12 April 2014

Im Räuberland des Spessarts TAG 2




Der zweite Tag ist angebrochen. Nach dem Frühstück geht es wieder raus, an die Luft. In die Welt. Nein, das ist zu melancholisch. Vorweg, das Wetter ist ähnlich wie gestern. Vielleicht einen Tick freundlicher. Aber eigentlich nebensächlich. Heute ist der südlichere Teil des Spessarts und das Mainland dran, bis zur Landesgrenze zu Württemberg und der zum Naturpark Odenwald. Hauptsächlich folgen wir dem Main.


Auf den Spuren der Römer 
Römerstadt Obernburg

Die Römerstadt Obernburg ist unsere erste Station. Wenige Kilometer von Leidersbach entfernt. Die Brücke über den gefühlt kilometerbreiten Strom bringt uns in die klitzekleine Altstadt. Sie ist auf einem römischen Kastell gebaut. Dieses wurde bereits um 80 n.Chr. an einer Kreuzung alter Handelsstraßen angelegt. Große monumentale Bauten gibt es nicht zu sehen. Reste der mittelalterlichen Stadtmauer, das Obere Tor oder der Almosenturm sind die Highlights, wenn man es so nennen will. Vielmehr die liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser, die vielen kleinen Winkel in den Seitenstraßen geben einen verschlafenen, verträumten Eindruck wieder. Die Vöglein zwitschern. Es ist Sonntagfrüh. Einige der 8600 Einwohner sind schon unterwegs, holen ihre frischen Brötchen vom Bäcker. Das Römermuseum, etwas unscheinbar von außen, hat geschlossen. Winterpause, im März. Bisschen fragwürdig. Wäre sicherlich interessant gewesen.

Wörth am Main: Schiffswerft
Irgendwann ist immer das erste Mal

Entlang des Mains, auf einer vierköpfigen Schnellstraße, düsen wir nach Wörth. Ja man wird es nicht glauben. Wörth am Main, die Betonung liegt auf dem Wörtchen Main, heißt das kleine Nest. Ok, es ist eine Stadt mit 4700 Einwohnern. Kommt einem aber gar nicht so vor, besonders in der Altstadt. Dort, wo alles einem sehr dörflich erscheint. Das Gras wächst teilweise aus den Fugen der gewaltigen Pflastersteine. Die Häuser sind mit Pflanzen um seinem Fachwerk verziert. Das Auto wird am Ufer des Mains geparkt. Gegenüber ist die Schiffsreederei. Ein Frachtkahn ist sogar aus dem Wasser gezogen und wird derzeit instandgesetzt. Links nebenan ist eine Spedition für die Schifffahrt. Überhaupt ist der Ort mit seiner Geschichte stark von der Mainschifffahrt geprägt. Das gerodete Holz aus Odenwald und Spessart wurde hier ab dem 16. Jahrhundert auf dem Wasser transportiert. Es gibt auch ein Museum, logischerweise ein Schifffahrtsmuseum. Hat natürlich geschlossen. Mal wieder typisch. Dafür jetzt ein Highlight anderer Art. Für mich und für alle, die mir zusehen. Meine ersten Versuche auf Inline Skates. Noch nie gemacht. Irgendwann ist immer das erste Mal. Frisch 4 Tage vorher gekauft, erleben sie jetzt ihre Sternstunde. Der Asphalt an der Mainpromenade, zugleich Teil des Maintalradweges, ist prädestiniert. Mit Blick auf die mit Weinreben gesäumten Berge geht es los. Das Anziehen wird schon zur Qual. Wacklig stehe ich auf den Rollen, versuche langsam zu skaten. Es geht besser als ich gedacht habe, so schlecht mache ich es nicht. Zwar etwas steif, aber immerhin. Kleine Wackler bringen mich öfters aus dem Gleichgewicht, mit überschwänglichen Armrudern kann ich mich aber retten. Dauert auch nicht lang, bis es mich das erste Mal auf den Boden der Tatsachen zurückführt. Wie ein nasser Sack falle ich um. Zum Glück kann ich mich mit Geschick in die Wiese abfangen. Die Hose ist dreckig. Genau an einer unangenehmeren Stelle. Man könnte denken , ich hätte in die Hosen gemacht. Nach 20 Minuten ist das Debüt vorbei. Fürs Erste reicht es, anstrengend. Nach einiger Zeit fallen mir die hohen Stahlwände und das Stahltor etwa 20m entfernt vom Main auf. Hochwasserschutz mein erster Gedanke. Stimmt auch. Habe ich mich schon immer gefragt. Wie gehen die Menschen mit dieser ständigen Gefahr um?! Sicher nicht einfach zu wissen, dass es immer möglich ist. Die Kraft zum Neuaufbau nach einer Katastrophe, die es nicht zu wenig in der Vergangenheit gab, zu haben. Hier ist es dieser Schutz. Sogar kleine Luken sind als Guckfenster in die Wände eingebaut. Steigt das Wasser, schließt man das Stahlrolltor.
 
