Zentrum des Fichtelgebirges ist die Region um den Ochsenkopf. Erlebnisregion Ochsenkopf nennt man sich für den Tourismus werbewirksam. Nicht nur wegen seiner geographischen Lage, auch durch seine Anziehungskraft auf Touristen und Gäste des Fichtelgebirges mit vielfältigen Freizeitmöglichkeiten. Beachtliche 1024m ragt der Gipfel in die Höhe, nur sein Bruder in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem unverkennbaren Fernmeldeturm aus Zeiten des kalten Krieges, das amerikanische Militär hörte dort ab, ist um ein paar Meter gewaltiger und verdient sich damit den Status als höchster Frankens zu sein. Zwei Riesen des Fichtelgebirges. Wir besteigen heute einen, den kleineren, den Ochsenkopf.




Ausgangspunkt ist Bischofsgrün
am Nordhang des Berges. Dieses kleine beschauliche Gemeinde zwischen
Ochsenkopf und Schneeberg, im Hochtal des Weißen Mains, dem
qiellegöuss des Mains. Im 17. Jahrhundert war man noch Zentrum für
die Glaskunst. Das setzte sich ins folgende Jahrhundert fort. Die
Familie Wanderer war dafür mit ihrer künstlerischen Fähigkeit
verantwortlich. Um das Jahr 1899/1900 entwickelten sich langsam die
ersten Ansätze von Fremdenverkehr. 1900 Einwohner Leben im dem
heilklimatischen Kurort, welchen Status er seit 1992 trägt. Vorher
war es ab 1958 ein staatlicher Luftkurort. Die Gesundheit muss hier
gedeihen. Nachgewiesen ist das heilende Klima des hügeligen
Mittelgebirges. Davon lebt der Ort. Man profitiert vom Tourismus. Die
Besucher der vergangenen Jahrzehnte steigerten sich stetig. Auch den
Gesundheitssektor betraf das. Die Höhenklinik der deutschen
Rentenversicherung Nordbayern hat sich auf Atemwegserkrankungen
alternder Menschen ausgerichtet. Das schafft eben auch Arbeitsplätze
in einer ländlichen Gegend. Sogar einen „Ort der Kraft“ soll es
geben, nur fünf solcher Art gibt es in Deutschland. Im Natur-Kurpark
Bischofsgrün ist so einer. Ein Strahlensucher namens Lothar
Meinhardt soll ihn entdeckt haben. Scheint bei einigen positive
Wirkung auf die Gesundheit auszuwirken. Nächstgelegene größere
Städte wie Bayreuth sind gute 40km entfernt, Hof über 30 Kilometer.
Groß ist der Ort nicht, eine Hauptstraße führt hindurch, von der
jeweils kleine Straßen abzweigen. Das Zentrum bildet das
ockerfarbene Mini-Rathaus, das Kurhaus und ein Café. Guten Kuchen
und leckere Torten gibt es im Angebot. Wir haben uns davon selbst
überzeugt. Die Pfarrkirche bildet das herausragendste Gebäude
Bischofgrüns. Aufgrund seiner Höhe und seiner Architektur, die
jedoch keine unbedingt erzählenswerte Besonderheit aufweist. Sie
passt stimmig ins Ortsbild. Generell präsentiert sich Bischofsgrün
sehr bodenständig und freundlich. Unnötige Äußerlichkeiten werden
weggelassen.
Die Seilbahnstation zum Ochsenkopf hinauf
befindet sich am Ortseingang Bischofgrüns. Auf dem riesigen
Parkplatz davor stellen wir unser Auto ab. Nicht nur wir wollen
hinauf auf den Gipfel. Bereits in den 60er Jahren wurde der
Ochsenkopf gänzlich touristisch erschlossen. Die erste Seilbahn
wurde gebaut. Das Wetter spielt mit, wunderbarer Herbst, die Leute
sind unterwegs. Unser Plan: hinauf zum Gipfel wandern, herunter
bequem mit dem Sessellift. Wir fragen nur noch kurz an der Talstation
nach, ob wir gleich ein Ticket für die Fahrt ins Tal nachher kaufen
müssten oder es oben auch ausreicht. Der ältere Herr schaut uns
ganz verdutzt an." Die meisten machen es andersrum. Fahren hoch,
laufen runter. Ihr seid ja welche" und grinst. Nachdem er unsere
Frage beantwortet hat wandern wir los. Über 4 km Marsch haben wir
vor uns. Bergan. Vital sollte man sein.
Hundert Meter geht es den
Abfahrtshang hinauf, die Schneekanonen sind an der Seite der breiten
Pisten zusehen. Im Winter herrscht hier Hochbetrieb. Die beiden
Pisten des Ochsenkopfs, der Nord- und der Südhang werden von
Snowboardern und Skifahrern bevölkert. Kein Rutschhang. Immerhin
über 2km lang. Die Steilheit hält sich in Grenzen . Mit den
Skigebieten der Hochgebirgen natürlich nicht zu vergleichen. Für
den Spaß genügt es aber.


