14 Juni 2015

Krakau - ein lebendiges Freilichtmuseum (Teil 12)


Es ist die heimliche Hauptstadt Polens. Jahrhundertelang war es das Zentrum des polnischen Staates. Herausragende Persönlichkeiten aus Politik und Kultur haben durch ihr Wirken ihre Spuren hinterlassen. Eine aufstrebende Stadt dieses Krakau.
Krakaus Entstehung geht auf eine abenteuerliche Legende zurück. Der ritterliche Stammesfürst Krak soll in der Drachenhöhle, heute befindet die sie im Wawel-Hügel,  mit List und Geschick auf wundersamer Weise den dort hausenden Drachen getötet haben. Daraufhin ließ er dort eine Stadt errichten. Krak-au.


Bereits Ende des 10 Jahrhunderts war Krakau ein bedeutender Handelsplatz. Wichtige Wege kreuzten sich.  Erste steinernde Gebäude entstanden. Das Renommee der Stadt stieg kontinuierlich. Kasimir I. der Erneuerer erhob es zur Hauptstadt Polens und zugleich seinen neuen Königssitz. Eine rasante Entwicklung. Schnell entstanden prachtvolle und imposante Bauten. Auch der niederträchtige Mord an den Erzbischof Stanislaus, seitdem ist er der Schutzpatron Krakaus,  durch König Boleslaw in der damaligen Michaeliskirche langfristig nichts an diesem Status.   

Das schachbrettförmige Netz der Altstadt wurde angelegt, der Grundstein für das heutige Stadtbild. Vorstädte wie das Kazimierz entstanden, der mächtige Wawel-Hügel wurde bebaut.  Immer mehr Menschen jüdischen Glaubens strömten in die Stadt.  Krakau war für sie zu jener Zeit ein sicherer Hafen der Religionsfreiheit, gerade nach den Pestpogromen von 1348.
Das großpolnische Reich  unter der Herrschaft der Jagellonen wuchs und wuchs, bis ins litauische Gebiet. Die Hauptstadt blieb die gleiche. Krakau. Hochmodern für spätmittelalterliche Zeit, sehr fortschrittlich und mit enorm wichtigen Beziehungen zu europäischen Adels- und Königshäuser.  Krakau wurde durch die renommierte Universität mehr und mehr zum Anziehungspunkt für Gelehrte und Künstler. Baumeister vereinigten in den prachtvollen Bauten die Stile der Spätgotik und Renaissance. Vor allem am Wawel und der Tuchhalle des Marktplatzes  ist das noch heute beispielhaft erkennbar.  Auch die Universität blühte auf. Viele Gelehrte und Professoren kamen nach Krakau, junge Menschen wollten an der mittlerweile renommierten Lehranstalt studieren. Künstler und Baumeister folgten. Das setzte sich in den unzähligen Kunstschätzen und Bauten nieder. Trotzdem nahm die Bedeutung Krakaus ab dem 16. Jahrhundert ab. Die schwedische Invasion und deren Plünderungen, die Pest und die Verlegung des polnischen Mittelpunkts nach Warschau hatten Konsequenzen. Viele Tote durch die erstgenannten Katastrophen und der Abgang vieler Einwohner reduzierten die Bevölkerungszahl drastisch.

1795 wurde Krakau in Folge der Dritten Teilung Polens dem Kaisertum Österreich mit dem Kronland Galizien zugesprochen. 1846 erfolgte die endgültige Annektierung an Österreich.  Bis zum ersten Weltkrieg änderte sich an dieser Konstellation nicht. Die Stadte modernisierte sich, die jüdische Bevölkerung hatte daran großen Anteil.
Kriegerische Auseinandersetzungen erreichen Krakau im Ersten Weltkrieg nur kaum. Die Gefechte gingen nur bis zu den Stadtgrenzen. Danach war Galizien Geschichte. Die Österreicher waren geschlagen.In den Zwischenkriegsjahren entwickelte sich Krakau prächtig, erlangte die Stärke vorheriger Zeiten wieder, war neben Warschau das wichtigste Zentrum Polens in jeglicher Hinsicht. Man wurde wieder Teil des neu entstandenen polnischen Staates. Der Zweite Weltkrieg machte diese Entwicklung schlagartig zunichte. Für Krakau bedeutete das die schrecklichste Zeit seines Bestehens.  Die Besetzung durch den Polenfeldzug 1939 war nur der Schritt zur Zerstörung. Die Judenverfolgung setzte damit ein. Ghettoviertel wurden eingerichtet. In Podgorcze lebten zeitweise 20000 Menschen unter unwürdigen Bedingungen. Tausende  fanden ihren Tod. Krakau verlor fast die Hälfte seiner Einwohner, auch die klugen Denker. Die Nazis vernichteten alles, was ihnen in die Finger kam. Darunter auch Teile der Kunstschätze aus dem Wawel. Die Bausubstanz blieb dagegen erhalten, die bauliche Zerstörung hielt sich in Grenzen.

Die Grauen des Krieges waren vorbei. Polen mit seinem sozialistischen System wurde gegründet. Dementsprechend veränderte sich das Bild. Die Trabantenstadt Nowa Huta entstand. Ein Arbeiterviertel als Standort eines Eisenbahn-Kombinats mit aneinandergereihten Plattenbauten als Wohnraum. Planstadt der sozialistischen Ideologie nannte man das. Aus ostdeutschen Städten kennt man das noch. Nicht immer schön anzuschauen.  Krakau war nicht mehr das Krakau aus der Blütezeit. Historische Gebäude hatten Nachholbedarf bezüglich Sanierungen. Menschen wurden in ihren Freiheiten beschränkt. Eine schwierige Situation.

Seit 1990 hat sich Krakau massiv entwickelt. In jeglichen Bereich. Die Wirtschaft und Industrie legt zu. Große europäische Unternehmen siedeln Niederlassungen an. Industrieparks wurden angelegt. Die Infrastruktur mit Autobahn und Flughafen  wurde ausgebaut. Die zentrale Lage ist daran sicher nicht schuldlos. Alles wichtige Meilensteine für die Attraktivität Krakaus, die sich auch in der Beliebtheit ausländischer Gäste wiederspiegelt.  5 Millionen kommen jährlich in die Stadt.
Diese Komponente macht Krakau zu einer jungen, fast nie schlafenden Stadt. Sehr lebendig. Trotz ihrer im Verhältnis zu anderen europäischen Metropolen geringe Einwohnerzahl hat sie eine besondere Anziehungskraft. Nicht zuletzt durch die einschneidenden geschichtlichen Ereignissen. Sie gehört zu den Top Ten der europäischen Städte. Vielleicht auch zu den Top 5, weil sie jene Attraktivität aus historischer Vergangenheit, die zweifelsohne brutal viel Leid mit sich brachte, und moderne Lebendigkeit der jungen Generation in sich vereint. Wir schwärmen von diesem Freilichtmuseum. Wawel, Kazimierz, Wieliczka, Schindlers Fabrik, Auschwitz liegt in unmittelbarer Nähe. Die Liste ist lang…

Auf geht’s zum Entdecken.

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