Mit dreckiger Hose geht’s in Richtung Miltenberg. Was kommt als nächstes? Erstmal Klingenberg mit seiner aus dem 12. Jahrhundert stammenden Höhenburg Clingenburg. Wichtig, wird mit „C“ geschrieben. Auf der Burgruine finden Festspiele statt. Wir überzeugen uns nicht davon, sie ist auch von unten hübsch anzuschauen. Übersehen kann man sie nämlich auf dem Weinberg nicht. Wieder bestimmt das Fachwerk die historische Altstadt mit Stadtschloss, Stadttor oder Altem Rathaus. Man gewöhnt sich fast schon daran.

 Hinauf zum Michael
Kreuztreppen mit 612 Stufen

Schnell sind wir in Großheubach. Von Weiten sehen wir schon das Kloster Engelberg. Die Stadt unten ist nicht besonders sehenswert. Etwas Fachwerk. Sonst alles sehr normal. Viele Eigenheime, viele Mehrfamilienhäuser, bisschen Industrie- und Gewerbegebiete. Das wars dann schon. Hinauf auf den Berg. Zum Kloster und der Wallfahrtskirche. Man könnte laufen, immerhin exakt 612 Treppenstufen, tun auch manche, wir fahren, war ja klar. Oben ist ganz schön was los. Kein Wunder, es ist Sonntagmittag. Vernünftiges Wetter. Der Ausblick über das Maintal ist grandios. Zeit zu genießen. Weg vom Trubel unten. In der urigen Klosterschänke kann der Hunger und Durst gestillt werden. Machen wir nicht. Sie hat für uns zu sehr Kantinencharakter. Die Franziskaner siedelten sich, Jahrhunderte nach der Gründung 1828 an. Die erste Kapelle wurde 1300 errichtet und dem Erzengel Michael gewidmet. In der Wallfahrtskirche befinden sich die Gräber des Fürstengeschlechts Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Nach paar Minuten reicht es mir dann auch. Ich schaue mir gerne religiöse Gotteshäuser an, um auch deren Denk- und Sichtweise zu verstehen. Trotzdem muss ich es nicht übertreiben. Im kleinen Klosterladen kann man Produkte des Klosters oder der Region erwerben. Natürlich werden Postkarten gekauft. Was auch sonst.

