06 November 2014

Ochsenkopf – Hinauf zum Gipfel




Zentrum des Fichtelgebirges ist die Region um den Ochsenkopf. Erlebnisregion Ochsenkopf nennt man sich für den Tourismus werbewirksam. Nicht nur wegen seiner geographischen Lage, auch durch seine Anziehungskraft auf Touristen und Gäste des Fichtelgebirges mit vielfältigen Freizeitmöglichkeiten. Beachtliche 1024m ragt der Gipfel in die Höhe, nur sein Bruder in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem unverkennbaren Fernmeldeturm aus Zeiten des kalten Krieges, das amerikanische Militär hörte dort ab, ist um ein paar Meter gewaltiger und verdient sich damit den Status als höchster Frankens zu sein. Zwei Riesen des Fichtelgebirges. Wir besteigen heute einen, den kleineren, den Ochsenkopf.



Ausgangspunkt ist Bischofsgrün am Nordhang des Berges. Dieses kleine beschauliche Gemeinde zwischen Ochsenkopf und Schneeberg, im Hochtal des Weißen Mains, dem qiellegöuss des Mains. Im 17. Jahrhundert war man noch Zentrum für die Glaskunst. Das setzte sich ins folgende Jahrhundert fort. Die Familie Wanderer war dafür mit ihrer künstlerischen Fähigkeit verantwortlich. Um das Jahr 1899/1900 entwickelten sich langsam die ersten Ansätze von Fremdenverkehr. 1900 Einwohner Leben im dem heilklimatischen Kurort, welchen Status er seit 1992 trägt. Vorher war es ab 1958 ein staatlicher Luftkurort. Die Gesundheit muss hier gedeihen. Nachgewiesen ist das heilende Klima des hügeligen Mittelgebirges. Davon lebt der Ort. Man profitiert vom Tourismus. Die Besucher der vergangenen Jahrzehnte steigerten sich stetig. Auch den Gesundheitssektor betraf das. Die Höhenklinik der deutschen Rentenversicherung Nordbayern hat sich auf Atemwegserkrankungen alternder Menschen ausgerichtet. Das schafft eben auch Arbeitsplätze in einer ländlichen Gegend. Sogar einen „Ort der Kraft“ soll es geben, nur fünf solcher Art gibt es in Deutschland. Im Natur-Kurpark Bischofsgrün ist so einer. Ein Strahlensucher namens Lothar Meinhardt soll ihn entdeckt haben. Scheint bei einigen positive Wirkung auf die Gesundheit auszuwirken. Nächstgelegene größere Städte wie Bayreuth sind gute 40km entfernt, Hof über 30 Kilometer. Groß ist der Ort nicht, eine Hauptstraße führt hindurch, von der jeweils kleine Straßen abzweigen. Das Zentrum bildet das ockerfarbene Mini-Rathaus, das Kurhaus und ein Café. Guten Kuchen und leckere Torten gibt es im Angebot. Wir haben uns davon selbst überzeugt. Die Pfarrkirche bildet das herausragendste Gebäude Bischofgrüns. Aufgrund seiner Höhe und seiner Architektur, die jedoch keine unbedingt erzählenswerte Besonderheit aufweist. Sie passt stimmig ins Ortsbild. Generell präsentiert sich Bischofsgrün sehr bodenständig und freundlich. Unnötige Äußerlichkeiten werden weggelassen.

