03 Oktober 2014

Sloweniens Zentrum – Unterwegs in einer europäischen Hauptstadt (Teil 4)




Ljubiljana. Eine kleine Hauptstadt Europas. Knapp 300000 Menschen, circa 10 Prozent der Gesamtbevölkerung Sloweniens, leben in der größten Stadt dieses Landes. Demzufolge ist sie nicht nur das geographischen Zentrum. Auch in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht.

Die Hotelsuche gestaltete sich am Vorabend schwieriger als gedacht. Normalerweise hatten wir über booking.com ein Appartement gebucht. Mitten in der Innenstadt. Dieses gab es aber nicht. Unter der angegebenen Adresse war nichts unter diesem Namen zu finden. Auch das Umfragen in den umliegenden Wohnungen und Häusern ergab keinen Erfolg. Im den angrenzenden Bar ebenfalls nicht. Zwei alternative Mädels, die schon ordentlich Wodka Bull becherten, gaben uns noch Tipps für neue Unterkünfte. Wir machten uns auf die Suche. Wir folgten der ausgeschriebenen Hotelroute. Auf der Slovenska Ceska werden wir ziemlich schnell fündig. Hotel-Center heißt es. Für 50 € pro Nacht bekommen wir ein Doppelzimmer. Klein aber fein. Bequeme Betten, TV und ein sauberes Bad mit Dusche. Glück gehabt, dementsprechend happy sind wir. Die Rezeptionistin warnte uns nur noch, dass in der Nacht über uns eine Rockerparty stattfinden würde. Das störte uns nicht.
Nach einer ruhigen Nacht, vom Lärm über uns habe ich nichts mitbekommen, checken wir aus, verstauen unsere Sachen ins Auto, müssen das noch schnell ins Parkhaus umparken und dann geht es in die Stadt. Weit haben wir es ja nicht, sind eigentlich mittendrin. Zum Frühstück holen wir uns etwas im gegenüberliegenden „Backwerk“, einer deutschen Backshopkette. Der Kaffee zu den belegten Brötchen und den süßen Donuts darf natürlich nicht fehlen.

Schon morgens ist es sehr warm, die Luft steht zwischen den Häuserfronten. Die Einheimischen strömen an der Slovenska Ceska zu ihren Arbeitsplätzen.

Wir bewegen uns zur Burg, unser erstes Ziel an diesem Tag. Majestätisch auf einem Berg thronend, bestimmt sie bei jedem Foto- und Postkartenmotiv das Bild dieser entspannten und gemütlichen Stadt. Das Gefühl, sich in einer Hauptstadt Europas zu befinden, ist zu keiner Zeit vorhanden. Dafür ist es viel zu klein und auch zu gemütlich. Natürlich ist dies auch durch die eher geringe Einwohnerzahl geschuldet. Es soll aber nicht heißen, dass hier nichts los ist. Im Gegenteil. Die Massen sind unterwegs. Viele Englischsprachige, ich denke sogar einige Amerikaner darunter, nach ihrem Akzent vermutend. Asiaten natürlich auch, die sind überall in Europa zu finden. Deutsche sowieso. generell herrscht internationales Flair, zumindest im Innenstadtring. Geschuldet an den ausländischen Touristen. Der Zuspruch in diesem Wirtschaftszweig wird von Jahr zu Jahr steigender.

