10 Oktober 2014

Beeindruckendes Split (Teil 11)




Die Reiseroute führt uns in die zweitgrößte Stadt Kroatiens. Split. Die inoffizielle Hauptstadt Dalmatiens. Mir war es vor allem durch seinen Fußballclub ein Begriff. Hajduk Split. Bekannt für seine leidenschaftlichen und beinahe fanatischen Anhänger. Sie leben den Verein. Doch die Stadt ist bedeutend mehr als nur das.

Split befindet sich an der dalmatischen Adriaküste im Süden Kroatiens. Eingekesselt von den Gebirgszügen des Peruns, des Kozak und des Mosors liegt sie geschützt auf einer Halbinsel. Regentage sind eher nicht an der Tagesordnung. Die Sonne scheint ganzjährig, somit sind die Temperaturen auch im Winter sehr angenehm. Von weitem, auf der Fahrt in die Stadt, sieht man die Plattenbauten. Aneinandergereiht. Sie sind nicht mit jenen von Rijeka, die wir dort gesehen haben, vergleichbar. In Split sind sie moderner, renoviert und daher versprühen sie nicht diesen strukturarmen osteuropäischen Charme, wo man immer dass Gefühl hat, das man selbst reich ist und die anderen wohlstandslos sind. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil. Immerhin gilt es für ungefähr 220000 Menschen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Einwohnerzahl ist Split die zweitgrößte Stadt Kroatiens. Nur die Hauptstadt Zagreb ist größer. Die Stadtgrenze vermischt sich fast fließend mit denen von Solin, der unmittelbaren Nachbarstadt.
Damit hat die Stadt eine besondere Bedeutung für die Einwohner, für die Region und für das gesamte Land.
Verkehrsknotenpunkt. Wirtschaftsstandort. Kultur- und Bildungszentrum. Split hat alles zu bieten. Durch die Lage am Meer verfügt der Hafen und seine Industrie über einen enormen Stellenwert. Er schafft unzählige Arbeitsplätze. Der Schiffsbau spielt die zentrale Rolle. Reedereien und Werften kümmern sich um große und kleine Schiffe. Yachthäfen bieten Andockmöglichkeiten für die Luxusschiffe der Reichen. Der Hafen ist ein wichtige Knotenpunkt des kroatischen Raums auf dem Wasser. Nicht nur die mitteldalmatischen Inseln werden von damit den verschiedenen Verbindungen, sie sind teilweise der einzige Kontakt zur festländischen Außenwelt aus angesteuert, sondern es legen Schiffe in die Metropolen der Adria ab. Andersherum wird Split als Ziel immer attraktiver, die Kreuzfahrtdampfer steuern vermehrt an. Der Fremdenverkehr ist der zweitwichtigste Wirtschaftszweig in der Stadt. Jeden Tag strömen Touristen und Ausflügler in die Altstadt. Sie wollen das seit 1979 geschützte Herzstück Splits, der innere Altstadtkern,  besuchen. Wie wir auch. Unseren Stadtrundgang beginnen wir am Dominikanerkloster. Dort fanden wir problemlos einen Parkplatz. So problemlos wie die Fahrt ins Zentrum. Entspannter Verkehr, ohne Drängeln und Hupen. Das hätte ich vorher nicht erwartet.
Wieder dieses Markttreiben. Wieder dieses Anpreisen der Ware. Dieses gegenseitige Unterbieten. Wieder dieses Gemüses, Obst, dieser Fisch, diese Blumen, diese Gewürze. Wieder diese Qualität, diese Frische. Endlos. Dieser Markt geht eher in die Formen eines Basars über. Kleidung, Haushaltsutensilien, Souvenirs . Alles mögliche wird angeboten. Das gleiche Szenario findet jeden Tag statt. Container, Verkaufsstände und Steinblöcke zur Präsentation der Waren sind fest installiert, gehören somit zum festen Bestandteil des täglichen regen Trubels auf dem Handelsplatz.