Auf die Skisprungschanze treffen wir
nach wenigen Schritten. Ochsenkopfschanze ist ihr offizieller Name.
Bietet sich an. Groß ist sie nicht, schätzungsweise eine 80m
Schanze. 1957 war ihr Vorgängermodell eine der ersten, auf der,
durch die Matten, ganzjährig gesprungen werden konnte. Für den
Stützpunkt des Deutschen Skiverbands ist sie enorm wichtig. Vor
allem die nordisch Kombinierer sind in Bischofsgrün stationiert und
trainieren für ihre hoffentlich erfolgreiche Karriere.
Kilometerlange Langlaufloipen für den klassischen und skating Stil
um den Ochsenkopf und im gesamten Fichtelgebirge bieten hervorragende
Bedingungen. Auch für den Breitensportler. Langlauf,
Schneeschuhwandern und Skifahren. Ein breites und attraktives
Angebotsspektrum. Vieles ist möglich in der Erlebnisregion
Ochsenkopf. Die Schneesicherheit ist leider in milden Wintern nicht
immer für eine geschlossene Schneedecke garantiert. Eben nur ein
Mittelgebirge.







Wir verlassen die Wiese des Abfahrtshanges. Von
nun an folgen wir einen breiteren Wanderweg, der zugleich Zeughäusern
für den Gipfel ist. Die Reifenspuren sind unverkennbar. Ein Idiot
kommt uns gleich entgegen. Geschätzte 40 km/h hat er auf dem Tacho
und brettert ohne Rücksicht an uns vorbei. Vollpfosten. Nicht nur
wir müssen reaktionsschnell Platz machen. Merklich geht es stetig
bergan, durch dichten Waldbestand. An einigen Stellen sind mehrere
Fichten abgestorben, nur noch der halbe, kahle und graue Stamm ist
von ihnen übrig geblieben. Dementsprechend lichtdurchflutet ist
dieser Bereich. Links und rechts laufen die kleinen Rinnsalen mit
klarsten Wasser herunter. Wahrscheinlich fast Trinkwasserqualität.
Überall tun sich neue Quellen auf. Wasserreichtum. Nicht umsonst
entspringen gleich zwei Quellen großer Flüsse am Ochsenkopf. Der
eine ist der weiße Main, der Quellfluss des Mains. Der andere ist
die der Fichtelnaab, einem Quellfluss der Naab, die in die Donau
mündet. Das setzt sich in der Luft nieder. Sauerstoffreich und
vital, das Atmen wird zum Genuss. Das Hirn entspannt, trotz Bewegung
und Anstrengung.
Wir wandern immer in der Nähe zum Lift, so
führt uns der Weg jedenfalls. Eine gute Orientierung. Die Station
der Sommerrodelbahn, seit 1979 existiert sie bereits, erreichen wir
ziemlich schnell, in dem Glauben schon beinahe die Hälfte der
Strecke hinter uns zu haben. Wir werden uns täuschen. Immer wieder
kommen uns Spaziergänger entgegen. Sie nehmen die einfache Variante,
hochfahren und ins Tal laufen. Wie vom Kassierer an der Talstation
prophezeit. Das macht uns nichts.
Die Schilder weisen nach
einer knappen Stunde noch 1,9km zum Gipfel aus. Puh, wir dachten, wir
sind schneller. Hilft nichts. Der Weg wird von nun an enger und vor
allem steiler. Es geht nicht mehr so leicht von der Leber weg. Der
Puls geht schneller, der Atem ebenso.

