06 Oktober 2014

Die Perle an der Adria - Dubrovnik (Teil 7)


 

In Dubrovnik strahlt uns die Sonne früh morgens ins Gesicht. Wir sind fast ganz unten, fast ganz unten auf der Landkarte Kroatiens. Gestern in Rijeka, heute schon in der Perle der Adria. 551 km Entfernung, über Nacht zurückgelegt. Sechseinhalb Stunden haben wir dafür gebraucht. Bis Ploce auf einer grandios ausgebauten Autobahn, nahezu einsam glitten wir dahin. 130 km/h darf man fahren, das ist die gesetzlich vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit. Die Gefahr des Sekundenschlafs durch die Dunkelheit und die wenige Action ist groß. Die digitalen Hinweisschilder mit der Aufforderung „Don't drive tired“sind gut gemeint, appellieren an die Vernunft, helfen dir aber nicht. Kauen ist besser, immer die Mundwinkel bewegen. Ich bin nur am knabbern, Essen ist das probateste Mittel. Das hält wach. Die Autobahn endet nahe Ploce, von hier sind noch 150km bis Dubrovnik zu bewältigen, auf kurvenreicher Landstraße, immer der Küste entlang. Das Meer kann man nur erahnen. Passkontrollen gibt es auch noch, an der Grenze zu Bosnien und Herzegowina. Rund 10 Km Adriatisches Meer gehört diesem Land, wir fliegen hindurch. Die Müdigkeit ergreift uns peu a peu. Mittlerweile ist es 3.30 Uhr, die Konzentration lässt langsam nach. Zeit sich einen Schlafplatz zu suchen. Wir werden die paar Stunden im Auto schlafen. Es gibt bequemeres, man wälzt sich hin und her, kann nur mit eingezogenen Beinen liegen. Es ist eben kein Kombi. Das Läuten der Kirche alle Stunde ließ einen automatisch hochfahren. Im Dorf Tresteno, direkt vor der Kirche, finden wir unseren Schlaf, mehr oder weniger. Neben uns Franzosen, ebenfalls „Autoschläfer“ für die Nacht. Ein wenig Konversation am Morgen.

Nach dem Zähneputzen geht es etwas zerknirscht weiter, die Sonne brennt morgens um 9 Uhr schon beachtlich herunter. Jetzt sehen wir das Wasser, das Meer mit den abermals unzähligen vorgelagerten Inseln. Wunderschön, traumhaft. Jede Superlative findet ihre Berechtigung. Die 30 Km, eine halbe Stunde Fahrzeit, vergehen schnell. Die Augen sind nur noch nach rechts gerichtet, dem Meer gehört unser Blick.



Endlich sind wir da. Dubrovnik, die Perle der Adria. Unbestritten. Mit der monumentalen Hängebrücke werden wir grandios empfangen. Ein Aussichtspunkt, der plättet. Die Schönheit mit der Sichtweite in die verschiedenen Buchten, auf den Fährhafen mit den Kreuzfahrtschiffen. Es wird noch besser, viel besser, das war nur ein Vorgeschmack. Unser Augenmerk gilt als erstes einer Unterkunft für die nächste Nacht. Wir folgen der ausgeschilderten Hotelroute, fragen in zwei Hotels nach Zimmerpreisen. 80 bis 90 Euro, 3 bzw. 4 Sterne. Eindeutig zu teuer für uns. Wir haben Glück, der Rezeptionist namens Josip ist unser Heilsbringer. Seine Mutter vermietet Appartements. Ein Anruf, es ist noch frei. Sekunden später schnappt er sich den Helm und schwingt sich auf den Roller. Immer ihm hinterher. Kurz darauf stehen wir vor ihrer Tür. In weißer Schlüpfer steht sie vor uns, peinlich berührt als sie uns sieht. Josip managt alles für sie und für uns, zeigt uns die Räumlichkeiten, kassiert die Moneten, wechselt uns sogar den Euro in Kuna. Perfekter Service. Kroatische Gastfreundlichkeit. Ein unglaublicher Ausblick auf das Meer. Ein Glücksfall für uns. Dementsprechend happy sind wir.


Schnell umziehen und ab zum Strand. Sonne tanken. Kraft tanken. Auf der Halbinsel Lapad finden wir in einer Bucht unterhalb der Straße „Masarykov Put“ einen wunderschönen Steinstrand. Zeit zu Relaxen. Für die Kids gibt es einen Funpark, Jetskis und Boote kann man sich auch ausleihen. Trotzdem wirkt es nicht überladen. Da liegen wir, ruhen. Zwischendurch halten wir die Füße ins Wasser. So vergeht die Zeit. Halb fünf brechen wir dann auf, zurück ins Appartement. Über fünf Stunden reichen uns. Frisch machen, Nahrung zu sich nehmen.