Zur Burg hinauf nehmen wir den gläsernen Panoramaaufzug. Das Kombiticket kostet acht Euro, das kaufen wir, pro Person. Je höher wir fahren, umso mehr kann man über die Dächer Laibachs schauen. Laibach? Wieso Laibach? So nur der deutsche historische Name Ljubiljanas. Im 13. Jahrhundert, als die Stadt erstmals in irgendwelchen Aufzeichnungen erwähnt wurde, gehörte sie zum Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, diesem ersten lockeren Bündnis deutscher Gebiete. Unter den Habsburgern, in dessen Besitz Laibach überging, entwickelte sich das bürgerliche Leben mehr und mehr, später ab 18. Jahrhundert gehörte sie zum kaiserlichen Reich Österreichs. Dieser Einfluss ist heutzutage im Stadtkern noch merklich zu spüren, vor allem an der Architektur mancher Gebäude. Der Dom St. Nikolaus, im 15. Jahrhundert zur Kathedrale ausgebaut, im barocken Stil ist für mich ein exemplarisches Beispiel dafür. Das kulturelle Erbe ist daher deutlich spürbar und auch in der Lebensweise der Ljubiljaner sichtbar.
Hinauf zur Burg.
Mittlerweile sind wir auf dem Schlossberg angekommen, die Fahrt dauert eine Minute, die Kabine war gefüllt mit Besuchern zu diesem attraktiven Ausflugsziel. Der Innenhof ist eingerahmt vom Friedrichsturm, der Burgkapelle, dem Zuchthaus und Palazzo sowie vom Infozentrum, dem Restaurant und dem Museum der Burg. Die Sonne knallt herunter, die Luft steht. Der Schweiß rinnt einem herunter. Zielstrebig, ausgestattet mit einem Burgplan, gehen wir zum Friedrichsturm, stapfen die Stufen der Stahlwendeltreppe hinauf. Erst war das ein Holzturm, der erst um 1845 durch einen gemauerten ersetzt wurde. Der 360 Grad-Blick ist überwältigend. Die roten Dächer der Altstadt, die Plattenbauten außerhalb des Stadtkerns, die Berge der Julischen Alpen, die Karstlandschaften südöstlich. Dank dem ausgezeichneten Wetter kann man angeblich ein Drittel des slowenischen Staatsgebietes erblicken. Naja, so viel wird es nicht sein, muss es auch nicht, dieser tolle Blick reicht mir schon.
Ljubljana ist wirklich nicht groß, das fällt auf, bei nicht einmal 300000 Einwohner, die ihre Heimat im inneralpinen Laibacher Becken gefunden haben.
Wir gehen ins kühle Museum, angenehme Temperaturen herrschen hinter den Mauern. Die Eintrittskarte müssen wir vorzeigen, der Barcode wird gescannt und von einer jungen hübschen Frau mit einem Lächeln auf den Lippen durchgewunken. Viel Text, sehr viel Text ist auf den unzähligen Bildschirmen nachzulesen. Thema ist dabei immer die Geschichte Sloweniens, mit all ihren Facetten. Chronologisch geordnet, von der ersten Besiedlung durch die Römer, der Zugehörigkeit zu den Habsburgern und damit zum kaiserlichen Österreich, den Schlachten des Ersten Weltkrieges im Soca-Tal, die Zeit unter Titos diktatorischer Herrschaft im sozialistischen Vielvölkerstaat Jugoslawien und schlussendlich die Unabhängigkeit des Landes ab 1991. Ein guter Überblick, auch wenn es immer schwer ist, so viel Masse im Kopf zu behalten. Hält den Geist auf Trab. Einige Reliquien und Raritäten aus jenen vergangenen Tagen sind zusätzlich ausgestellt. Wer sich nicht extrem dafür interessiert, fühlt sich schnell erschlagen, verliert die Lust und das Interesse an dem Gezeigten, weil doch recht wenig Interaktives für die Besucher angeboten wird. Dabei ist dieses Museum keineswegs altbacken ausgestattet, die schwarzen Screens und die dunklen Glasvitrinen in einem räumlich gedämpften Licht verleihen dem Ganzen ein modernes Ambiente.
Draußen trifft uns wieder der Schlag, der Temperaturunterschied macht einem für einen kurzen Augenblick zu schaffen. Es ist Mittag, die Sonne steht senkrecht über uns. 27 Grad Celsius. Das Cappie oder der Hut auf der Rübe sind nützliche Notwendigkeiten. Die Burg ist in einem fantastischen Zustand. Der Putz fällt nicht ab, die Farbe der Wände verblasst nicht, Müll liegt auch nicht herum. Es wirkt alles sehr gepflegt. Fast schon übertrieben. Der Charme, der altehrwürdige Charakter, das Leben aus den vergangenen Jahrhunderten einer Burg geht mir persönlich etwas verloren. Alles ist auf den Tourismus fokussiert. Absolute Perfektion, das gefällt mir nicht. Vor allem, weil sie diesen Reichtum von Historie besitzt. Die, die eng mit der Geschichte der Stadt Ljubiljana verknüpft ist. Sie wurde im 9.Jahrhundert erstmals errichtet, kam dann im 14. Jahrhundert in das Eigentum der bereits erwähnten Habsburger-Dynastie und wurde als militärischer Stützpunkt ausgebaut. Nach einer dürftigen Zeit, mit Beginn des 20. Jahrhunderts, als hier in den Gebäuden Wohnungen beherbergt waren, musste man sie davon in Form einer umfassenden Renovierung erst einmal befreien. Das ist gelungen, definitiv.