Wir befinden uns an der östlichen Seite der Altstadt. Die riesigen Dampfer sind schon im Hafen zu sehen. Dort wollen wir erstmal aber nicht hin. Es wird uns früher oder später sowieso ans Wasser ziehen. Die Stadtmauer, die die historischen Gebäude umgibt, versprüht auf den ersten Blick bereits historischen Charme. An manchen Stellen steht sie etwas bröckelig, teilweise sind große Teile des Mauerwerks herausgefallen. Durch das Silbertor, die Porta Argentea, betreten wir das historische Zentrum Splits. Wir biegen links ab, bewegen uns unbewusst Richtung Uferpromenade und damit zum Meer. Nach wenigen Metern sehen wir das hellblaue Wasser. War ja klar. Wir gehen an der Promenade entlang, der Blick auf die See gerichtet, vorbei an Souvenirläden, Schmuckgeschäfte und Boutiquen. Plötzlich bleiben Menschen vor einem Eingang stehen, treten hinein. Wir tun es ihnen nach. Es ist der Eingang zum Komplex des Diokletianspalast. Allein er nimmt einen erheblichen Teil der östlichen Hälfte der Altstadt ein. Es die Mitte des Zentrums, die Keimzelle der Stadt. In der unterirdischen Gewölbepassage haben sich Künstler mit ihren Ständen breit gemacht. Bilder, Gemälde, Skulpturen oder verschiedenste Glaskunst kann käuflich erworben werden. Natürlich darf man die Souvenirhändler nicht vergessen. Von der Postkarte bis zu kleinen Figuren ist die Palette des Angebots sehr vielfältig. Unterhalb des Palastes existiert noch in der heute ein verzweigtes Tunnelnetz. Natürlich besteht die Möglichkeit, ein Teil davon zu besichtigen. Kostet aber, die beiden Abkassierer warten schon. Die Touristengruppen stehen hier drinnen, hören aufmerksam ihren Guides, die farbige Regenschirme zur Orientierung in die Höhe halten, zu. Entweder über Kopfhörer oder über Lautsprecher. Ersteres ist immer von Vorteil, für einen selbst vor allem. Sonst kann es schon mal zu einem Wirrwar aus unterschiedlichsten Sprachfetzen. Es ist dunkel. Nur kleine Leuchten geben Licht und Orientierung. Am Ende des Ganges gibt das grelle Tageslicht den weg vor, wohin es gehen soll. Allerdings ist das nicht der einzige Ausgang aus der Dunkelheit. Ein Abzweig geht nach rechts. Wir steigen die Treppenstufen hinauf in die „erste Etage“ des Palastes. Touristengruppen laufen langsam vor uns. Die betagten Leute kämpfen mit sich und der Hitze. Die Wasserflasche immer in der Hand. Nur noch die Raumformen und Grundrisse sind heute vorhanden. Möglicherweise befanden sich zu Kaiser Zeiten seine Wohngemächer in diesem teil dieses monumentalen Bauwerks. Durch die Fensterausschnitte an der Südseite kann man den Blick auf das Meer genießen, das geschäftige Treiben an der Uferpromenade inklusive. Die Sonne brennt herunter, in der Mittagszeit fällt das Thermometer nicht unter dreißig Grad. Wir gehen wieder zurück, die Treppen hinunter in den Lichtkegel, der uns vorhin schon angestrahlt hat.
Wir gelangen in den rechteckigen, offenen Säulenhof, Peristyl ist sein offizieller Name. Seine Konstruktion mit den an allen Seiten umgebenden durchgehenden Säulenhallen, ist ein typisches Beispiel für die antike Architektur der Griechen und Römer. In Fall des Diokletianpalastes ist es das Römische. Die Touristen sitzen im Schatten auf den Treppenabsätzen aus Marmor und betrachten das rege Leben, machen Pause vom Sightseeing.
Richtet man die Augen nach oben gen Himmel, sieht man den freistehenden Glockenturm der Kathedrale St. Domenicus. Der Turm ist begehbar, für 10 Kuna pro Person. Wir nehmen die Anstrengung in Kauf, somit auch die Gefahr zu schwitzen. Es ist durchaus beschwerlich, die Stufen sind nur unregelmäßig. Eher zu hoch für uns. Power in den Beinen ist gefragt. Im oberen Teil ist eine Eisenkonstruktion zur Erklimmung installiert. Für Menschen mit Höhenangst heißt die Devise, nicht nach unten zu schauen. Lässt man etwas fallen, schlägt es 40m tiefer auf. Der Weg in die Höhe lohnt sich trotzdem. Eine unvergessliche Aussicht bekommt man als Entschädigung geboten. Die Dächer der geschützten Altstadt, die Plattenbauten, das Meer, das Hinterland. Selbst Trogir ist zu sehen. Traumhafte Kulisse. Wir machen Bilder über Bilder. Es lässt sich aushalten, auch dank des wehenden Windhauchs. Auf dem Weg hinunter gilt besondere Vorsicht, sonst hat man ein Erlebnis der negativen Art. Fällt man, rutscht man aus, dann landet man hart. In eine der „Gucknischen“ brütet eine Vogelmama ihre Eier aus. Die sind bereits geschlüpft und haben das Licht der Welt erblicken.

Auf Meereshöhe wieder angekommen, wollen wir selbstverständlich die Kathedrale besichtigen. Wollten wir. Für den Zugang zur Krypta wird Eintritt verlangt, für den Innenraum der Kathedrale ebenso. Alles in allem macht das über 50 Kuna, pro Person. Da ist uns die Lust vergangen. Der finanzielle Rahmen, jedes kostenpflichtige Bauwerk zu besuchen, fehlt zugegebenermaßen.
Nichtsdestotrotz ist es ein beeindruckendes Gotteshaus. Die Größe ist gewaltig. Baumeister war Juraj Dalmatinac, der der die Kathedrale von Sibenik entwarf. Bis ins 6. Jahrhundert diente die Kathedrale als Mausoleum des allgegenwärtigen Kaiser Diokletian.