Die Seilbahnstation zum Ochsenkopf hinauf befindet sich am Ortseingang Bischofgrüns. Auf dem riesigen Parkplatz davor stellen wir unser Auto ab. Nicht nur wir wollen hinauf auf den Gipfel. Bereits in den 60er Jahren wurde der Ochsenkopf gänzlich touristisch erschlossen. Die erste Seilbahn wurde gebaut. Das Wetter spielt mit, wunderbarer Herbst, die Leute sind unterwegs. Unser Plan: hinauf zum Gipfel wandern, herunter bequem mit dem Sessellift. Wir fragen nur noch kurz an der Talstation nach, ob wir gleich ein Ticket für die Fahrt ins Tal nachher kaufen müssten oder es oben auch ausreicht. Der ältere Herr schaut uns ganz verdutzt an." Die meisten machen es andersrum. Fahren hoch, laufen runter. Ihr seid ja welche" und grinst. Nachdem er unsere Frage beantwortet hat wandern wir los. Über 4 km Marsch haben wir vor uns. Bergan. Vital sollte man sein.
Hundert Meter geht es den Abfahrtshang hinauf, die Schneekanonen sind an der Seite der breiten Pisten zusehen. Im Winter herrscht hier Hochbetrieb. Die beiden Pisten des Ochsenkopfs, der Nord- und der Südhang werden von Snowboardern und Skifahrern bevölkert. Kein Rutschhang. Immerhin über 2km lang. Die Steilheit hält sich in Grenzen . Mit den Skigebieten der Hochgebirgen natürlich nicht zu vergleichen. Für den Spaß genügt es aber.

Auf die Skisprungschanze treffen wir nach wenigen Schritten. Ochsenkopfschanze ist ihr offizieller Name. Bietet sich an. Groß ist sie nicht, schätzungsweise eine 80m Schanze. 1957 war ihr Vorgängermodell eine der ersten, auf der, durch die Matten, ganzjährig gesprungen werden konnte. Für den Stützpunkt des Deutschen Skiverbands ist sie enorm wichtig. Vor allem die nordisch Kombinierer sind in Bischofsgrün stationiert und trainieren für ihre hoffentlich erfolgreiche Karriere. Kilometerlange Langlaufloipen für den klassischen und skating Stil um den Ochsenkopf und im gesamten Fichtelgebirge bieten hervorragende Bedingungen. Auch für den Breitensportler. Langlauf, Schneeschuhwandern und Skifahren. Ein breites und attraktives Angebotsspektrum. Vieles ist möglich in der Erlebnisregion Ochsenkopf. Die Schneesicherheit ist leider in milden Wintern nicht immer für eine geschlossene Schneedecke garantiert. Eben nur ein Mittelgebirge.
Wir verlassen die Wiese des Abfahrtshanges. Von nun an folgen wir einen breiteren Wanderweg, der zugleich Zeughäusern für den Gipfel ist. Die Reifenspuren sind unverkennbar. Ein Idiot kommt uns gleich entgegen. Geschätzte 40 km/h hat er auf dem Tacho und brettert ohne Rücksicht an uns vorbei. Vollpfosten. Nicht nur wir müssen reaktionsschnell Platz machen. Merklich geht es stetig bergan, durch dichten Waldbestand. An einigen Stellen sind mehrere Fichten abgestorben, nur noch der halbe, kahle und graue Stamm ist von ihnen übrig geblieben. Dementsprechend lichtdurchflutet ist dieser Bereich. Links und rechts laufen die kleinen Rinnsalen mit klarsten Wasser herunter. Wahrscheinlich fast Trinkwasserqualität. Überall tun sich neue Quellen auf. Wasserreichtum. Nicht umsonst entspringen gleich zwei Quellen großer Flüsse am Ochsenkopf. Der eine ist der weiße Main, der Quellfluss des Mains. Der andere ist die der Fichtelnaab, einem Quellfluss der Naab, die in die Donau mündet. Das setzt sich in der Luft nieder. Sauerstoffreich und vital, das Atmen wird zum Genuss. Das Hirn entspannt, trotz Bewegung und Anstrengung.
Wir wandern immer in der Nähe zum Lift, so führt uns der Weg jedenfalls. Eine gute Orientierung. Die Station der Sommerrodelbahn, seit 1979 existiert sie bereits, erreichen wir ziemlich schnell, in dem Glauben schon beinahe die Hälfte der Strecke hinter uns zu haben. Wir werden uns täuschen. Immer wieder kommen uns Spaziergänger entgegen. Sie nehmen die einfache Variante, hochfahren und ins Tal laufen. Wie vom Kassierer an der Talstation prophezeit. Das macht uns nichts.

