in der Luft, überall versprüht es sein Temperament. Wer glaubt, wir befinden uns in Brasilien oder im Sambodrom zum Karneval von Rio de Janeiro, der täuscht sich, gewaltig. Wir sind in Deutschland. In einem Land, wo Rhythmusgefühl, Temperament und Taktgefühl eher weniger ausgeprägt sind.

Einmal im Jahr verwandelt sich das oberfränkische Coburg, nahe an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze gelegen, in das Sambodroms Deutschlands. Das Sambafestival in Coburg ist alljährlich das „Must-Have“ der internationalen Szene. Dann heizen rhythmische Klänge und feurige Tänzerinnen die Innenstadt ein. Auf dem Areal vom Schlossplatz bis zum Marktplatz wird ein buntes und abwechslungsreiches Rahmenprogramm von Freitag bis Sonntag geboten. Highlight ist der farbenprächtige und pompöse Sambaumzug am Sonntag. Diesen Tag haben wir uns ausgesucht. 12 Euro sind auf den ersten Blick schon happig, aber lohnenswert. Zwei Bühnen bieten reichlich Action. Eine davon ist auf dem riesengroßen Schlossplatz aufgebaut, im Hintergrund diese unglaubliche schöne Kulisse mit dem Schloss Ehrenburg, dem Theater und dem Blick in die Altstadt. Bands, Samba- und Tanzgruppen zeigen ihr Können und sorgen für Kurzweiligkeit im Programm. An verschiedenen Fressbuden kann man seinen Gaumen verwöhnen. Coburger Bratwurst, Stockbrot, Steak, Gyros sind nur ein Teil des Angebots. An Flüssigkeit für den Körper ist natürlich auch gesorgt. Sowohl alkoholisch, als auch alkoholfrei. Das Komplettprogramm also. Ich brauche erst mal etwas Bissfestes. Den Hunger stillen. Ein paar Bratwürste nach Coburger Art mit einer Cola kommen mir gerade recht. Gegrillt werden sie paradoxerweise von Italienern. Es ist zwar nicht gerade das Gesündeste, interessiert mich aber in dem Moment weniger. Hauptsache es schmeckt. Sie sind sehr würzig, kräftig und reichhaltig. Die Thüringer Rostbratwurst übertrifft sie dennoch nicht.
Neben den Ess- und Trinkbuden sind verschiedene Souvenir- und Zubehörstände aufgebaut. Sie bieten alles rund um das brasilianische Lebensgefühl an Trommeln in großer und kleiner Ausführung, Schmuck wie Ketten und Ringe, diverse Flaggen, Perücke mit Federn oder ganze Sambakostüme. Die Auswahl ist nahezu unbegrenzt.


Wir schlendern herum, durch die Straßen und Gassen der malerischen Altstadt. Gut, wir drängen uns hindurch. Die Menschenmassen sind unterwegs. Über die drei Tage erwartet man insgesamt über 20000 Besucher. Das ist gewaltig. Trotz bewölktem Himmel und späterem Regen hat das Festival viel Schaulustige angezogen. Die Stadt ist sehr gut gefüllt. An jeder Ecke präsentieren Sambagruppen ihr Können. Sie stimmen sich schon auf das Highlight des Wochenendes ein. Dem Sambaumzug. Die am Festival teilnehmenden Sambaschulen und Tanzgruppen ziehen mit ihren kreativen Kostümen und den rhythmischen Klängen durch die Stadt. Ein wahres Schauspiel auf 2 Km Länge. Pünktlich zum Start des Umzuges um 14 Uhr beginnt es zu regnen. Starkregen, kein Nieseln, kein kurzer Schauer. Der Himmel ist mit dunklen Wolken bedeckt. Schöne Sch…. Er findet trotzdem statt, leider ohne die brasilianischen Tänzerinnen mit ihrem Kopfschmuck, der mit prachtvollen Straußenfedern geschmückt ist. Sündhaft teuer. Sie dürfen nicht nass werden, sie gehen sonst kaputt. Irgendwann hat Petrus doch noch Erbarmen mit uns. Nach einer dreiviertel Stunde hört es endlich auf. Die Regenschirme können zusammengepackt werden. Die Sambatänzerinnen, eigens aus Brasilien eingeflogen, reihen sich nun in den Festumzug ein. Wir bekommen sie doch noch zu sehen. Sie brillieren mit ihrem Hüftschwung, ihren majestätischen Bewegungen und ihrem Flair Lateinamerikas. Sie strahlen das positive Lebensgefühl aus. Mit ihrem prachtvollen Kopfschmuck tanzen sie leicht bekleidet durch Coburgs Altstadt. Echtes Sambafeeling kommt auf. Man bewegt sich selbst im Rhythmus der Trommler und Takt der Musik mit, der ganze Körper ist in Wallung. Ich bin angesteckt. Über zwei Stunden dauert das Spektakel. Die Anstrengungen sind den Teilnehmern ins Gesicht geschrieben, eine schweißtreibende Angelegenheit. Sie geben alles, trommeln und tanzen, was der Körper nach zwei Tagen Festival noch hergibt. Die durchgefeierten und durchzechten Nächte hinterlassen am dritten Tag doch ihre Spuren. Der Körper geht auf dem Zahnfleisch. Dennoch ist ihnen die Freude und der Spaß anzusehen. Sie transportieren ihre Leidenschaft nach außen und übertragen sie auf den Besucher, einschließlich mich. Als sie das Ziel erreichen, fallen sie sich glücklich und erleichtert in die Arme. Die Gesichter strahlen. Mittlerweile blitzt die Sonne sogar noch einmal zwischen den dicken Wolken hervor. Für die Teilnahme an diesem Highlight bewerben sich jedes Jahr hunderte verschiedenen Sambaschulen und Gruppen aus ganz Europa. Alle wollen unbedingt teilnehmen. Mittlerweile müssen sie vom Veranstalter sogar vertröstet werden. Sie werden dann auf die Wartelistefür die kommenden Jahre gesetzt. Wahnsinn.
 
Der zweite große Festivalort ist der Marktplatz, nur einen Steinwurf vom Schlossplatz entfernt. Auf der Bühne haben ebenfalls Sambagruppen und Tanzschulen Gelegenheit ihr ganzes Können zu präsentieren. Dabei wechseln etwa jede halbe Stunde die Akteure. Die einen trommeln mit ihren Händen auf alten ausrangierten Holzkisten, die anderen schmücken sich zusätzlich zu ihren Klängen mit ästethisch tanzenden Tänzerinnen. Eines haben sie alle gemeinsam: die Liebe und Leidenschaft zum Samba. Das spürt man. Die Zeit vergeht, dafür ist gesorgt.

Die Coburger Innenstadt bietet für das Sambafest die beste Kulisse. Der riesige Schlossplatz mit dem Schloss Ehrenberg, dem Theater und dem Palais Edinburgh ist wirklich famos. Die malerische Altstadt steht dem in nichts nach. Der Marktplatz mit dem Rathaus, mit den Cafès und Restaurants versprüht einen verzaubernden Charme. Wirklich sehenswert.
Also warum beides nicht miteinander verbinden?! Stadt und Festival. Eine lohnenswerte Geschichte, in der man viel neues entdeckt. Das positive Lebensgefühl ist inklusive.

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