Die Fröhlichkeit verflieg langsam,
Spannung macht sich in uns breit. Geschichtsunterricht steht nun an.
Die Gräueltaten der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg.
Fällt das Stichwort
Konzentrationslager, verbindet man es sofort mit Auschwitz. Ein
Synonym für den Völkermord der Brigade um Hitler.
Erste Station ist das
Konzentrationslager Auschwitz I.. Das Stammlager des gesamten
Lagerkomplexes Auschwitz. Seinen deutschen Namen erhielt es
unmittelbar nach Anschluss des polnischen Gebiets 1939. Zu jener Zeit
entstand im Amt des Polizeiführers des schlesischen Breslaus die
Idee eines Konzentrationslagers, um weitere Massenverhaftungen
vornehmen zu können und der Überfüllung der Gefängnisanstalten zu
entgehen. Die Wahl fiel auf Oswiciem. Auschwitz. Zum einem wegen der
bereits vorhandenen, aber verlassenen Vorkriegskasernen. Zum anderen
war die günstige Verkehrslage als Eisenbahnknotenpunkt der
ausschlaggebende Hauptgrund für die Wahl. Auschwitz I wurde 1940
errichtet, auf Anordnung Heinrich Himmlers, dem SS-Reichsführer.
Innerhalb kürzester Zeit begannen die Häftlingstransporte aus dem
gesamten europäischen Raum. Anfangs war es als Quarantäne- und
Durchgangsstation für Verhaftete zur Zwangsarbeit in den Arbeits-
und Außenlagern geplant. Vor allem für polnische Staatsbürger. Das
änderte sich schlagartig. Im März 1941 begann die Vergrößerung.
Das Stammlager war dafür zu klein. Ein zweites Lager musste her.
Auschwitz-Birkenau. Arbeitskräfte waren ausreichend vorhanden. Die
Häftlinge. Sie arbeiteten am Ausbau des Lagers, beim Bau der
Baracken und der Zufahrtsstraßen sowie Abwasserkanäle.
Der Eintritt ins ehemalige Lager dafür kostenlos. Nur die
Gruppen und die Führungen müssen zahlen. Faire Sache.
Wir gehen
hinein, der Eingang wird von ein Dutzend Security-Mitarbeitern
kontrolliert. Hier im Eingangsbereich gibt es Geschäfte mit
reihenweise Material zum Thema Zweiter Weltkrieg und alles, was damit
in Verbindung steht. Bücher, Infobroschüren, Karten oder
Zeitschriften. Brauchen wir nicht, wir wollen nur noch hinein.
Ungeduld.
Die Baracken.
Unzählige. Alle stehen sie noch, behaupte ich einmal. Viele sind
begehbar, zeigen schockierende Ausstellungen. Schonungslos, wie wir
erfahren werden.
Ein, zwei Schritte durch das Tor. Links
von uns befindet sich Block 24, rechts die Lagerküche. Ein flacher
Bau. Block 14 ist geöffnet. „Tragödie. Tapferkeit. Befreiung“
lautet das Motto, vornehmlich von der Russischen Förderration
gestaltet, dass sich mit der Befreiung des Lagers beschäftigt, für
den die sowjetischen Truppen verantwortlich sind. Der 27. Januar 1945
war der große, erlösende Tag. Tausende Häftlinge waren befreit,
die verantwortlichen Nazi-Schergen geflüchtet. Erst einige Tage
später wurde die Welt darüber informiert. Leider starben doch noch
Hunderte aufgrund ihrer Schwäche durch die Folter im Lager.
Bilder, Fakten und Exponate zeigen eine
moderne, multimediale Ausstellung. Von Saal zu Saal kämpfen wir uns
voran. Die gestreifte Häftlingskleidung ist so ein Originalexponat,
perfekt hinter dem Stacheldrahtzaun nebeneinander drapiert. Dahinter
einzelne Bilder der Gesichter von Häftlinge. Die Menschen bekamen
eine Identität. Gegenüber liegt der Block 15. Ein polnisches Thema.
„Das Märtyrium und das Leiden der Polen 1939-1945“. Die Rohheit
und Einfachheit der Baracken geht trotz moderner Aufbereitung durch
die Ausstellungen nicht verloren. Die Grausamkeit bleibt. So besuchen
wir die Blocks, einen nach dem anderen. Nationale Ausstellungen sind
in der mittleren Reihe der Blocks angesiedelt. Die Ungarn, die
Franzosen und Belgier, die Slowaken haben individuell ihre
Aufarbeitung und Darstellung über die damalige Zeit gestaltet. Eines
bleibt jedoch: das Schonungslose der Geschichte in der
nationalsozialistischen Zeit. Das schockiert. Unverblümt, kein Blatt
wird vor den Mund genommen.
Mittendrin der Appellplatz. Jeden
Morgen mussten die Gefangenen antreten. Zählen der SS-Männer war
angesagt. Egal bei welchen Temperaturen. Manchmal dauerten sie
Stunden. Dabei schikanierte man sie, wo man nur konnte. Hinrichtungen
fanden an dieser Stelle ebenfalls statt.
Gegenüber befindet sich der
Todesblock. Er war vom übrigen Lager gänzlich isoliert.