Die Schilder weisen nach einer knappen Stunde noch 1,9km zum Gipfel aus. Puh, wir dachten, wir sind schneller. Hilft nichts. Der Weg wird von nun an enger und vor allem steiler. Es geht nicht mehr so leicht von der Leber weg. Der Puls geht schneller, der Atem ebenso.
Nahe den Gipfel, es wird etwas lichter, der Fernmeldeturm lugt zwischen den Baumkronen heraus, wird der Weg nochmal anspruchsvoller. Als letzte Hürde sozusagen. Das Ochsenkopf-Proterobas wirft sich uns in den Weg. Es ist ein Hartgestein mit grünlicher Farbe, der gesamte Ochsenkopf ist damit durchzogen. Am Wegesrand sind sie für das Auge immer wahrnehmbar. Entweder als vereinzelter Fels oder als Gesteinsgruppe. Er ähnelt dem Granit. Zur Blütezeit der Glaskunst fand er kunstvolle und industrielle Verwendung. Zu Hitlers Zeiten war er ein beliebter Rohstoff für künstlerische Bildhauerwerke. Der mochte das ja.





Ein kleines Hinderniswandern erwartet uns. Trittsicherheit ist schon gefragt. Kleinste Kindern versuchen da den Weg hinab zu meistern, der Weg wird für sie und die Eltern noch weit sein. Die armen. Nach über eineinhalb Stunden sind wir auf dem Gipfel angekommen. Vom Wahrzeichen haben wir einen unfassbar guten Blick. Fast bis Hof können wir schauen. Auf die etwas kalten Steine setzen wir uns, verweilen für einige Minuten und genießen einfach das Panorama. Herrlicher Moment von kurzer Glückseligkeit.



Warum aber heißt dieser Aussichtspunkt Wahrzeichen? In einem Stein der größeren Felsengruppe ist das Haupt eines Ochsen mit den Buchstaben „iGW“ eingemeiselt. Er ist auf den ersten Blick nur kaum zu erkennen, ist ein wenig verblichen. Wer das war, weiß man nicht. Ist auch nicht entscheidend. Verschiedene Legenden ranken sich darum. Eine erzähle ich, in Kurzform. Versprochen.

Also. Der Ochsenkopf war die Grenze zwischen zwei Völkern, den slawischen Wenden und den Franken. Der Stier spielte bei den Wenden eine besonders wichtige Rolle. Er galt für Stärke und war der erste Beschützter ihres Gottes, der Sonne. Eines Tages heiratete der Frankenfürst eine Königstochter der Wenden. Wo die Liebe hinfällt. Als Friedensakt soll der Stierkopf in den Stein gemeiselt worden sein. Ende gut, alles gut! Der Ochsenkopf, ein Sagen umworbener Berg. Viele Mythen ranken sich um ihn.

Wir gehen zum Asenturm. In der Klause wollen wir nach der Anstrengung uns stärken. Endlich haben wir es geschafft. Die Seilbahnstation auf dem Gipfel lassen wir rechts liegen. Noch. Die werden wir nachher nutzen.


 
 
Johann Wolfgang von Goethe, dieser universelle Dichter und Denker der klassischen Zeit, war höchstpersönlich 1875 hier oben. Eine Felsbastion ist sogar nach ihm benannt. Ehre, wem Ehre gebührt.

Der Asenturm, irgendwie ein komischer Name dafür. Ursprünglich sollte er Bayreuther Turm heißen. Einige wehrten sich dagegen, verständlich. Ein Spruch setzte sich durch. Ein Professor aus Wunsiedel hatte ihn vorgeschlagen. Ludwig Hacker hieß der gute Mann, der folgendes formulierte: „Wetter und Sturm trotzt der Asenturm. Tu's ihm gleich, mein deutsches Reich!“ Der Name war geboren. Asenturm. Asen waren germanische Gottheiten und da der Ochsenkopf je her ein heiliger Berg gewesen sei, war dieses Thema erledigt.

In der angebauten Gaststätte wollen wir uns eine Brotzeit gönnen. Die ist fast voll besetzt. Wir setzen uns an den Tisch zu einem älteren Ehepaar. Die essen gerade. Gemein, wir mit unserem Hunger und Durst. Ein urige Gastraum mit einigen Sitzkapazitäten. Leichte Kantinenatmosphäre durch dies Großzügigkeit und Einfachheit des Mobiliars. Wohlfühlen tut man sich. Fast ein Vorgeschmack auf die Skifahrzeit. Fleischkäse mit Bratkartoffeln. Zweimal. Dazu bestelle ich mir ein Wasser, als Durstlöcher, und eine Cola für den Genuss. Deftig und Herzhaft. Dementsprechend satt und platt sind wir. Das Völlegefühl erobert Körper und Geist.