Uns treibt es wieder Richtung Standseilbahn. Das Burgcafè und das Restaurant im geräumigen Innenhof interessiert uns letztendlich nicht, wir haben zum Essen und Trinken etwas anderes im Visier. Mit ihr, der Bahn, wollen wir wieder den Berg hinab, das Laufen sparen wir uns, ist ja sowieso im Preis inbegriffen. Vorher steigen wir noch einige wenige Treppen empor und stehen auf der Festungsmauer. Erneut dieser phänomenale Ausblick. Zwar kein Rundumblick, aber Meckern braucht man deswegen nicht. Automatisch bleiben wir für ein bis zwei Minuten stehen. Das nimmt uns keiner. Die Standseilbahn verrichtet ihre sicheren Dienste direkt unter uns, fährt hoch runter, hoch und runter, immer die gleiche Geschwindigkeit.

Festival der Sinne
 
Das Markttreiben wartet auf uns.Vom Vodnikov-Platz, entlang dem Dom St. Nikolaus, bis zum Pogarcajev-Platz gibt es alles, was das Herz und die Sinne begehrt. Gemüse und Obst von eindrucksvoller Qualität, einen farbenfrohe Blütenpracht von Zierpflanzen, Stände mit Jutesäcke voller Gewürze dieses Landes, typisch slowenische Souvenirartikel.

Doch das Highlight war etwas anderes für uns. Die verschiedenen Dünste sind von Weitem schon wahrzunehmen. Ein Geruchsfeuerwerk. Stände mit den unterschiedlichsten Küchen der Welt bieten ihr Können und ihre Künste an. Ägyptisch. Slowenisch. Spanisch. Vietnamesisch. Französisch. Türkisch. Italienisch. Kroatisch. Indisch. Arabisch. Lämmer werden über dem offenen Feuer gebruzelt und zerlegt, die Cevapcici auf dem Grill gebraten, die Nudeln in den Woks mit heißem Öl gegart. Curry, Pfeffer, Knoblauch, Ingwer, Oregano, Paprika, Kümmel, Chili. Ein Festival für den Geschmack. Wir stürzen uns ins Getümmel, wie die anderen hunderte, tausende von Menschen. Probieren und Probieren. Die Entscheidung ist gar nicht so einfach, alles sieht sehr lecker aus. Es gibt Putengeschnetzeltes mit Curry in dünnem Fladenbrot, das ist ägyptisch. Ich entscheide mich für das Slowenische, kleine Cevapcici in einem Fladenbrot mit einer Tomaten-Knoblauch Creme. Eine Cola dazu und das Leben ist perfekt. Paletten mit einem weißen Anstrich sind zu Sitzmöglichkeiten zusammengezimmert wurden, auf Treppenstufen finden die Leute Platz. Es hat einen Lounge-Charakter, mittags halb zwei. Alles belegt, alles voll. Wir finden noch eine Ecke im Schatten. Die Menschen sind auf der Straße. Sie erwecken einen offenen und sympathischen Eindruck. Hat man eine Frage, antworten sie einem hilfsbereit und freundlich, in fließendem Englisch. Egal, ob Jung oder Alt. Modisch sind sie sehr hipp und auf ihr Äußerliches bedacht. Hauptstadtflair eben. Wir genießen das Essen, genießen die Umgebung. Man muss sich wohl fühlen, unbedingt.

