01 Juni 2015

Quer durch das Riesengebirge (Teil 3)



Harrachov, unser Start am heutigen Tag. Es geht quer durch das Riesengebirge. Am Ende werden wir in Svoboda nad Upou und Horni Marsov sein, vom nordwestlichen in den östlichen Teil des Gebirges.





Einen Ort passieren wir als erstes, Rokytnice na Jizerou. Komplizierter Name. Fünf Kilometer von Harrachov entfernt. Direkt an der Kotel, dem 1435m hohen Berg, leben die 2800 Einwohner in einem der wichtigsten Zentren im westlichen Teil des Riesengebirges. Der Tourismus wird groß geschrieben, besonders im Winter versucht man die Urlauber durch das Skigebiet mit einigen Liftanlagen und Langlaufloipen anzulocken. Im Sommer ist die Ausrichtung ebenfalls klar, die Konzepte sind auf die Freizeitaktivitäten ausgelegt. Ziele und Berge zum Ersteigen gibt es genug. Wie in allen anderen Orten auch. Im Moment herrscht Flaute, was den Schnee betrifft. Warme 8 Grad lassen nicht einmal zu, Kunstschnee zu erzeugen. Anfang Dezember geht hier und im gesamten Riesengebirge diesbezüglich nichts.
Wir befinden uns seit Harrachov im Tal der Iser. Es ist der Fluss der dem Nachbargebirge seinen Namen gibt und beide, das Iser- und das Riesengebirge, voneinander in einem langen Tal trennt. Der Fluss wird in seinem Lauf immer breiter, nimmt an Wasservolumen deutlich zu. Kurvig schlängelt er sich zwischen den Bergen gen Süden. Die Straße schließt sich dem an. Die Natur verändert sich nicht. Dichte Wälder durchziehen die Gegend, unterbrochen von grünen Weiden und Wesen an den sanften Hängen. An manchen von ihnen sind stillstehende Lifte zu sehen. Die Gipfel der Berge sind in einem dichten Schleier gehüllt.
Jablonec nad Jizerou ist die nächste Stadt auf unserem Weg. Einige triste Ruinen begegnen uns am Straßenrand, nicht nur in Jablonec. Sie zeugen von vergangener Industrie. Textilindustrie, Glasherstellung waren die vorherrschenden Wirtschaftszweige. Das war einmal. Heute sind sie nur Zeugnisse aus jenen Tagen.

Linker Hand rauscht das Dörfchen Ponikla an uns vorbei. In Vichova nad Jizerou trennen sich die Wege von der Iser und von uns. Wir umfahren nun die Berge, bewegen uns immer am Fuße des Riesengebirges.
Vrchlabi ist die zweite Stadt an der Elbe seit ihrer Mündung auf dem Kamm des Riesengebirges, an den Ausläufern jenes Gebirges. Die sieht man nur aus der näheren Entfernung. Bis Spindlermühe sind es gute 15 Kilometer. Südlich der Kleinstadt, in de 12000 Einwohner leben. Vrchlabi ist kein Touristenort, ist nicht auf Urlauber angewiesen. Einige größere Firmen haben sich in der Umgebung angesiedelt. Für die umliegenden Dörfer und Ortschaften ist es die einzige Einkaufsmöglichkeit mit Tankstellen, Supermärkten und Geschäften. Deutsche Discounter finden ihren Absatz. Eine Stadt mit bodenständigen Charakter, die Menschen leben einfach, bewältigen ihren Alltag. Wie alle anderen auch.

Im Mittelalter war die Haupteinnahmequelle der Abbau von Erz. Ein wirtschaftlicher Aufschwung war damit verbunden. Vor allem Deutsche zogen in die Stadt. Ende des 18. Jahrhunderts war das erschöpft. Nichts mehr da. Die Textilindustrie sprang in die Bresche. Neue Fabriken entstanden.

Mit dem Augustinerkloster und dem Schloss des ehemaligen Grafen Czernin-Morzin gibt es eine Handvoll Sehenswürdigkeiten. Ein kleines Schmuckstück, dass in einem Wasserkastell im 16. Jahrhundert zu Blütezeiten errichtet hat. Es gilt sogar als erstes seiner Art im böhmischen Raum.

Heute ist das Stadtamt darin untergebracht. Unmittelbar in der eher winzigen Innenstadt sticht das barocke Rathaus am Marktplatz heraus. Die kleinen historischen Bürgerhäuser und die Dekanatskirche komplettieren das Miniensemble.

Die Attraktionen sind begrenzt in Vrchlabi. Eine riesige Indoor-Golf-Halle bietet eine exotische Abwechslung in kalten und nassen Jahreszeiten. Außerhalb Vrchlabis, direkt an der Bundesstraße Richtung Trutnov gibt es auf der linken Seite einen Flugplatz für Segelflugzeuge. Die Flieger kann man chartern und einen Turn über die Umgebung machen. Perspektive einmal anders.