Wir stampfen die sehr schmalen Treppenstufen hinauf auf den Turm.1923 wurde dieser Turm eröffnet. Bis dahin war es ein beschwerlicher Weg. 1902 war die Idee eines festen Turms auf dem Ochsenkopf entstanden. Anschieber waren Vertreter des Fichtelgebirgsvereins. Vorher gab es nur eine Vermessungssäule mit einem Holzgerüst außen herum. Zeit für eine gescheite Lösung. Bis zur Projektumsetzung vergingen noch schweißtreibende Jahre. Nicht nur, weil das Geld knapp wurde. Die Mitglieder und Hilfskräfte mussten das Baumaterial auf den Gipfel schleppten. Schüler transportierten ebenfalls. Höchstleistung für den Körper. Fit musste man sein. Dafür kann man auf das Geschaffene Stolz sein.

Vom kleinen Plateau, eine steife Brise weht, des Asenturms hat man einen unvergesslichen 360-Grad-Panoamablick über das Fichtelgebirge und den Ländereien darüber hinaus. Wirklich fantastisch.
Die Sendeanlage des Bayerischen Rundfunks ist dagegen um einiges höher. 190m ist das Teil insgesamt hoch. Sehr beachtlich. Dementsprechend einnehmend ist das Bauwerk. Im unteren Bereich sorgt ein Stahlbetonturm für Stabilität, dann kommt dieser spitze Rohrmast. 1958 wurde das Szenario errichtet. Ein riesige Reichweite hatte der Sendemast. Entfernte DDR-Gebiete empfingen westdeutsches Fernsehen. Ein perfekter Nebeneffekt. Betreten des Geländes rund um die Sendeanlage ist nicht gestattet. Schilder mit dem Hinweis auf Lebensgefahr durch herabfallende Objekte verbieten das. Der zwei Meter hohe Zaun ist Schutz genug.
Die Südseite des Ochsenkopfes ist im Sommer für Downhill-Mountainbiker sehr beliebt. 2km ist die Strecke lang, sie führt immer am Sessellift des Südhanges entlang. Angeblich soll der Parcours durchaus anspruchsvoll sein, Erfahrung wäre von Vorteil. Das Gute: Man kann das Bike mit dem Sessellift zum Gipfel nehmen, eine Vorrichtung macht es möglich. Das anstrengende Hochradeln erspart man sich also. Wer kein Rad besitzt, kann sich eines an der Seilbahnstation Fleckl ausleihen.
Von einem kleinen Vorsprung hat man noch einmal eine wunderbare Sicht auf das südliche Fichtelgebirge. Mehlmeisel, ein beliebter Fremdenverkehrshang mit kurzem Skihang, ist beispielsweise zu sehen. Die Sonne strahlt uns wärmend und wohltuend ins Gesicht.


Mit einem zufriedenen Gefühl geht es allmählich in Richtung Tal, mit dem Lift. Der Liftmitarbeiter hilft uns noch beim Einsteigen und schon schweben wir über dem Boden. Das Panorama ist fantastisch. Unter uns laufen die Wanderer und Spaziergänger.
Langsam begreifen wir das der Ritt nach oben gar nicht ohne war. Das zieht sich. Für uns durchaus beachtlich. Gute 20 Minuten verbringen wir bequem in der Seilbahn, die nach ihrer Installation 1991 als eine der modernsten Anlagen in Deutschland galt. Heute ist sie das nicht mehr, erfüllt aber deutsche Sicherheitsstandards. Keine Angst. Die italienische Firma Leitner hat sie gebaut. Herrlich.

Somit neigt sich der Ausflug dem Ende entgegen. Die Herbstsonne verliert ihre Kraft und verschwindet Peu a Peu hinter den Wolken. Man merkt es sofort an den Temperaturen, es wird frischer. Perfektes Timing.  

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