Zum Nachtisch gibt es eine Art Kaiserschmarrn, dazu Apfelmus und mit Puderzucker bestäubt. Danach sind wir pappsatt, das stopft. Aufraffen, aufraffen. Nach einigen Versuchen schaffen wir das auch.

Streifzug durch die City
 
Wir laufen die Mestni Trg in südlicher Richtung, die direkt in die Stari trg führt. Das Rathaus mit dem Arkadenhof ist der erste Blickfang beim Schlendern durch die Altstadt. Vor ihm der Brunnen mit der Darstellung der drei Krainer Flüsse Sava, Krka und Ljubiljanica. Viele kleine Geschäfte und Boutiquen beleben die Szenerie. Die Bandbreite geht vom Teeladen, Honigladen über bekannte Weingeschäfte bis zur slowenischen Designer-Boutique. Aber nicht übertrieben, kein unnötiger Protz. Die Häuserfronten bestechen durch ihre winzigen Details, wie die schmiedeeisernen Laternen und Schilder oder die holzgeschnitzten Schaufenster. Die Jakobskirche am Ende der Stari trg ist der Endpunkt der Altstadt und für uns. Von hier aus kehren wir wieder um, gehen jedoch nicht den gleichen Weg zurück, sondern die Gasse direkt an der kanalartigen Ljubiljanica. Cankajerve nabreze, so ihr Name. Puh, kompliziert. Sie führt uns zur Trmostovje, zur Dreierbrücke. Auf dem Weg dorthin begegnen uns viele Bars, Cafès und Restaurants. Szenecharakter für Künstler und Freischwimmer der Gesellschaft. Nicht nur hier gibt es sie, auch auf der anderen Uferseite sind sie, spätestens wenn es dunkel wird, Anziehungspunkte für Junggebliebene. Für genug Auswahl ist gesorgt, das passende ist für jeden dabei.
Die Tromostovje, die Dreierbrücke, ist das originellste Bauwerk der Stadt. Drei Brücken führen über die Ljubiljanica. Die beiden äußeren waren ursprünglichen für die Fußgänger vorgesehen. Sie flankieren mit ihren weißen Balustraden und Leuchten die Mittelbrücke, die der Kraftverkehr nutzen sollte. Theoretisch. Da es zur Fußgängerzone erklärt ist, ist die Nutzung für den Straßenverkehr nicht gestattet, außer für Anlieferungen. In Verbindung mit den Kolonnaden des Marktplatzes bildet sie ein beeindruckendes Bauwerk, welches der Architekt Joze Plecnik konstruierte. Er prägte die Stadt nachhaltig, nicht nur mit der Tromostovje, die Nationalbiblithek und die Ufer der Ljubiljanica sind seinem Werk anzurechnen.