Nahe den Gipfel, es wird
etwas lichter, der Fernmeldeturm lugt zwischen den Baumkronen heraus,
wird der Weg nochmal anspruchsvoller. Als letzte Hürde sozusagen.
Das Ochsenkopf-Proterobas wirft sich uns in den Weg. Es ist ein
Hartgestein mit grünlicher Farbe, der gesamte Ochsenkopf ist damit
durchzogen. Am Wegesrand sind sie für das Auge immer wahrnehmbar.
Entweder als vereinzelter Fels oder als Gesteinsgruppe. Er ähnelt
dem Granit. Zur Blütezeit der Glaskunst fand er kunstvolle und
industrielle Verwendung. Zu Hitlers Zeiten war er ein beliebter
Rohstoff für künstlerische Bildhauerwerke. Der mochte das ja.



Ein kleines Hinderniswandern erwartet uns. Trittsicherheit
ist schon gefragt. Kleinste Kindern versuchen da den Weg hinab zu
meistern, der Weg wird für sie und die Eltern noch weit sein. Die
armen. Nach über eineinhalb Stunden sind wir auf dem Gipfel
angekommen. Vom Wahrzeichen haben wir einen unfassbar guten Blick.
Fast bis Hof können wir schauen. Auf die etwas kalten Steine setzen
wir uns, verweilen für einige Minuten und genießen einfach das
Panorama. Herrlicher Moment von kurzer Glückseligkeit.


Warum
aber heißt dieser Aussichtspunkt Wahrzeichen? In einem Stein der
größeren Felsengruppe ist das Haupt eines Ochsen mit den Buchstaben
„iGW“ eingemeiselt. Er ist auf den ersten Blick nur kaum zu
erkennen, ist ein wenig verblichen. Wer das war, weiß man nicht. Ist
auch nicht entscheidend. Verschiedene Legenden ranken sich darum.
Eine erzähle ich, in Kurzform. Versprochen.

Also. Der Ochsenkopf war die Grenze
zwischen zwei Völkern, den slawischen Wenden und den Franken. Der
Stier spielte bei den Wenden eine besonders wichtige Rolle. Er galt
für Stärke und war der erste Beschützter ihres Gottes, der Sonne.
Eines Tages heiratete der Frankenfürst eine Königstochter der
Wenden. Wo die Liebe hinfällt. Als Friedensakt soll der Stierkopf in
den Stein gemeiselt worden sein. Ende gut, alles gut! Der Ochsenkopf,
ein Sagen umworbener Berg. Viele Mythen ranken sich um ihn.


Wir gehen zum Asenturm. In der Klause
wollen wir nach der Anstrengung uns stärken. Endlich haben wir es
geschafft. Die Seilbahnstation auf dem Gipfel lassen wir rechts
liegen. Noch. Die werden wir nachher nutzen.
Johann Wolfgang von Goethe, dieser
universelle Dichter und Denker der klassischen Zeit, war
höchstpersönlich 1875 hier oben. Eine Felsbastion ist sogar nach
ihm benannt. Ehre, wem Ehre gebührt.

Der Asenturm, irgendwie
ein komischer Name dafür. Ursprünglich sollte er Bayreuther Turm
heißen. Einige wehrten sich dagegen, verständlich. Ein Spruch
setzte sich durch. Ein Professor aus Wunsiedel hatte ihn
vorgeschlagen. Ludwig Hacker hieß der gute Mann, der folgendes
formulierte: „Wetter und Sturm trotzt der Asenturm. Tu's ihm
gleich, mein deutsches Reich!“ Der Name war geboren. Asenturm. Asen
waren germanische Gottheiten und da der Ochsenkopf je her ein
heiliger Berg gewesen sei, war dieses Thema erledigt.

In der angebauten Gaststätte wollen
wir uns eine Brotzeit gönnen. Die ist fast voll besetzt. Wir setzen
uns an den Tisch zu einem älteren Ehepaar. Die essen gerade. Gemein,
wir mit unserem Hunger und Durst. Ein urige Gastraum mit einigen
Sitzkapazitäten. Leichte Kantinenatmosphäre durch dies
Großzügigkeit und Einfachheit des Mobiliars. Wohlfühlen tut man
sich. Fast ein Vorgeschmack auf die Skifahrzeit. Fleischkäse mit
Bratkartoffeln. Zweimal. Dazu bestelle ich mir ein Wasser, als
Durstlöcher, und eine Cola für den Genuss. Deftig und Herzhaft.
Dementsprechend satt und platt sind wir. Das Völlegefühl erobert
Körper und Geist.