Wenige Kilometer weiter sehen wir eine Art Liftanlage. Wir dachten erst, dass Personen mit dieser bewegt werden. Bei näheren hinsehen wird jedoch klar, dass es sich um einen Lastseilahn handelt. 8km soll die lang sein. Sie befördert die abgebauten Kalksteine vom Steinbruch am Biner bis zum Baustoffwerk von Kuzmine nad Labem. Die Karren am Seil bewegen sich sogar, werden somit von einem zum anderen Ort gezogen.
In der Nähe von Cerny Dul verlassen wir die gut ausgebaute Bundesstraße, biegen links ab. Es wird hügeliger. Immer noch befinden wir uns am südlichen Fuße des Riesengebirges. Ein Ort, der mit dem Hintergrund des Eisenerzabbaus als Bergstadt im 16. Jahrhundert gegründet wurde. Der Kalkabbau kam im 18. Jahrhundert hinzu. Heute ist es eher ein Wintersportort. Wir fahren durch den langgezogenen Ort, der 700 Menschen hat, der Nebel zieht, je höher wir kommen, mehr auf. Die Sicht wird trüber. Die Pfarrkirche des Erzengels Michael im Renaissance-Stil und das Rathaus mit den Vorlauben sind nun schemenhaft erkennbar.
Janske Lazne ist ein traditionsreicher Kur- und Wintersportort. Er befindet sich direkt am Berg Cerna Hora. Heute ist er komplett im Nebel verhüllt.
Bereits am Ortseingang treffen wir auf Skifahrer, die die Abfahrtpisten herunter rauschen. Sie fahren direkt über uns, über die Brücke, die über die Straße führt.
Das Skigebiet um Janske Lazne wurde in den vergangenen Jahren zügig ausgebaut. Über 10 Lifte stehen zur Verfügung, die Pisten gehören zu den längsten im tschechischen Gebiet. Damit wurde auch immer mehr auf das Prädikat ganzheitliches Erholungszentrum. In den Sommermonaten setzt man auf Outdoorsportarten wie Mountainbiking, Klettern oder Wandern mit einem weit angelegten Routennetz. Die Natur und die Landschaft des Riesengebirges lässt es zu.
Laut einer Sage entdeckte ein gewisser Jan aus Chockov eine Wärmequelle. Es dauerte jedoch nachweislich bis ins 17. Jahrhundert als Jan Adolf Schwarzenberg den Kurort offiziell gründetet. Die ersten Einrichtungen entstanden. Über satte 30 radioaktive, thermale Mineralquellen finden ihren Ursprung im Kurgebiet. Weltberühmt wurde der Kurort in der Heilung von Kinderlähmung. Im Moment sind es eher die Erkrankungen am Bewegungsapparat, die versucht werden, erfolgreich zu behandeln.
Mitten im Kurort sticht die Kolonnade heraus. Erbaut wurde sie im Neurenaissancestil, verziert mit Jugendstilelementen. Eine charmante Anlage mit Kurhaus, Schwimmbad und Cafe. Durch das Wetter hat es nicht viele Leute auf die Straße verschlagen. Die wenigen, die sich doch heraus getraut haben, sind älteren Formats. Es macht fast einen verlassenen Eindruck. Trotzdem scheint es ein traditionsreicher Kurort inmitten der Berge und Wälder des Riesengebirges zu sein.
Die Straße führt uns nach Svoboda nad Upou, ins Tal des Flüsschens Aupa. Mit 2000 Einwohnern ist es einer der größeren Städte im Riesengebirge. Bis 1560 war dieser Teil Tschechiens unbesiedelt. Tiroler entdeckten das Holz. Nicht nur das, eine Bergmannssiedlung entstand. Über und unter Tage wurde gefördert, bis nichts mehr an Vorkommen da war. Dafür rückte die Papierherstellungsindustrie im 19. Jahrhundert in den Mittelpunkt. Riesige Ruinen am Ufer des Aupa bestimmen das Blid Svobodas. Eingeschlagene Scheiben, verlassene Hallen prägen einen ganze Front. Die besten Zeit liegt hinter ihnen. Heute versucht man die günstige Lage im Riesengebirge als Touristen- und Erholungsort zu nutzen. Janske Lazne, der Cerna Hora und die Schneekoppe sind nur wenige Kilometer entfernt. Wanderwege und Fahrradtrassen wurden ausgebaut, ein Skiareal geschaffen. Man versucht alles, um in den Fokus der Urlauber zu gelangen.
Horni Masov unsere letzte Station auf unserem Abschnitt quer durch das Riesengebirge. Noch immer befinden wir uns im Tal der Aupa. Aufgrund der Rodung der Waldbestände in der Umgebung, wurde der Ort im 15. Jahrhundert gegründet. Die Holzgewinnung für die boomenden Bergwerke hatte damals hohe Priorität. Eine bedeutende Sehenswürdigkeit befindet sich in der Nähe, die restaurierte Waldburg Aichelburg. Viel ist von der ursprünglichen Bebauung nicht mehr übrig. Inmitten des Svetla Hora ist sie zu finden. Sie wurde in Gedenken an den beliebten Graf Aichelburg errichtet. Das war im 16. Jahrhundert. Eine Renaissancekirche und ein klassizistisches Schloss sind

Weitere attraktive Bauten. Die einfachen Häuser prägen den Ort. Mahagonibraune Holzhäuser. Rustikal, gemütlich, bodenständig. Sie verkörpern diese Natürlichkeit, den Charme und das Leben der nördlichsten Region Tschechiens. Ein typischer Ort des Riesengebirges.






































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