Wir treten durch die Tür. Der erste
Raum war das Dienstbüro der wachhabenden Offiziere. Ein Schreibtisch
mit Utensilien verdeutlicht das anschaulich. In den nächsten Räumen
schließen sich die Gefängnisräume an, in denen die Verurteilten
auf ihr Lebensende warteten. Kaum ein Bett standen in den Zellen. Am
Ende des Ganges steht der provisorische Galgen. Eine der vielen
Tötungsmaschinen der Nazis, die jede, aber auch jede „Untat“
bestraften. Sei es das Ausreißen eines Goldzahnes, das Verrichten
menschlicher Bedürfnisse oder zu langsames Arbeiten. Willkürliche
Bestrafung. Prügel oder das Anbinden an einen Pfahl war dabei das
Harmloseste.
In Block 5 sehen wir viele Gegenstände,
die nach der Befreiung gefunden wurden. Jüdische Gebetsbücher,
Schuhe, Koffer, Schlüssel, Brillen und andere vermeintliche
Alltagsutensilien der Gefangenen.
Block 4. Die gesamte Geschichte des
Konzentrationslagers Auschwitz wird aufgearbeitet. Anhand vieler
Informationen auf den Schautafeln erhält man einen guten Überblick.
Inklusive multimedialer Veranschaulichung.
Erst jetzt wird uns bewusst, wie nah
wir eigentlich in der Stadt sind. Das wirkt auf uns befremdlich.
Hinter den Außenmauern verläuft direkt die Bundesstraße nach
Bielsko-Biala. Die stark befahrene Strecke hört man deutlich, der
Lautstärkepegel ist beträchtlich hoch. Das nervt beinah und wird
der Stätte Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau nicht gerecht.
Keine drei Meter neben der Mauer sind ganz normale Wohnhäuser. Wie
ich finde erschreckend. Wer möchte da freiwillig wohnen? Dazu kommen
noch die rundherum gelegenen Firmen und Fabriken. Ein Gewerbegebiet
hat sich um Auschwitz I entwickelt. So als wenn nichts gewesen wäre.
Vielleicht sehe ich das auch nur zu engstirnig.
Die Gaskammern und Krematorien. Der
Schonstein ragt über 4 Meter von dem Gebäude, dass wie eine Art
Bunker konstruiert war, in die Höhe. Den Rauch, der dort heraus
dampfte, kann man sich plastisch vorstellen. Die Türen sind
geöffnet. Es ist dunkel. Düster. Die Wände sind schwarz vom Ruß.
Kein Tageslicht. Der größte Raum ist die Totenhalle, der zu einer
provisorischen Gaskammer umfunktioniert wurde. Zyklon B kam aus den
Hähnen aus der Decke geströmt. Ein Giftgas, produziert durch die
Firma „Degesch“. 300000 Mark nahmen sie durch den Verkauf in drei
Jahren ein. Ertragreich. Allein in Auschwitz verbrauchte man zwischen
1942 und 1943 circa 20000kg an Zyklon B. 1941 und 1942 wurden die
Gefangenen in diesen Räumen getötet und nebenan verbrannt. 350
Leichen wurden täglich eingeäschert. Zwei bis drei in einem Zug.
Zwischen den hölzernen Wachtürmen
geht es zurück Richtung Appellplatz. Die Wachtürme waren nötig.
Trotz des Terrors und des drohenden Todes organisierten sich
Häftlinge in Untergrundgruppen. Ihr Ziel war es, Kontakte zur
polnischen Bevölkerung zu knüpfen, um das Schmuggeln von Paketen
mit Lebensmitteln oder Medikamenten möglich zu machen. Andererseits
wurden Listen mit Namen der Nazi-Verbrechern, Namen der Inhaftierten
und Berichte über Zustände und Verbrechen innerhalb des Lagers.
Nicht nur dadurch bekamen die Gegner des Dritten Reichs ihre
notwendigen Informationen. Aufklärungsflugzeuge fotografierten die
Gelände des Konzentrationslagers und erhielten einen umfangreichen,
recht detaillierten Überblick über die topographischen
Gegebenheiten.
Als die Bedrohung für
Nationalsozialisten durch die verbündeten Alliierten mehr und mehr
bedrohlicher wurde, evakuierten sie das Lager blitzschnell. Häftlinge
mussten zum Todesmarsch antreten. Sie wurden Richtung Reichsmitte
getrieben. Zu Fuß oder in offenen Eisenbahnwaggons. Verhungern,
Erfrieren waren an der Tagesordnung. Wer nicht in der Lage war, wurde
einfach erschossen. Die geraubten wertvollen Gegenstände wurden
weggeschafft. Die Magazine steckten die SS-Offiziere in Brand, um
Spuren zu verwischen.
Am 23. Januar 1945 wurde Auschwitz
endgültig von der sowjetischen Armee befreit. Trotz sofortiger
medizinischer Hilfe starben viele der noch im Lager Verbliebenen. Ihr
Organismus hatte keine Chance.
Die Mauern haben überlebt. Als
Gedenkstätte, das den Status UNESCO-Weltkulturerbe innehält. Ein
Ort, der ewig an das Leid und Grauen der deutschen Massenmorde im
Zweiten Weltkrieg. erinnert.
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