Plötzlich regnet es. Spätnachmittags gegen 17 Uhr. In Südeuropa, mitten im Sommer. Wir schauen uns mit großen Augen an, verstehen die Welt nicht. Nach einer Viertestunde ist der Spuk vorbei, ein kurzer Schauer nur. Die Luftfeuchtigkeit ist jetzt natürlich umso höher. Leichtes Saunaklima herrscht unmittelbar danach, legt sich aber wieder.

Die Altstadt ruft, das Weltkulturerbe ruft. 25 Minuten werden wir dorthin
laufen, der Brantellja Dubrovnika vor unserer Haustür immer folgend. Mit Blick auf das Meer, auf die Inseln, auf die Buchten.

Die gewaltige 2000m lange Stadtmauer umschließt die phänomenale
Altstadt. Türme und Festungen dienten als Verteidigungsschutz gegen Gegner. Durch das Tor Pile hindurch und schon stehen wir auf der Stadrun. Restaurant, Eisdielen und die typischen Souvenirlädchen säumen beiderseits die breite Hauptpromenade. An ihrem Anfang ist der mächtige Onofrio-Brunnen zu sehen. Daneben die Erlöserkirche, in der Konzerte und Veranstaltungen stattfinden. Die Flaniermeile trennt die Altstadt in zwei Teile, in den nördlichen und in den südlichen. Von ihr zweigen unzählige enge Gassen ab. Wir schlendern auf der Stadrun entlang, zwischendurch gönnen wir uns ein Eis. Am Ende jener Flaniermeile erstrahlt der Sponsa-Palast, der Glockenturm und die Kirche St. Blasius in ihrer vollen Schönheit. Der Glanz der Abendsonne trägt seinen Teil dazu bei. Der Sponsa-Palast, eines der ursprünglichsten Gebäude der Stadt, erbaut im Stile der Gotik und Renaissance. Heute ist darin das Archiv von Dubrovnik beheimatet, angeblich eines der wertvollsten der Welt, mit Schriften aus dem 12. Jahrhundert. Der Glockenturm, gegenüber dem eben erwähnten Sponsa-Palast, wurde im 15. Jahrhundert errichtet und hat mit 31m eine beachtliche Höhe. Wir setzen uns auf die Treppen der barocken Blasius-Kirche, genießen noch unser Eis. Blasius ist im Übrigen der Schutzpatron der Bürger Dubrovniks. Er soll vor vielen Jahrhunderten einmal die Stadt vor einem Krieg gegen die rivalisierenden Venezianer bewahrt haben. Seitdem wird er verehrt.

Die Rolandsäule befindet sich direkt vor uns, genau im Sichtfeld. Die Skulptur eines mittelalterlichen Ritters mit einem gezogenen Schwert gilt allgemein als Symbol der Unabhängigkeit. Bei uns ist die Rolandstatue in Bremen die bekannteste. Die schwarzen Schwalben fliegen kreisend und kreischend in Scharen über uns, teilweise im Tiefflug. Nach einiger Zeit empfindet man das nur noch als störend, beinahe verflucht man sie. Wir gehen weiter, vorbei an der Stadthalle, zugleich Theater, zur Kathedrale „Maria Himmelfahrt“ von Dubrovnik. Sie wurde nach einem Erdbeben im 18. Jahrhundert neu errichtet. Der Platz vor der Bischofskirche ist nach dem Schriftsteller, Dramatiker und Organist Marin Drzic-Vidre benannt. An dem Areal befindet sich zudem der Sorkocevic-Palast, die St. Bartholomäuskapelle und der Gedenksaal des amerikanischen Wirtschaftsministers Ronald Brown.

Von hier aus gehen wir zum Alten Hafen. Der Geruch des Fischrestaurants ist gegenwärtig, die Leute knacken eine Muschel nach der anderen. Qualitativ hochwertiger Fisch liegt zubereitet auf den Tellern. Viele kleine Boote haben ihre Liegeplätze in dem kleinen Areal, für Yachten oder größere Fischerboote gibt es keinen Platz. Die Touristenboote mit Fahrten zur Insel Lokrum mit der Festung und dem Botanischen Garten legen von diesen Ufern ab. Angebote dafür gibt es genügend, bis in die späten Abendstunden werben die Veranstalter um Touristen zu den Ausflugszielen.