Eine lange Geschichte prägt diese Stadt. Kaiser Diokletian bestimmte das Geschehen im 3. Jahrhundert, ließ die bereits erkundeten Monumente bauen. Nach seinem Ableben nutzten die Römer Split als Verwaltungseinheit. Im 10. Jahrhundert gelang das damalige Spalatum in kroatischen Besitz, ehe man sich den Venezianer unterwarf. Immer wieder wechselten die Besitzer. Ab dem 16. Jahrhundert musste man sich osmanischen Eroberungsversuchen erwehren. In unzähligen kämpferischen Auseinandersetzungen blieb man standhaft. Mit dem Ende der Republik Venedig durch Napoleon , bekam die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie das gesamte Dalmatien zugesprochen. Damit auch das heutige Split, dass viele Namensänderungen wie Spalato oder Spalatum über sich ergehen lassen musste.

Unser Rundgang führt uns nördlich weiter, geradeaus zur Porta Aurea, im deutschen Goldenes Tor, einem Stadttor. Dort, außerhalb der Stadtmauern, steht die 10m hohe Statue des kroatischen Bischofs Gregor von Nin. Scheint ein bedeutender Mann für das Land gewesen zu sein. Seine Zehen sind im Laufe der Jahrzehnte blank poliert. Jede Berührung seiner Füße soll Glück bringen. Alte Reste von Grundmauern sind einzelne Fundstücke archäologischer Ausgrabungen. Wieder ein Hinweis auf die antike Bedeutung.
 
 
Entlang der Mauer spazierend, treffen wir auf die kleine Kirche St. Arnir und seinem Glockenturm. Ihnen gegenüber ist das Kunstmuseum beherbergt. Der Brunnen am Eck gibt ermöglicht uns leichte Abkühlung. Am Glockenturm schwenken wir wieder hinein,
in die engen Gassen, teilweise sind sie kaum zwei Meter breit. Restaurants, Boutiquen, Souvenirgeschäfte, Süßigkeitenläden, kleine Supermärkte reihen sich in den Geschäftsräumen der alten Gemäuer aneinander. Der Supermarkt kommt genau zur richtigen Zeit. Wir brauchen etwas zwischen den Kauleisten und Flüssigkeit. Die Hitze erschöpft uns, den Körper und den Geist. Wasser und Kekse holen wir uns für den schnellen Verzehr. Tut gut und war bitternötig.
Am Ende der Gasse kommen wir am Eisernen Tor heraus, dem vierten Stadtportal des inneren Komplexes. Der Narodne Trg, der Nationalplatz, liegt bereits außerhalb der Stadtmauern. Nicht nur er präsentiert sich in einem modernen Ambiente, der die antike Tradition nicht vergisst. Beides wird miteinander in Einklang gebracht. Restaurants und Cafes säumen den Platz, Einheimische und vor allem Touristen belagern ihn. Geht man durch die Straßen und Gassen, sieht man das moderne Bild einer kroatischen Großstadt. Läden der großen und bekannten europäischen Modeketten, aber auch kleinere Boutiquen und Schmuckläden verleiden zum Shoppen und Bummeln.
Die Markthalle ist nur ein Steinwurf entfernt. Die Händler sind dabei, ihre sieben Sachen zusammen zu packen. Restbestände gibt es nur noch. Dafür spottbillig. Frische Waren werden jeden morgen in und vor der Halle angeboten. Der Fischgeruch liegt beißend in der Luft. Die ultraheiße Sonne tut ihr Übriges. Irgendwie unangenehm.
Wie eingangs erwähnt, gibt es für die Bewohner Splits und deren aus der Umgebung es eine Passion. Eine Liebe. Die Anhänger dieses Vereins sind europaweit für ihr feuriges Temperament, für ihr bedingungsloses Mitfiebern und ihre leidenschaftliche Fankultur bekannt. HNK Hajduk Split. Der Verein wird heiß geliebt, bei Heimspielen zünden sie Pyrotechnik, sorgen für einmalige Stimmung. Diese Liebesbekundungen sieht man an manchen Straßenecken. Der Name des Vereins ist grafitigesprayt häufig zu lesen.
Wer Lust auf einen Museumsbesuch verspürt, kann sich die früher kroatische Geschichte im Museum Kroatischer Archäologiedenkmäler ansehen. Einfach die Promenade entlang laufen, dann kann man es gar nicht verfehlen. Auch die Galerie des in Split wirkenden Bildhauers Ivan Mestovic interessiert vielleicht manchen. Beides nicht unser Ding.

So chillen wir lieber an der Uferpromenade. Die Bank im Schatten ist ideal dafür. Ideal für den Blick hinaus auf das strahlend blaue Meer. Hinter uns liegt eine Großstadt Kroatiens. Eine fantastische Großstadt mit Zeugnissen einer Jahrtausende alten Geschichte. Sie geben Split noch heute diesen antiken Charme. Aber es nicht nur das. Split verkörpert eine hohe Lebensqualität. Es verbreitet Lust und Spaß hier zu leben. Die Menschen leben das. Das spürt man auch als Tourist nach wenigen Stunden.

 

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