Der Presernov-Platz ist die Seele in Ljubiljanas Mitte. Die erwähnten zahlreichen Geschäfte, Bars und Lokalen zweigen sich von hier in die Seitenstraßen und Gassen ab. Er ist nach dem slowenischen Nationaldichter France Preseren benannt, dessen Statue das Zentrum des Platzes bildet. Auf den Treppen seines Sockels sitzen die Menschen, ruhen sich aus, quatschen miteinander oder chillen einfach nur. Die terracottafarbene Franziskanerkirche und die umliegenden Jugendstilbauten geben dem Gesamtbild eine anmutigende und repräsentative Kulisse. Der Werbestand von dem Brausehersteller Coca Cola für die Weltmeisterschaft in Brasilien sorgt für laute Action. Die männlichen und weiblichen Hostessen im Fußballoutfit verteilen lauthals kostenlose Cola-Dosen in 0,2l-Form. Ein geiles Gefühl, eine Dose in der Hand zu haben und zu trinken. In Deutschland irgendwie kaum noch alltäglich, es lebe der Pfand. Wir haben die Flussseite endgültig gewechselt. Die Ljubiljanica bleibt. Ein relativ kurzer Fluss mit insgesamt 85 Kilometer, der teilweise in den Karsthöhlen um Postojna verschwindet, ehe sie bei dem Örtchen Vhrnika an der Oberfläche wieder erscheint. Das gleiche Bild. Restaurants, Bars, Lokale, Kneipen entlang des Ufers Richtung Stadtmuseum, in Hülle und Fülle. Wir kommen in den administrativen Teil des Stadtkerns. Die im Jahre 1919 gegründete Universität wird von über 50000 Studenten bevölkert, somit natürlich die größte in Slowenien. Die Akademie der Künste und Wissenschaften, die Musik- und Kunstakademie haben ebenfalls ihren Sitz rund um den Neuen Platz. Aus den Gebäuden drängen immer wieder Klänge der klassischen Musik nach draußen in die Gassen. Die Nationalbibliothek, quasi um die Ecke, reiht sich in das universitäre Zentrum des Landes ein. Ein „Heiligtum für den Geist“, von dem Meisterarchitekten der Stadt konzipiert, von wem sonst. Die Vegova Ul laufen wir kerzengerade aus, den Kongressplatz im Visier. Die Philharmonie hat ihren Sitz im östlichen Teil dieses grünen Areals. Die hässlichen Wolkenkratzer aus Beton sind kein besonders sehenswertes Highlight. Über die Ampel auf der Slovenska ceska, dieser vierspurigen Verkehrsader mitten durch das Zentrum, gelangen wir zum Platz der Republik mit dem Gebäude des slowenischen Parlaments. Der Bundestag Sloweniens sozusagen. Ein repräsentatives Bauwerk, im Eingangsbereich werden die Schicksale der slowenischen Bürger in der vergangenen Geschichte plastisch dargestellt.

100m laufen wir nördlich, das Nationalmuseum läutet das Museumsviertel Laibachs ein. Es ist das Flaggschiff. Jegliche Kostbarkeiten der slowenischen Geschichte sind in dem pompösen und beeindruckendes Neo-Renaissance-Palast seit 1841 eingerichtet. Besonders, was die Antike und Frühzeit angeht, gibt es einzigartige Exponate. Das älteste ist eine Flöte, geschnitzt aus dem Oberschenkel eines Bären und über 55000 Jahre alt. Eine unvorstellbare Zeit, nicht greifbar. Steinskulpturen und Gefäße aus der Römer- und Bronzezeit. Ist nicht ganz unser Thema, deswegen besuchen wir es nicht. Im gleichen Gebäude befindet sich zusätzlich das Naturhistorische Museum.Wem es interessiert. Wir biegen an der nächsten Kreuzung rechts ab, turn right, in die Presernova. Auf der linken Seite sieht man den weißten Rechteckbau der Modernen Galerie, in der hauptsächlich konzeptuelle, provozierende Kunst gezeigt wird. Es ist sehr beschaulich, hört wenig Lärm, kein Geschrei von Touristen. Das Gefühl, sich in einem ruhigen Wohnort zu befinden, beschleicht mich in diesem Teil des Stadtkerns. Abseits vom Trubel. Rechter Hand lädt die Nationalgalerie zum Besuch ein. Wieder dieser Stil der architektonischen Neo-Renaissance. Pompös, soll an das Prager Nationaltheater angelehnt sein. Stimmt auch, die Ähnlichkeit ist verblüffend. Exponate rund um die Kunst Sloweniens vom 13. bis zum 20. Jahrhundert findet ihre Daseinsberechtigung. Wir haben heute keine Lust auf stickige Museumsluft aus der Klimaanlage. Wir bleiben draußen, in der Sonne, auch wenn wir den ganzen Tag schon bedacht sind, im Schatten uns aufzuhalten. Viel genutzt hat es nicht, die Arme sind rot wie ein Krebs.