Die Festung St. John ist die westlichste Spitze der Altstadt. Von den Ufern hat man einen wunderschönen Blick auf das Meer, auf die Schiffe und Yachten sowie auf die Inselwelt vor der Küste Dubrovniks. Glücklicherweise ist eine Bank frei. Wir setzen uns. Wieder vergeht die Zeit rasant, man merkt richtig, wie entspannt man innerlich ist. Urlaub ist immer Glücksmoment, in diesem Augenblick besonders. Dementsprechend schwer fällt es uns wieder aufzustehen. Wir gehen in den nördlichen Teil der Altstadt, oberhalb der Stadrun. Das Dominikanerkloster aus dem 13. Jahrhundert beherbergt zahlreiche Meisterwerke Tizians und anderer Meisterkünstler, die allesamt besichtigt werden können. Nebenan die Kirche St. Sebastian und die Kirche St. Nikolaus. Eine hohe Dichte an religiösen Gotteshäusern innerhalb des Stadtkerns, speziell die christlichen Gebäude, ist auffällig. Wir laufen durch die engen Gassen, beladen von Restaurants, Geschäften aller Art und Touristen. Im Zick-Zack-Kurs schlängeln wir uns hindurch, bis wir wieder auf der Stadrun sind. Das gleiche Prozedere machen wir im südlichen Teil der Altstadt. Erneut das religiöse Element. Kirche an Kirche. Sie glauben an Gott, an Jesus Christ Superstar. Über 85 % der kroatischen Bevölkerung gehören dem römisch-katholischen Christentum an. Das schlägt sich in Dubrovnik dementsprechend deutlich nieder. Am Ende unseres Spaziergangs sind wir wieder im alten Hafen. Es ist mittlerweile dunkel. Die prunkvollen Gebäude sind vorteilhaft beleuchtet.

Wir setzen uns, mal wieder. Es ist zu schön, um das nicht zu genießen, um sich die Zeit nicht zu nehmen. Gleichzeitig beobachten wir die Menschen, ihre Charaktere und ihre Verhaltensweisen, darunter Asiaten, Engländer, Franzosen, Deutsche, Italiener und die einheimischen Kroaten. Manche streiten, manche diskutieren. Pärchen kuscheln miteinander. Das kann durchaus sehr lustig sein, endet aber nie in Schadenfreude oder Auslachen. Das gebührt dem Anstand. Die Sonne ist untergegangen. Die Stadt erstrahlt durch künstliches Licht. Kunstvoll werden die monumentalen Bauwerke in Szene gesetzt. Für einige professionellen Fotografen, oder welche die es sein wollen, ein unglaublich reizvolles Motiv. Viele Minuten verbringen wir hier. Der Blick geht hoch, zum Hausberg Dubrovniks. Srd ist sein Name, für uns Deutsche gar nicht so leicht auszusprechen. Die Gondelbahn bringt die Menschen hinauf auf den Berg. Das Gipfelkreuz kann man von unserer Position aus gut erkennen. 412 m thront der Berg über der Stadt. Von oben soll man die gesamte Insel- und Buchtenwelt Dubrovniks bestaunen. Mit dem Museum über den Bürgerkrieg kann man nochmal in die blutige Geschichte Kroatiens eintauchen. Nach vielen wechselnden Besitzern im 12./13. Jahrhundert entstand die autonome Republik Ragusa. Durch den Handel mit dem Osmanischen Reich erlebte die Stadtrepublik ihren famosen wirtschaftlichen Aufschwung. Mit dem schweren Erdbeben von 1667 endete das schlagartig. Mit dem Beschluss des Wiener Kongresses gehörte das damalige Dubrovnik zum habsburgerischen Österreich. Ab da an entwickelte sich der Fremdenverkehr, wurde immer bedeutender. Zunehmend entwickelte sich die Stadt zum europäischen Treffpunkt der Reichen und Schönen. Verwunderlich ist es nicht, trotz schweren Beschädigung durch das serbisch-montegrinische Militär im kroatischen Unabhängigkeitskrieg von 1991, die mittlerweile zum Großteil beseitigt wurden, erstrahlt die Stadt in einem exklusiven Glanz. Der Jet-Set boomt. Dubrovnik ist wiederentdeckt worden. Das legt sich garantiert in den harten Fakten nieder. Sein Geld wird man in einem der schönsten Orte der Mittelmeerküste ganz sicher los. Nicht für umsonst gilt sie als die Perle der Adria. Venedig steht mit Abstand hinten an.

Zum Abschluss gehen wir noch etwas trinken. Bars sind innerhalb der alten Mauern ausreichend vorhanden. Überall wird man mit Live- oder DJ-Musik unterhalten. Man muss sich voneinander abheben. Nahe der Kathedrale werden wir fündig. Ein gutes Pan, ein kroatisches Bier, gönnen wir uns. So lassen wir den Tag ausklingen. Beeindruckend, wie traumhaft schön diese Stadt ist. Sie hat alles zu bieten, für jeden von uns, eine wahre Perle.  

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