Die Perle des Mains

Wenig später kommt das Highlight des Tages. Schon viel gehört und gelesen über die Perle am Main. Miltenberg. Musste erstmal nachlesen, ob mit Buchstabe „t“ oder „d“, hart oder weich. Es ist, über weite Grenzen, für sein brillant erhaltenes Fachwerk in der Altstadt bekannt. Links des Mains. Die Mainbrücke mit dem Brückentor bildet den Eingang. Der Ausblick gibt einen Vorgeschmack, was einem drinnen erwartet. Ich kann es gar nicht erwarten. Schnell parken. Kostenlos sogar. Vorher hatten wir Hoffnung, möglicherweise eine Mainschifffahrt mitmachen zu können. Da haben wir Pech, sind nicht in der richtige Jahreszeit hier. Dementsprechend fällt sie ins Wasser. Nur über die stark befahrene Verkehrsader und wir sind schon mittendrin. Zwischen Fachwerk und Kopfsteinpflaster. An ihnen sieht man die Geschichte dieser Stadt. Alt und bedeutend. Immerhin geht die Entstehung bis ins 3. Jahrhundert zurück, durch die Erbauung römischer Kastelle in der Umgebung. Nicht umsonst liegt es auf der 700km langen Ferienstraße „Deutsche Limesstraße“, auf der wir uns seit Obernburg befanden. Die Stadt an sich entwickelte sich erst im 13. Jahrhundert, im Schutz der Mildenburg. Leicht zu verwechseln, finde ich. Wir schlendern durch die Gassen. Staunend über so viel Liebe zum Detail und zur Restauration. Man kann sich vorstellen was hier los ist, wenn die Touris in den warmen Monaten sich hier hindurch quetschen. Halli Galli. Die Mildenburg kommt näher. Kraxeln ist angesagt. Zum Glück nicht lang, reicht aber schon, damit der Puls an der Halsschlagader hämmert. Wieder ein herrlicher Ausblick. Luftig, deswegen halten wir hier oben nicht lange aus. Rein können wir nicht. Ihr werdet es euch denken können. Ja, geschlossen. Gewöhnungssache. Runter geht’s wieder. Ins Schwarzviertel, der älteste Teil dieser Stadt. Das darf man sich jetzt nicht vorstellen wie in Berlin oder Hamburg, wo die Viertel so groß wie Miltenberg zusammen sind. Nein, hier ist es nur ein kleiner Teil der Altstadt. Und die ist nicht überdimensional groß. Allgemein ist die Fachwerkstadt nicht groß, über 9000 Einwohner, die sich auch rechts des Mains im Laufe der Jahrzehnte angesiedelt haben. Nach ein paar Schritten sind wir durch, zurück Richtung historischen Marktplatz. Vorbei an der Brauerei, es riecht und stinkt. Schuld daran ist die Maische. Der Magen knurrt langsam, die Beine tun etwas weh vom Laufen. Wir suchen uns ein Cafe. Naja, Cafe kann man es nicht nennen. Weiß auch jetzt gar keine Bezeichnung. Altstadtmarkt heißt es, etwas unscheinbar. Alles wird angeboten. Von Kaffee über Kuchen und Torte bis hin zu den Spinatnudeln oder dem Schnitzel mit Bratkartoffeln. Stilvoll eingerichtet in einer sehr ruhigen Atmosphäre zum Wohlfühlen und Aushalten.
 
Wir lassen uns Zeit. Zeit zum Runterkommen. Eines fällt mir noch auf. Dieser Bundsandstein. Typisch für diese Region. Im 18. Jahrhundert erstmal im Bergbau abgebaut, ist es heute noch ein beliebter Baustoff. Überall, wo man hinsieht. An nahezu jedem Haus, die Straßen und Fußgängerzonen in den Städten und Dörfern. Es prägt die Ortsbilder. Sehr auffallend, gestern und heute, an beiden Tagen. Passend, dass man in Miltenberg das rote Gestein “nackt“ an den doch relativ steilen Erhebungen besonders sehen kann. Insgesamt habe ich nie das Gefühl, dass ich im Bundesland Bayern bin. Durch die Nähe zu Hessen und Baden-Württemberg und deren Einflüssen geschuldet. Obwohl man hier viele Franken-Fahnen sieht. Hinterher erfahre ich, dass die Hessen und die Unterfranken sich nicht allzu gut riechen können, ihre Problemchen miteinander haben. Komisch, begreife ich irgendwie nicht.

Freude mit der Freudenburg in Freudenberg

Blick von der Freudenburg
 Der Main, der Main, immer der Main Irgendwann brechen wir wieder auf. Nach kurzem Blick haben wir die weitere Route abgesteckt. Mittlerweile ist es halb Vier. Viel machen wir nicht mehr. Burgstadt, danach Freudenberg, immer dem Main entlang. Mittlerweile sind wir sogar in Baden Württemberg. Erneut fahren wir auf touristisch erschlossenen deutschen Ferienstraßen, Nibelungenstraße und Deutsche Fachwerkstraße. Die hoch oben gelegene Freudenburg im Erhohlungsort ist schon weithin sichtbar. Wir versuchen erst mit dem Auto hochzukommen. Träge, wie man immer ist. Daraus wird aber nichts. Endstation ist dann der Waldweg. Wir kehren um, stellen das Auto unten am Rathaus neben der Kirche ab. Am Straßenrand. Irgendwie üblich hier. In jedem Ort stehen die Fahrzeuge am Straßenrand, auch an den Hauptstraßen. Abbremsen und Umfahren. Abbremsen und Umfahren. Schon lästig teilweise. Zurück zur Freudenburg. Hinter der Kirche besteigen wir den Burgweg, die Treppe hinauf. Bringt jeden außer Atem. Zwischendurch ab und zu stehen bleiben und den Blick genießen, das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, Pausen, nur da kommt Freude auf, hinauf zur Freudenburg. Oben angekommen erwartet jedem Kraxler die Burgruine. Seit 1656 wird sie wohnlich nicht mehr genutzt. Lang, lang ist es her. Trotzdem wird sie noch genutzt. Im Inneren ist eine Stahlrohrtribühne aufgebaut. Aufführungen für Festspiele und Theater finden hier statt. Tolles Ambiente. Auf den Mauern, die Stadtmauer führt von der Burg in die Stadt, kann man sitzen, wie Prinz und Prinzessin oder wie Hofnarr und Gesindel. Je nachdem, was man sein will. Der Ausblick überragt einmal mehr. Traumhaft. Ich weiß, ich sag und schreib es immer wieder. Ich wiederhole mich. Aber wenn es doch wahr ist?! Runterwärts geht es schneller. Wie immer im Leben. Unten setzen wir uns noch für ein paar Minuten an den Main. Sinnen über den heutigen Tag. Diskutieren über Eigenarten. Schlussendlich raffen wir uns auf, wollen ins Hotel. Sind kaputt.