Wir stampfen die sehr schmalen
Treppenstufen hinauf auf den Turm.1923 wurde dieser Turm eröffnet.
Bis dahin war es ein beschwerlicher Weg. 1902 war die Idee eines
festen Turms auf dem Ochsenkopf entstanden. Anschieber waren
Vertreter des Fichtelgebirgsvereins. Vorher gab es nur eine
Vermessungssäule mit einem Holzgerüst außen herum. Zeit für eine
gescheite Lösung. Bis zur Projektumsetzung vergingen noch
schweißtreibende Jahre. Nicht nur, weil das Geld knapp wurde. Die
Mitglieder und Hilfskräfte mussten das Baumaterial auf den Gipfel
schleppten. Schüler transportierten ebenfalls. Höchstleistung für
den Körper. Fit musste man sein. Dafür kann man auf das Geschaffene
Stolz sein.
Vom kleinen Plateau, eine steife Brise
weht, des Asenturms hat man einen unvergesslichen
360-Grad-Panoamablick über das Fichtelgebirge und den Ländereien
darüber hinaus. Wirklich fantastisch.


Die Sendeanlage des Bayerischen
Rundfunks ist dagegen um einiges höher. 190m ist das Teil insgesamt
hoch. Sehr beachtlich. Dementsprechend einnehmend ist das Bauwerk. Im
unteren Bereich sorgt ein Stahlbetonturm für Stabilität, dann kommt
dieser spitze Rohrmast. 1958 wurde das Szenario errichtet. Ein
riesige Reichweite hatte der Sendemast. Entfernte DDR-Gebiete
empfingen westdeutsches Fernsehen. Ein perfekter Nebeneffekt.
Betreten des Geländes rund um die Sendeanlage ist nicht gestattet.
Schilder mit dem Hinweis auf Lebensgefahr durch herabfallende Objekte
verbieten das. Der zwei Meter hohe Zaun ist Schutz genug.

Die Südseite des Ochsenkopfes ist im
Sommer für Downhill-Mountainbiker sehr beliebt. 2km ist die Strecke
lang, sie führt immer am Sessellift des Südhanges entlang.
Angeblich soll der Parcours durchaus anspruchsvoll sein, Erfahrung
wäre von Vorteil. Das Gute: Man kann das Bike mit dem Sessellift zum
Gipfel nehmen, eine Vorrichtung macht es möglich. Das anstrengende
Hochradeln erspart man sich also. Wer kein Rad besitzt, kann sich
eines an der Seilbahnstation Fleckl ausleihen.
Von einem kleinen Vorsprung hat man noch einmal eine wunderbare Sicht auf das südliche Fichtelgebirge. Mehlmeisel, ein beliebter Fremdenverkehrshang mit kurzem Skihang, ist beispielsweise zu sehen. Die Sonne strahlt uns wärmend und wohltuend ins Gesicht.



Mit einem zufriedenen Gefühl geht es allmählich in Richtung Tal, mit dem Lift. Der Liftmitarbeiter hilft uns noch beim Einsteigen und schon schweben wir über dem Boden. Das Panorama ist fantastisch. Unter uns laufen die Wanderer und Spaziergänger.
Langsam begreifen wir das der Ritt nach oben gar nicht ohne war. Das zieht sich. Für uns durchaus beachtlich. Gute 20 Minuten verbringen wir bequem in der Seilbahn, die nach ihrer Installation 1991 als eine der modernsten Anlagen in Deutschland galt. Heute ist sie das nicht mehr, erfüllt aber deutsche Sicherheitsstandards. Keine Angst. Die italienische Firma Leitner hat sie gebaut. Herrlich.
Somit neigt sich der Ausflug dem Ende entgegen. Die Herbstsonne verliert ihre Kraft und verschwindet Peu a Peu hinter den Wolken. Man merkt es sofort an den Temperaturen, es wird frischer. Perfektes Timing.
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