Grüne Oase Laibachs

Eine Unterführung an der Modernen Galerie, oben rauschen die Autos auf dem vierspurigen Stadtring über den eigenen Kopf, führt direkt in den grünen Teil Ljubiljanas, dem Tivoli-Park. Man ist sofort mittendrin, die Open-Air-Galerie zeigt dutzende Landschaftsbilder des slowenischen Staatsgebiet. Bleder See, die Karsthöhle von Postojorna, Maribor, der Triglav, Piran am adriatischen Meer. Diese Liste kann man noch um einige Punkte fortführen. Man geht entlang und verfolgt jedes Bild gespannt. Gespannt darauf, welches als nächstes kommt. Zwischen ihnen kann man auf den zahlreichen Parkbänke in Gedanken versinken oder relaxen. Und einfach nichts tun. Am Ende der breiten und leicht aufsteigenden Promenade erspäht man ein Barockschlösschen, ein Grafikmuseum. Es beschäftigt sich ausschließlich mit dieser Thematik. Der Park ist wirklich riesengroß. Um ihn vollständig zu erlaufen, benötigt man einige Stunden. Mit der hügeligen Waldlandschaft im westlichen Teil des Parks oder der klassische Stadtpark auf der Ostseite decken alle Facetten und Anforderungen an einen wunderschönen Park für die Bürger ab. Es scheint etwas los zu sein. Man hört eine Stimme über eine Lautsprecheranlage, nicht weit weg. Ein Event, von dem Bierhersteller Union gesponsert. Eine große Bühne, Unmengen von Getränkeständen sind aufgebaut. Die Chance ergreifen wir, um Wasser nachzutanken. Auf dem Volleyball- und Fußballcourt finden kleine Turniere. Mit sehr viel Spaß und durchaus mit einer Portion Ehrgeiz sind sie am Werk, eine Gaudi, auch für den neutralen Beobachter.  
 
Außerhalb des prächtigen Stadtkerns sieht das Leben bisschen anders aus. Einige Plattenbauten stechen einem ins Auge. Sympathisch, das nicht alles so aalglatt ist. Die Menschen leben wie sie leben. Die Plattenbauten sind ein Teil davon. Irgendwie verbindet sie man immer mit etwas Negativem. Ansehnlich sind sie freilich nicht. Aber soll man sie einfach verbannen? Nein, nein. Der Wohnraum wird benötigt. Die architektonische Vergangenheit kann man nicht einfach begraben.
Auch im schönen Ljubiljana geht es Menschen nicht so gut. Obdachlose liegen betrunken auf Parkbänken, Arbeitslose bewältigen in armutsähnlichen Verhältnissen ihren Tag. Auch eine glanzlose Seite Stadt gibt es.

Unser Tag in Sloweniens Hauptstadt geht zu Ende. Abends hat Ljubiljana ebenfalls sehr viel zu bieten. Im Licht des kunstvollen Beleuchtung sind die Restaurants und Bars von der einsetzenden Dunkelheit bis tief in Nacht gefüllt mit Menschen. Sie lassen es sich gut gehen. Viele Eindrücke haben wir gesammelt. Ideal kann man sie bei einem slowenischen Bier und einem Burger nochmal Revue passieren.  Der Blick von der Burg über die City, das lebhafte Markttreiben mit den unterschiedlichen Landesküchen und diese aufgeweckte, freundliche Art der Stadt bleiben als Highlight im Gedächtnis hängen. Es lohnt sich sie zu erkunden, in der nicht mehr allzu viel vom vergangenen Ostblockcharme zu sehen ist. Die Massen an Touristen scheinen das ähnlich zu sehen.

 

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