 Von Baden Württemberg nach Bayern mit der Fähre
Blick von der Fähre zum bayer. Ufer

Unerwartet kommt dann doch noch ein Highlight. Besonders heutzutage, für mich jedenfalls. Wir mussten auf die andere Seite des Flusses. Keine Brücke, keine Möglichkeit, nichts. Doch dann kam sie, nach 10 Kilometern. Durch Zufall. Wir hatten schon die Befürchtung bis Wertheim gurken zu müssen. In Mondfeld gelangten wir mit der Fähre über den Fluss. Die pendelt alle Minuten von einem zum anderen Ufer. Schnell mit dem Auto drauf gefahren, 2,70 hat es gekostet. Geschippert wird sie von einem Original. Der Kapitän, überspitzt formuliert, mit Latzhose und Hut, bringt uns gekonnt hinüber nach Stadtprozelten, an das andere Ufer. Von Baden Württemberg nach Bayern. Der Main bildet hier die Grenze zwischen beiden Bundesländern. Zwischendurch hat er noch die Muse ein Foto von uns zu machen, selbstverständlich mit Burg im Hintergrund. Die Henneburg ist das, eine Burgruine. Generell ist es auffallend, dass es viele Burgen in dieser Region gibt, speziell am Main. Strategisch gut gelegen, an den Hängen der Berge entlang des Flusses. Gut zur Verteidigung, gut zum Angriff. Heute vorzeigbare Kulturgüter dieser Landschaft. Über Altenbuch, dem Markt Eschau und Heimbuchenthal landen wir wieder im Hotel. Duschen und Chillen.

Italiano neben der der Kegelbahn

Gegen 7 gehen wir essen, in den Ort. Die Pizzeria wartet auf uns, neben der Kegelbahn, mitten im Ort. Setzen wollten wir uns in den Wintergarten. Leider war dort kein Platz mehr, kein Problem. Gut was los hier. Innen erinnert es mich mehr an den spanischen Stil als an Italiano. Das Essen war geschmacklich richtig gut, kann man nicht meckern. Wir haben uns einmal Pizza mit Schinken und Salami sowie eine Grillplatte mit verschiedenen Fleischsorten (von Pute bis Rind) und dazu Bratkartoffeln. Die Pizza war reichlich belegt, das Fleisch war auf den Punkt und sehr zart, die Bratkartoffeln würzig. Für die musste ich dann sage und schreibe einen Euro mehr zahlen. In der Speisekarte waren sie mit Pommes ausgeschrieben. Die musste ich nicht schon wieder haben. Nur um mir das mitzuteilen kam die Chefin höchstpersönlich an unseren Tisch. Für mich unverständlich, hab ich so noch nie gesehen. Generell fand ich die Chefin, die bediente, sehr unsympathisch. Es muss nicht sein, dass man seine Bedienung vor Kundschaft zusammenstaucht, auch wenn sie vielleicht einen Fehler gemacht hat. Schmälert das vorzügliche Essen. Ändert aber nichts daran, dass wir gut genährt uns ins Bett legen und dem Abreisetag fast schon entgegentrauern. Wie immer im Urlaub.



















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